Nadja Dilger, Jahrgang 1991, hat Kultur- und Medienwissenschaften studiert und wurde an der Burda Journalistenschule zur Redakteurin ausgebildet.  Sie war bis Februar 2022 bei der Berliner Zeitung. 

Natürlich spielt Covid-19 eine Rolle - wie könnte es auch anders sein: Gut zwei Jahre beherrscht die Pandemie schon unseren Alltag, ändert Abläufe und Regeln, formt Denkweisen und Befindlichkeiten. Neue Dinge sind dabei entstanden, klar. Manche Marotten konnten endlich losgelassen werden, ok. Doch möchte man sich später daran erinnern? Und sogleich 2022, wenn vielleicht, hoffentlich, bald, mal ein wenig Normalität zurückkehrt?

Nicht mehr lange, und das vertrackte Jahr 2021 ist zu Ende. Das neue kann nur besser werden. Wir blicken in loser Folge auf einige Wandkalender für 2022.

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Zozoville-Kalendarium: Zwei Wochen Quarantäne im Glas

Berlin

Das Leben von Guccio Gucci und seiner Familie bietet eigentlich genug Stoff für eine aufregende Verfilmung. Der aus armen Verhältnissen stammende Florentiner jobbte einst in einem Edelhotel in London, wo er bemerkte, dass die Reichen ihren Status anhand ihres Gepäcks demonstrierten. Er machte sich in seiner Heimatstadt kurz darauf selbstständig, verkaufte in den 1920er-Jahren Koffer und Taschen aus feinstem Leder. Die Oberschicht war begeistert, Guccios Söhne stiegen in das Geschäft ein, expandierten sogar in die USA.

Ridley Scott hat die Geschichte der Gucci-Dynastie verfilmt und sich dabei vor allem auf die Liebe in der dritten Generation konzentriert. Schade.

„House of Gucci“: Zu viel Zeit und Zigarettenrauch

Stil

London

„Willst du frei sein, bleibst du immer allein, willst du frei sein, bleibst du immer allein“, singt Laura Lee. Wieder und wieder. Meinetwegen könnte die 31-jährige Musikerin immer so weitermachen. Die schludrig angespielten Gitarrentöne klingen zu der leicht rauen Mezzosopranstimme abgehackt, schroff, die Zeilen brennen sich wie ein Mantra ein, wie beiläufig tauchen Bilder von zerbrochenen wie beginnenden Beziehungen auf. Und statt dazu in Grübeleien über das Sein und Nichtsein abzugleiten, mag man sich nur diesem Gefühl von Freiheit und Einsamkeit hingeben.

Mit der Band Gurr wurde die in Berlin lebende Musikerin Laura Lee bekannt. Jetzt veröffentlicht sie mit ihrer Rocktruppe The Jettes ein Album.

Absolut gut! Das Debütalbum von Laura Lee & The Jettes

Die <a target="_blank" href="https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/musik/shirin-david-bitches-brauchen-rap-album-respekt-kritik-review-li.195368">deutsche Rapperin Shirin David</a> sagte kürzlich dem Nachrichtenmagazin Spiegel, dass sie an „Depritagen“ Serien und Filme gucke, die sie bereits kenne. „Man sagt: Leute, die so’n bisschen sensibler sind, kann es triggern, wenn sie neue Serien gucken, weil sie da nicht wissen, was als Nächstes passiert.“ Sehe man sich hingegen Serien an, die einem vertraut sind, beruhige dies.

Ein Blick in die Charts und Streamingangebote verrät: Neuaufgewertete Kulturgüter sind wie eh und je gefragt. Ein Mittel für die Corona-Alltagsflucht?

Vertraute Dinge für unvertraute Stunden

Es ist wieder so weit: In Modemagazinen finden sich glänzende Outfits, in Kaufhäusern liegt Glitterware aus. Weihnachten steht vor der Tür. Alles muss funkeln. Nur so kommt Stimmung auf, nur so kann das Fest der Freude gebührend gefeiert werden. Außer Christmas und Konsum lässt sich nichts mit den schimmernden Gegenständen verbinden. Oder?

Muss die Weihnachtsrobe in diesem Jahr wieder glänzen? Eine Folge „Aus dem Hinterhalt: Die Macht der Künste“ an der Deutschen Oper gibt eine Antwort darauf.

Weihnachten und Oper: Mit dem Glitzer-Suit viel Mut

3G, 2G, 2G plus, Ausfall: Corona hat die Kulturbranche fest im Griff. Wie Konzertveranstalter und Kinobetreiber, Theater, Museen und Galerien damit umgehen.

