Rezept der Woche

Wir lieben Spargel mit Schinken & Soße: Aber diese Rezepte kennen Sie noch nicht

Violetter Spargel mit Rhabarber umwickelt, mit Spiegelei, Spargel-Ravioli, mit Erdbeeren und Zitronenmelisse: Unsere vier leichten Rezepte bringen Abwechslung.

Liebt auch Spargel, Helen Mirren in „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ von 1989
Liebt auch Spargel, Helen Mirren in „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ von 1989IMAGO / United Archives

Berlin/Palma de Mallorca-Jetzt ist sie wieder voll im Gange, die wunderbare „sechste deutsche Jahreszeit“ (Karneval ist die fünfte), denn es ist Spargelzeit. Ich frage mal ganz einfach in die Runde: Wie oft haben Sie in den vergangenen Wochen schon Spargel gegessen? Dreimal? Oder auch schon siebenmal? Aber zumindest zu Ostern, oder? Und wie es so ist in Deutschland, wird der Spargel überall anders gegessen. Manche lieben dazu Sauce hollandaise, andere essen Spargel mit gehacktem Ei oder einem dünnen Pfannkuchen. Und ob es jetzt gekochter, geräucherter oder getrockneter Schinken dazu sein soll oder ein kleines Kalbsschnitzel – Ihre Entscheidung!

Wie bei vielen anderen wunderbaren Gemüsesorten gibt es auch beim Spargel nahezu unzählige Zubereitungsmethoden. Ich liebe den Klassiker meiner norddeutschen Heimat. Weißen, gekochten Spargel, mit Heidekartoffeln, saftigem Katenschinken und einfach zerlassener Butter. In meinen Augen ist das einer der Gipfelpunkte des saisonalen Küchenkalenders (und das im flachen Norden!). Dazu reichlich Weißburgunder Kabinett und anschließend Erdbeeren mit Schlagsahne und ich bin im siebten Himmel! So einfach kann Kochen sein.

Spargel gilt als Phallusobjekt und Aphrodisiakum: Ein Mythos
Spargel gilt als Phallusobjekt und Aphrodisiakum: Ein MythosIMAGO

Doch keine Angst, ich möchte Sie heute nicht mit dem x-ten Artikel zur richtigen Spargelzubereitung belästigen. Ob mit oder ohne Zucker im Wasser, ob man aus den Schalen vorher einen Fonds kochen muss oder nicht, ob eine Scheibe Zitrone ins Wasser gehört, wie lange die Stange garen soll, ob im Dampfgarer oder Kochtopf und so weiter und so fort. Dieses Geschwafel überlassen wir den Küchen-Philosophen und Grillprofis wie Alfons Schuhbeck, den Kaffee-Connaisseuren und selbst erklärten Food-Experten, kurz denen, die alles ganz genau wissen und um einen ungebetenen Experten-Ratschlag nicht verlegen sind. Bei uns gilt: Es ist erlaubt, was schmeckt! Ob nun edel oder einfach. Teuer oder billig. Daher heute ein paar unkonventionelle Rezepte und eine Abwandlung aus meiner Wahlheimat, dem Mittelmeerraum.

Spargel ist vielseitig: Ob Mayonnaise, Miso, Hollondaise oder Grüner Soße

Vorweg aber ein wenig Hintergrundwissen zum Spargel. Denn man mag es kaum glauben, wie umfangreich diese Pflanzengattung ist. Mit China hätten Sie Spargel mit Sicherheit nicht in Verbindung gebracht, oder? Dabei ist das Land der weltweit größte Apfel-, Erdbeeren- und Spargelerzeuger. Und das Zentrum der botanischen Artenvielfalt liegt sogar im weit entfernten Südafrika. Aber nicht nur botanisch überrascht das Gemüse in Phallusoptik (Anm. der Redaktion: Es ist ein Mythos, dass Spargel die Libido steigert, es ist wohl eher die Weinseligkeit, die eine gewisse Romantik aufkommen lässt), nein, besonders die kulinarische Vielfalt wird Sie überraschen.

Wo fangen wir also an, ganz grob bei den bekanntesten Sorten: weiß, violett, grün? Violett? Ja, liebe Leser, so essen die Franzosen den Spargel besonders gern. Statt weiß ist der Spargel im Elsaß violett. In Deutschland wird violettem Spargel nachgesagt, überreif und bitter zu schmecken. Dabei ist das Aroma dieser Variante besonders ausgeprägt. Alle der oben genannten Varianten eigenen sich gut für die meisten Garmethoden wie Kochen, Braten, Dünsten, Grillen, Backen, Schmoren oder a la papillote (also in einer Papierhülle oder Alufolie gegart). Multiplizieren wir die drei Farbvarianten und die Garmethoden, dann kommen wir schon auf 21 mögliche Rezepte. Und die Liste ist weit entfernt von Vollständigkeit, sowohl beim Spargel als auch bei den Garmethoden. Na, welche kennen Sie noch?

