Wärmewende

Fernwärme: Habeck schwärmt von Dänemark – dem Land mit dem zuletzt höchsten Strompreis

Beim Fernwärmegipfel sagt Habeck: Was Dänemark „in den letzten 50 Jahren“ geschafft habe, müsse auch hier passieren. Warum hatten die Dänen zuletzt aber den höchsten Strompreis?

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vergleicht Deutschland beim Fernwärmegipfel mit Dänemark.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vergleicht Deutschland beim Fernwärmegipfel mit Dänemark.Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Debatte um das neue Gebäudeenergiegesetz geht in eine nächste Runde: Nicht nur die Wärmepumpe wird als alternative Heizmethode angesehen – das Wirtschaftsministerium setzt ebenfalls verstärkt auf den Ausbau der Fernwärme

Auf dem Fernwärmegipfel präsentierten Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) am Montag ihre Pläne. So sollen in Deutschland jährlich 100.000 Haushalte an die Fernwärme angeschlossen werden. Woran orientiert sich diese Zahl?

Heizungstausch: Fernwärme als attraktive Antwort auf die Dekarbonisierung

„Wir glauben, dass Fernwärme ganz häufig eine attraktive Antwort auf die Frage der Dekarbonisierung sein kann“, sagte Habeck auf der Pressekonferenz nach dem Gipfel. Der Vorteil liege auf der Hand: Es sei ein größeres System mit verschiedenen Quellen. Um den Ausbau der Netze ins Rollen zu bekommen, sei der Gipfel aufgesetzt worden. Impulsgeber war jedoch ein anderes Land. „Einen Eingangsimpuls gab es durch den Leiter der dänischen Energieagentur“, so der Wirtschaftsminister.

In Dänemark seien 65 Prozent der Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen – in Deutschland nur 14 Prozent, erklärt Habeck weiter. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Wärmesystem liege bei dem skandinavischen Land ebenfalls bei 65 Prozent; hierzulande nur bei knapp 20 Prozent, bemängelt der Minister. Beim Berliner Grundversorger Vattenfall Wärme, lässt sich hinzufügen, sogar nur bei acht Prozent.

Wirtschaftsminister Habeck: „Deutschland soll Ähnliches erreichen wie Dänemark“

„Dänemark hat in den 70er-Jahren aus der Ölkrise die Konsequenz gezogen, ihre Energiesysteme zu dekarbonisieren“, erklärte Habeck. Und seitdem hätten die Dänen viele Schritte unternommen. Deutschland solle sich daran ein Beispiel nehmen und bis zum Zieljahr 2045 – klimaneutrales Deutschland – Ähnliches erreichen.

„Dann müssen wir das, was in Dänemark in den letzten 50 Jahren entstanden ist, in den nächsten 25 Jahren hinbekommen“, räumt Habeck ein. Die Konsequenz sei daraus, dass man bei allen Entscheidungen und Planungen schneller werden müsse.

Eine Kleinigkeit darf man allerdings nicht vergessen: Beim Strom dient Dänemark nicht als Vorzeigeland. Neben Deutschland hatte das Land in der Vergangenheit einen der höchsten Strompreise Europas, und das trotz der vielen Windräder. Grund ist unter anderem die hohe Abgabenlast: Fast zwei Drittel des Strompreises fallen in Dänemark für Steuern und Abgaben an. In Deutschland liegt die Abgabenlast zumindest noch bei rund 50 Prozent.

2022 war Deutschlands nördlicher Nachbar in ganz Europa das Land mit dem höchsten Strompreis für private Haushalte. So mussten die Dänen im vergangenen Jahr 61 Cent pro Kilowattstunde (kWh) für ihren Strom bezahlen, obwohl er zum Großteil aus erneuerbaren Energien stammt. Das zeigt eins: Der dänische Markt reagiert dort genauso gestresst auf die hohen Gaspreise wie auch in Ländern mit einem deutlich geringeren Anteil an erneuerbaren Energien.

Der deutsche Verbraucherpreis war im Jahr 2022 wegen des Ukraine-Krieges und der zurückgegangenen russischen Gaslieferungen mit rund 37 Cent ebenfalls einer der höchsten, aber deutlich geringer als in Dänemark. In diesem Jahr sind die Strompreise in beiden Ländern allerdings wieder gesunken. Dänemark als Vorbild bei den erneuerbaren Energien? Gerne. Aber nicht bei der Steuerpolitik.

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