Kulturbranche in Corona-Zeiten und vor 2G plus: „Wir sind keine Pandemietreiber“

Kultur

„This is a man’s world“, eine Welt, von Männern gemacht, sang einst James Brown in den 1960er-Jahren und zählte Unmengen von Dingen auf, die dank männlicher Kraft entstanden seien. Weise wie der amerikanische Soulsänger war – oder vermutlich seine Lebensgefährtin Betty Jean Newsome, die den Hit einst mit verfasste –, wusste er, dass ein Leben ohne Frauen sinnlos ist. Jene Phrase blieb jedoch nur eine Randbemerkung im Refrain. Ein Grund vielleicht, warum später im Musikmagazin Rolling Stone das Stück als „biblisch chauvinistisch“ bezeichnet wurde.

Das zweite Album der deutschen Musikerin und Unternehmerin Shirin David heißt „Bitches Brauchen Rap“. Ein Werk, das mehr als nur Phrasen zu bieten hat.

Nicht nur Rap: Shirin David und die „Bitches“ brauchen Respekt

<em>Herr Laciny, Ihnen gelingt alles, oder?</em>

Marten Laciny gehört zu den erfolgreichsten deutschen Rappern. Nach einem chartplatzierten Album folgt nun eine Tour. Alles läuft perfekt, oder?

Marteria: „Es braucht jetzt Leute, die zu ihren Schwächen stehen!“

Sport

Die Szene stammt aus der neuen Comedy-Show&nbsp;„Your Life Is a Joke“, die ab diesem Dienstag auf dem Streamingdienst Netflix zu sehen ist. In jeder der bisher drei Episoden trifft Polak einen deutschen Promi in Berlin oder Umgebung. Er fährt sie in einem goldenen Opel Manta durch die Gegend, besichtigt ihre Lieblingsorte, lässt sie Persönliches erzählen und singt ihnen etwas vor. Eine Mischung aus Date und Therapie. So lange jedenfalls, bis Polak sie in einem Studio begrüßt, wo sich der 45-Jährige auf der Bühne über ihre Begegnung amüsiert. Der Tag mit Ulmen etwa, der unter anderem noch eine Tour durch den Baumarkt und einen Stopp in der Autowaschanlage bot, sei sehr deutsch gewesen – „weißer als die Redaktion von ‚hart aber fair‘“. Das Publikum lacht. Polak macht weiter. Am Ende gibt er preis, dass er seinen Gast sehr bewundere. Dieser muss sich also nicht bloßgestellt fühlen. „Life is a joke“, das Leben ist ein Witz.

In der Show „Your Life Is a Joke“ analysiert Comedian Oliver Polak unter anderem prominente Gäste. Bei einem Treffen haben wir dasselbe mit ihm versucht.

Oliver Polak: „Man darf das Leben nicht so ernst nehmen“

Kino & Streaming

Wohnen

Im Metropol starten Parcels mit einer ausgedehnten Version ihres ohnehin schon langen orchestralen Openers „Light“. Die Bühne bleibt dabei zunächst dunkel. Erst als die Bandmitglieder, die alle um die Mitte 20 sind und sich in der Schule zusammenfanden, ihre Instrumente nach und nach traktieren und im mehrstimmigen Falsettgesang von der aufgehenden Sonne berichten, flackert Bühnenlicht auf. 

Ein Abend voller Glücksgefühle: Die australische Band Parcels hat ihre neue Doppel-LP „Day/Night“ im Metropol vorgestellt.

Parcels spielen „Day/Night“ im Metropol und 1600 Berliner kreischen

Seit sich bereits 2018 Gerüchte verfestigten, dass die vier Musiker wieder gemeinsam im Studio sitzen und mithilfe von digitalen Abbildern ihrer selbst auftreten wollen (kurz: Abbatare), herrscht <a target="_blank" href="https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/das-comeback-von-abba-mamma-mia-here-we-go-again-li.180799">Aufregung in sämtlichen abbaphilen Kreisen</a>.&nbsp;Im September 2021 präsentierte die Truppe dann in einem digitalen Event die frischen Stücke „Don't Shut Me Down“ und „I Still Have Faith In You“. Bilder von Fans aus aller Welt wurden dazu gezeigt und&nbsp;Andersson sagte <a target="_blank" href="https://www.youtube.com/watch?v=pJBGk9Hed8o">aus einem Studio eingeblendet</a>: Wenn sie zwei neue Songs geschrieben und aufgenommen haben, warum sollten sie dann nicht noch ein paar mehr machen? Eine Moderatorin verkündete schließlich offiziell: Am 5. November wird eine Platte mit zehn Lieder erscheinen.&nbsp;In Onlineforen zählen seitdem die Fans die Tage herunter, die deutsche Ausgabe des Fachmagazins Rolling Stone nennt es auf ihrer Titelseite das Comeback des Jahres, und das Berliner Kulturkaufhaus Dussmann wirbt mit einem Late-Night-Shopping extra dafür.