Hinzu kommen natürlich unzählige mögliche Saucen, Beilagen und Gewürze. Gut schmeckt etwa braune Butter, eine japanische Miso-Butter, frischer Estragon drübergestreut, hessische grüne Soße, eine Dijonaise und so weiter. Sie sehen, Spargel ist ganz anders, als Sie glauben. Grüner Spargel vom Grill ist bereits weit verbreitet. Hier sollten Sie je nach Budget zur quietschgrünen frischen deutschen Variante, statt zur dunklen, oft trockenen spanischen Variante greifen. Es gilt: Spanisches Supermarktgemüse ist oft von schlechter Qualität. Mit etwas Olivenöl und Parmesan auch wirklich eine Köstlichkeit (auch ohne ein Glas Blanchet).

Auf Sylt haben wir Spargel dünn gehobelt gegessen

Auf Sylt aßen meine Koch-Kollegen und ich den Spargel dünn aufgehobelt mit Holundersirup und kaltgepresstem Rapsöl, eine wunderbare Erinnerung! Im Schwabenland lernte ich den Spargel mit hauchdünnen Crepes und Kochschinken zu umwickeln. Er wird dann einfach in Hollandaise gedippt und aus der Hand gegessen, köstlich! Und im Elsaß gab es violetten Spargel in einer Unmenge von schäumender Butter gegart mit reichlich gehacktem Ei und Schnittlauch, zum Niederknien! Nun aber ein paar Gerichte für Sie, passend für den Frühling.

Felix Hanika: Gelernter Koch aus Leidenschaft und Wahl-Mallorquiner, für den ein Pfund Butter sein ein und alles ist.
Felix Hanika: Gelernter Koch aus Leidenschaft und Wahl-Mallorquiner, für den ein Pfund Butter sein ein und alles ist.Felix Hanika

Rezept: Violetter Spargel mit Rhabarber, brauner Butter und Semmelbröseln

Zutaten: Rhabarber, violetter Spargel, Butter, Semmelbrösel oder altbackenes Brot, Sparschäler, Backpapier

Zubereitung: Waschen und schälen Sie den Spargel vorsichtig. Dasselbe machen wir mit dem Rhabarber. Nun ziehen wir mit dem Sparschäler papierdünne lange Streifen vom Rhabarber. Sie müssen sein wie ein DIN-A4-Blatt, was man der Länge nach in etwa zwei Zentimeter breite Streifen reißt. Diese Streifen wickeln wir um den Spargel, so dass er ganz bedeckt ist.

Stellen Sie eine Pfanne bei mittlerer Hitze auf, legen Sie ein Backpapier hinein und geben Sie etwas Butter oder Öl auf das Backpapier. Nun den Spargel bei niedriger bis mittlerer Hitze auf dem Backpapier garen. Machen Sie alles richtig, wird der Rhabarber karamellig braun und sogar leicht knusprig, und der Spargel ist innen noch richtig schön knackig.

Parallel machen wir unsere Beurre noisette, zu Deutsch Nussbutter oder braune Butter. Also eine kontrolliert verbrannte Butter. Sie haben das schon mal in Österreich zu Speckknödeln gegessen. Stellen Sie also einen Topf mit ordentlich heißer Butter auf eine Platte und lassen Sie die Butter verbrennen. Die Molke muss braun werden, dann gibt sie ihren köstlich nussigen Geschmack ab. Aber aufgepasst, das Fett wird im entscheidenden Augenblick oft zu heiß. Stellen Sie also einen zweiten Topf bereit, wenn Sie alles zum Abkühlen schnell umkippen müssen.

Knusprige Semmelbrösel schaffen Sie schon selbst, mein Tipp hier ist nur: Salzen nicht vergessen.

Schneiden Sie die fertigen langen Stangen schräg an und richten Sie sie auf einem übergroßen Teller schön an. So sieht das Ganze gleich nach fine dining aus. Toll, nicht wahr? Als „Beilage“ dazu passen übrigen ganz wunderbar in schäumender Butter angebratene und mit Speck umwickelte Wachtelbrüstchen. Die können Sie aber auch weglassen. Das Gericht schmeckt auch so total gut.

Violetter Spargel: Isst hierzulande kaum einer, sollten Sie aber mal ausprobieren.
Violetter Spargel: Isst hierzulande kaum einer, sollten Sie aber mal ausprobieren.Imago

Rezept: Grüne Spargel-Ravioli mit Spargelspitzen und Bärlauchöl

Zutaten: Nudelteig, grüner oder weißer Spargel, geriebener Pecorino, Salz und Pfeffer, Olivenöl, Bärlauchöl.

Zubereitung: Für das zweite Rezept machen wir Ravioli. Ein brauchbares Nudelrezept finden Sie hier bald, bis dahin werden sie sicherlich einige gute im Internet finden. Haben Sie den Teig fertig, rollen Sie ihn dünn aus, dann werden mit Zuhilfenahme diverser Helfer Raviolis gemacht. Es reicht eigentlich ein Glas zum Ausstechen des Teigs, aber jeder, wie er will. Selber habe ich eine umfangreiche Sammlung von nützlichen „Pasta-Helfern“.

