Kriminalität, Drogenhandel, Schmutz: Es gibt angenehmere Orte in Berlin als den Görlitzer Park in Kreuzberg. Wieder einmal denken Politiker und Bürger darüber nach, wie sich die Situation verbessern ließe. Jetzt hat sich eine Senatspolitikerin zu einem Infrastrukturprojekt geäußert, das zu mehr sozialer Kontrolle führen könnte. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung nahm die neue Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) Stellung zu dem Plan, eine Straßenbahn durch den Görlitzer Park zu bauen. Sie erläuterte auch, wie es mit dem Tramnetz-Ausbau in Berlin generell weitergeht.
Es geht um die geplante Verlängerung der Straßenbahnlinie M10. Die Trasse, die vom 9. September an am U-Bahnhof Turmstraße in Moabit beginnt, endet am U-Bahnhof Warschauer Straße. Bisher vorgesehen ist, die Neubaustrecke über die Oberbaumbrücke nach Kreuzberg und Neukölln zu führen. Sie soll am U-Bahnhof Hermannplatz enden. Fünf neue Haltestellen seien geplant, ein Stopp im oder am Park sei in der Prüfung, wie es heißt. Er könnte dort entstehen, wo die Falkenstein- auf die Görlitzer Straße stößt.
„Was die Sicherheit anbelangt, wäre es gut, wenn Straßenbahnen durch den Görlitzer Park fahren würden“, sagte Verkehrssenatorin Manja Schreiner der Berliner Zeitung. Der Plan von Innensenatorin Iris Spranger (SPD), die Grünanlage zu einem Musterpark zu entwickeln, der über Nacht abgeschlossen wird, steht dem Betrieb einer Straßenbahn nicht entgegen. „Auf meine Anfrage hin haben unsere Fachleute mitgeteilt, dass Bahnen auch durch abgeschlossene Parks fahren können. Es gibt Tore, die per Funk oder automatisch geöffnet werden können, wenn eine Bahn kommt.“

Doch natürlich ließe sich auch ein anderes Szenario denken. Denn es ließe sich nicht ausschließen, dass die neue Straßenbahnstrecke es Drogenkäufern und Konsumenten erleichtern würde, zum Park zu gelangen. Würde die M10 der BVG zum Kokstaxi?
Seitdem es Ideen gibt, die M10 nach Neukölln zu verlängern, wird über den Verlauf in Kreuzberg diskutiert. Die übernutzte Grünanlage würde zusätzlich beeinträchtigt, wenn im Park Schienen verlegt würden, argumentieren Anwohner und Politiker. Die Bahnen wären eine Gefahr. Doch zu der Vorzugsvariante, die der Senat 2021 vorstellte, gehört ein Abschnitt, der den Görlitzer Park kreuzt. Die Trasse würde den Grünbereich auf einem besonderen Bahnkörper, der mit Rasen begrünt wird, durchqueren. Beiderseits sollen Radfahrstreifen entstehen, auf der Ostseite ist außerdem ein Gehweg vorgesehen. Die genaue Gestaltung soll im Rahmen von Bürgerwerkstätten erarbeitet werden, hieß es.
Für Umfahrungen des Parks müssten mehr Parkplätze wegfallen
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ergab, dass bei der gewählten Variante der Nutzen das 2,87-Fache der Kosten betragen würde. Diese Trasse wäre mit 2,9 Kilometer nicht nur kürzer als die übrigen sieben Optionen und würde damit auch die kürzeste Fahrzeit ermöglichen. Auch wären die Kosten mit 62 Millionen Euro am niedrigsten, und es würden am wenigsten Parkplätze entfallen. Während bei den Parkumfahrungen bis zu 509 Autostellflächen verschwänden, wären es bei der Variante 4 nur 256. Statt auf bis zu 475 Metern Länge wäre künftig auf 270 Metern Laden und Liefern nicht mehr möglich.
Eine Zeit lang hieß es, dass die Neubaustrecke 2028 fertig werden könnte, zuletzt war von Ende 2030 die Rede. Bisher war geplant, dass im zweiten Halbjahr 2023 eine Informationsveranstaltung für die Bürger stattfindet. Doch die Verlängerung der M10 gehört zu den drei Tramprojekten, für die CDU und SPD eine Überprüfung vereinbart haben. Damit ist derzeit ungewiss, ob die Strecke nach Neukölln gebaut wird. Auch die Trasse in der Leipziger Straße, für die nach der bisherigen Planung Fahrstreifen und Autostellplätze wegfallen müssten, steht auf der Liste – genauso wie die Fortführung der M2 zum S-Bahnhof Blankenburg, gegen die Anwohner und Gartenbesitzer protestieren.

Was den Ausbau des Berliner Straßenbahnnetzes anbelangt, herrscht also seit Monaten Stillstand. Die neue Senatorin ist seit Ende April im Amt. Berichten zufolge hat in ihrer Verwaltung die Überprüfung der drei Straßenbahnprojekte, von der in der Koalitionsvereinbarung die Rede ist, noch immer nicht begonnen. Dem Vernehmen nach ist nicht einmal klar, nach welchen Kriterien die Vorhaben untersucht werden sollen.
Wann fährt die Tram in Moabit weiter zum Bahnhof Jungfernheide?
„Ich verschaffe mir gerade einen Überblick über die vielen Straßenbahn-Neubauprojekte in Berlin“, sagte Schreiner der Berliner Zeitung. „Ich will mir jede einzelne Planung anschauen. Es stimmt, dass der Koalitionsvertrag vorsieht, dass drei Projekte überprüft werden sollen. Hier bin ich dabei, diese Vorgabe in einen Arbeitsauftrag zu übersetzen. Ich weiß, dass das Projekt Alexanderplatz–Potsdamer Platz eine lange Geschichte hat. Gerade deshalb müssen wir jetzt erst einmal schauen, was damals für Annahmen getroffen wurden und wie dies die Planung des übrigen Verkehrs beeinflusst hat.“
Wie berichtet, geht am 9. September die nächste Erweiterung des Berliner Straßenbahnnetzes in Betrieb. Von diesem Tag an wird die M10 über den Hauptbahnhof hinaus 2,2 Kilometer weiter zum U-Bahnhof Turmstraße fahren, wo Anschluss an Buslinien und an die U9 besteht. Beobachter fragen sich nun, wie es von dort aus weitergeht. Denn zumindest bislang war vorgesehen, als nächstes Vorhaben die 3,5 Kilometer lange Verlängerung der Neubaustrecke zum Bahnhof Jungfernheide zügig in Angriff zu nehmen. Zuletzt hieß es, dass die M10 von 2028 an noch weiter in den Westen von Berlin fahren werde. Aber das scheint nicht mehr realistisch zu sein.
Senatorin möchte in diesem Jahr entscheiden
Frage an die Senatorin: Was wird nach der Streckeneröffnung Hauptbahnhof–Turmstraße das nächste Vorhaben sein? „Dazu gibt es derzeit noch keine konkrete Antwort von mir“, entgegnete Manja Schreiner. Doch grundsätzlich sei die Weiterführung der Straßenbahn-Neubaustrecke über den jetzigen Endpunkt am U-Bahnhof Turmstraße hinaus nach Jungfernheide nicht infrage gestellt.