Es ist das Comeback des Jahres: Nach 40 Jahren erscheint eine neue Platte der schwedischen Pop-Sensation Abba.

Abba-Platte „Voyage“: So klingt das neue Album

Wenn Sie dieser Tage an den Zeitschriftenregalen in Kiosken vorbeischlendern, werden Ihnen nicht die großen Rocker und Popper entgehen, die wie so oft die Titel zieren: Dave Gahan von <a target="_blank" href="https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/markus-kavka-ueber-depeche-mode-interview-fans-verarschen-nicht-li.109802">Depeche Mode </a>bringt mit den Soulsavers wieder ein Album heraus, Duran Duran melden sich mit neuen Songs zurück und ach ja –&nbsp;es gibt haufenweise Reissues und Boxen von Klassikern und vergessen Sie bloß nicht die zig Comebacks in diesem Jahr. Musik von jüngeren, gar weiblichen Künstlerinnen? Da wird es abseits der kleinen oder ausländischen Special-Interest-Publikationen oft schwierig.

Am Freitag erscheint das neue Album der Musikerin Snail Mail. Auf einem Magazincover ist sie wie viele junge Künstlerinnen hierzulande nicht zu finden.

Rauf aufs Cover: Die Zukunft der Rockmusik ist jung und weiblich

Über die Zuschrift musste ich eine Weile nachdenken. Was macht den Berliner zum Berliner? Ab wann darf man sich Berliner nennen? Und gibt es „den Berliner“ überhaupt noch? Der rbb meldete vor wenigen Monaten, dass nur&nbsp;46,2 Prozent der Berlinerinnen und Berliner (1.738.575) in der Hauptstadt geboren seien. Das sind 2000 Menschen weniger als bei einer rbb-Datenauswertung&nbsp;im Jahr 2017. Aktuell leben 2.029.040 (53,8 Prozent) Zugezogene in unserer Stadt – oder wie man sie auch nennen mag.

Mehr als die Hälfte der in Berlin lebenden Menschen ist nicht in der Hauptstadt geboren. Dürfen sie sich trotzdem Berliner nennen?

Was macht den Berliner zum Berliner?

Ich stehe auf dem Gelände der Kulturbrauerei. Es ist der letzte Abend der dreitägigen Berliner Musikwirtschaftskonferenz Most Wanted: Music. Im Frannz-Club, im Kessel- und Maschinenhaus treten Musiker und Musikerinnen auf. Es ist ein Showcase für alle Booker, Manager und Pressereferenten. Die große Gelegenheit für junge Künstler, entdeckt zu werden. Und natürlich brauchen diese die besten Bedingungen, um ihr Potenzial zu entfalten. So, wie es in einer Zeit ohne Corona-Infektionen wäre.

Im Rahmen der Berliner Musikkonferenz Most Wanted: Music fanden Gigs unter 2G-Bedingungen statt. Unsere Redakteurin war vor Ort.

Wie fühlen sich Konzerte mit der 2G-Regel an?

Nun ist John, der in den Siebzigern zum Weltstar avancierte, älter geworden. Seine noch anhaltende „Farewell Yellow Brick Road“-Tour soll die letzte sein. Er wolle mehr Zeit mit seinem Mann und den Kindern verbringen, sagte er kürzlich in der britischen Fernsehshow „Today“.&nbsp;„Ich bin 76, wenn die Tour vorbei ist. Ich weiß nicht, wie viel Zeit ich danach noch auf der Erde habe.“

Die Berliner müssen sich noch ein wenig gedulden, bis Sir Elton John in der Hauptstadt spielt. Sein neues Album könnte das Warten verkürzen – oder auch nicht.

Elton John und die „Lockdown Sessions“: Verflucht seien Zoom-Calls!

Im Rahmen der diesjährigen Musikkonferenz Most Wanted: Music wurden einige Trophäen vergeben. Im Laufe der Woche finden Panels und Konzerte statt.

„Listen To Berlin Awards“: Preise für die Berliner Musikschaffenden

Experten der kanadischen Waterloo-Universität entdeckten&nbsp; 2011, dass Frauen eher die Notwendigkeit für eine Entschuldigung sehen. Ein Reporterteam der Wochenzeitung Die Zeit diagnostizierte Anfang des Jahres wiederum eine geschlechtsübergreifende Entschuldigungswelle.&nbsp;Spannend wird es, wenn man sich dabei die Mimik der Verzeihungsbitter genauer ansieht – besonders die der Männer. 