Viel wichtiger ist aber die Füllung. Und die kommt nun: Schneiden Sie vom grünen Spargel die Spitzen ab und legen Sie diese beiseite. Dann kochen Sie die Stangen (ohne die Spitzen) gut in Salzwasser gar, so dass man sie gut pürieren kann. Mischen Sie das Püree mit geriebenem Pecorino, Salz und Pfeffer (ähnlich einem Pesto) und füllen Sie damit die Ravioli. Die Spitzen blanchieren wir kurz und schrecken sie in Eiswasser ab, so bleiben sie giftig grün in der Farbe.

Dann kochen wir die Ravioli. Angerichtet wird alles in einem tiefen Teller mit einem Spritzer Olivenöl und gehobeltem Pecorino. Sie können auch gerne noch ein paar Zuckerschoten und Erbsen dazugeben. Auf dem Teller nappieren wir dann alles noch mit dem Bärlauchöl (Rezept hier). Das klingt alles sehr aufwendig, doch das ist es nicht. Ein paarmal gemacht und schon sind Sie ein eingeübter Ravioli-Experte.

Warum nicht mal japanisch mit Miso oder Yuzu? Spargel kann man vielfältig zubereiten.
Warum nicht mal japanisch mit Miso oder Yuzu? Spargel kann man vielfältig zubereiten.IMAGO

Rezept: Spargel mit Aceto Balsamico, Erdbeeren und Melisse

Hier noch ein Rezept, inspiriert durch einen Besuch im Restaurant El Xampanyet in Barcelona. Hier bekam ich eine relativ typische spanische Tapa in einer herausragenden Qualität, nämlich Espárragos en Escabeche, also quasi Spargel in einer Essigmarinade. Zu Hause habe ich das, so gut es ging, nachgekocht. Meine Variante ist sauer und fruchtig:

Zutaten: Weißer oder grüner Spargel, Aceto Balsamico, Erdbeeren, Zitronenmelisse, Salz und Pfeffer.

Zubereitung: Hierfür lohnt es sich, einen richtig guten Aceto Balsamico Tradizionale di Modena zu kaufen, aber für den schmalen Geldbeutel tut es auch eine süßlich-sauere „Crema di Balsamico“ oder einfach eingekochter Balsamico mit etwas Honig. Die Erdbeeren müssen natürlich reif und schön süß sein, mit ein wenig Glück finden Sie bald die ersten.

Beim Spargel nehmen wir dieses Mal die besonders dicken Stangen. Und damit fangen wir auch an. Wir garen diese vorsichtig in Wasser. Die lauwarmen Stangen schneiden wir schräg in mundgerechte Stücke, dazu geben wir die halbierten oder geviertelten Erdbeeren. Nun ein Schuss des Balsamico und feine Streifen (Julienne) der Zitronenmelisse. Dazu ordentlich frischen Pfeffer aus der Mühle. Ein Traum, besonders für warme Sommernächte. Und in diesem Fall dann wohl auch ein Fall für gesteigerte Libido.

Auch auf dem Naschmarkt in Wien gibt es Spargel zu kaufen: Unsere südlichen Nachbarn sind fast genauso versessen drauf wie wir.
Auch auf dem Naschmarkt in Wien gibt es Spargel zu kaufen: Unsere südlichen Nachbarn sind fast genauso versessen drauf wie wir.IMAGO

Rezept: Einfacher grüner Spargel auf Mailänder Art

Unser Food-Chef Jesko zu Dohna wurde ja von einigen Lesern für seinen Spargel-Hass-Text gescholten. Das geschieht ihm recht, finde ich. Allerdings isst er grünen Spargel (am besten aus Beelitz, Schwetzingen oder Schrobenhausen) am liebsten so, wie er im Piemont gegessen wird. Also Asparagi alla Milanese. Und auch ich sage Ihnen: Da hat er einen guten Riecher.

Zutaten: grüner Spargel, Butter, Olivenöl, Parmesan, frische Eier, Piment d'Espelette (süßer Baskenpfeffer), Muskatnuss.

Zubereitung: Ich schmore den grünen Spargel in einer großen Pfanne in Butter, etwas Olivenöl und einem Spritzer Wasser, bis er weich ist, aber immer noch ein bisschen knackig. Am Schluss mit Salz, ordentlich Pfeffer und einer Prise Baskenpfeffer und etwas Muskatnuss abschmecken. Nebenbei brate ich ordentlich Spiegeleier in gesalzener Butter. Wenn Sie Zeit haben, wagen Sie sich an meine Eier nach der Art von Paolo Parisi (Rezept hier).

Wenn alles zubereitet ist, legen Sie den gegarten Spargel auf eine Platte, hobeln obszön viel Parmesankäse drüber (am besten schön alter, 36 Monate) und legen dann die Spiegeleier drauf. Das Eigelb sollte schön zerlaufen, wenn Sie das Ganze zerschneiden, und zwischen die grünen Stangen laufen. Für meinen Kollegen ist das der absolute Spargel-Genuss.

Felix Hanika war zunächst Investmentbanker, dann absolvierte er im Hotel & Restaurant Bareiss im Schwarzwald eine Kochlehre. Acht Jahre lang kochte er in den besten Restaurants der Welt. In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung veröffentlicht er regelmäßig seine Lieblingsrezepte.


Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.