Ein neues Projekt sammelt öffentliche Entschuldigungen von Männern. Davon gibt es überraschenderweise einige.

Instagram-Kanal „Apologizing Men“: Wie Männer sich (nicht) entschuldigen

Facebook

„The doctor says I’ll be all right, but I’m feeling blue“, sang einst der amerikanische Musiker Tom Waits in „Had Me A Girl“. Der Arzt sagt, es ist mit mir alles in Ordnung, aber ich bin traurig. Die <a target="_blank" href="https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/literatur/roman-daheim-judith-hermann-der-generationsbegriff-ist-mir-noch-immer-zu-gross-li.155361">Berliner Autorin Judith Herrmann </a>stellte diese Zeilen ihrem ersten Buch „Sommerhaus, später“ als Motto voran.&nbsp;

Lana Del Rey hat wieder eine neue Platte aufgenommen. Wie viele Alben des Popstars ist „Blue Banisters“ von Melancholie gezeichnet und birgt ein Highlight.

Lana Del Reys „Blue Banisters“: So hat man die Sängerin noch nicht erlebt

Nach vier Jahren fand das Festival Pure&Crafted wieder in der Hauptstadt statt – und hat nicht nur mit seinem Line-up gelockt.

Pure&Crafted 2021: Mit Jake Bugg den Berliner Festivalsommer beenden

Ein Zufall brachte die junge Berlinerin auf die Bühne und machte sie schnell zu einer aufstrebenden Newcomerin. Ein Treffen mit Thala, deren LP nun erscheint.

Thala: Wie eine Musikerin aus Berlin-Wedding jetzt durchstartet

Wedding

Marlene Engel machte bereits in Wien als Festival-Kuratorin von sich reden. Nun ist sie an der Volksbühne und scheut sich nicht vor Berlins großer Konkurrenz.

Marlene Engel agiert jetzt an der Volksbühne: Die neue Musikkuratorin für Berlin

Politik

Dass eine Band erfolgreich ist, lässt sich anhand verschiedener Parameter messen. Da wären zum Beispiel Zuschauerzahlen. 200.000 sind schon eine unfassbar große Menge. So viele kamen zu A-ha und füllten 2005 beim Live-8-Konzert in Berlin eine Strecke von der Siegessäule bis (fast) zum Brandenburger Tor. Dann gibt es noch Plattenverkäufe –A-ha brachten mehr als 100 Millionen an ihre Hörerschaft. Zur Orientierung: Coldplay lagen zuletzt bei über 80 Millionen. So richtig wird das Ausmaß jedoch erst deutlich, wenn man die Dokumentation&nbsp;„A-ha – The Movie“ sieht, die seit dieser Woche im Kino läuft: Man kennt sogar als Nichtfan absolut jeden einzelnen Song. Und die Doku startet mit den bekanntesten, die sich wie ein Ohrwurm durch die knapp zweistündige Produktion ziehen.

A-ha gehören zu den erfolgreichsten Pop-Formationen. Die neue Doku „A-ha – The Movie“ zeigt, wie steinig ihr Weg noch immer ist.

„A-ha – The Movie“: Der Job eines Superstars ist mies

<a target="_blank" href="https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/musik/kanye-wests-neues-album-donda-kritik-review-hallelujah-li.179807">Kanye West</a>, <a target="_blank" href="https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/musik/drake-certified-lover-boy-album-kritik-einfach-nur-pubertaer-li.181369">Drake</a> –&nbsp;auf dem internationalen Musikmarkt bestimmen mit ihren Veröffentlichungen derzeit die prominentesten Rapper die Charts und Medien. Doch die spannenderen Alben kommen von Rapperin. Mit der 27-jährigen Park Hye Jin aus Südkorea und der gleichaltrigen Little Simz aus Großbritannien gibt es zwei Frauen, die ihre Verse und Beats so klug durchdacht haben, dass man sich von ihrem Sound nicht nur berührt, sondern überrascht fühlt.

Genug von Wahnsinns-Gospel und Loverboy-Rap? Die Musikerinnen Little Simz und Park Hye Jin zeigen auf ihren Alben, wie erfrischend Musik sein kann.

Little Simz und Park Hye Jin: Die Zukunft ist jung und weiblich

Fast zehn Monate nach ihrem Release, hat die Berliner Band Kala Brisella ihr Album „Lost In Labour“ live vorgestellt.

Berliner Band Kala Brisella: Rock und Poesie im Kesselhaus

Das Berliner Festival Selbstgebaute Musik lädt jährlich zum Hören und Experimentieren ein. Ein paar Installationen sind noch eine Weile zu sehen.

Nadja Dilger