Deutschland ist ein Wendeland. Wir sind Dichter, Denker und passionierte Wender. Was haben wir nicht schon alles gewendet oder wenigstens zu wenden versucht, zum Guten wie zum Schlechten: Kriege, einen Geist, die Moral, die DDR, die Energie, die Kohle, das Atom, den Verkehr in drei Zügen, die gesamte Mobilität, überhaupt das Klima, aber dann doch nicht deswegen die Zeiten, in denen wir leben, leben wollen, wenn oder womöglich nur, falls wir diese überleben sollten. Und nun also die Wärme. Die Wärmewende ist der neueste Trend made in Wendeny.
Zwei angenehme Wärmewendeerfahrungen habe ich bereits gemacht. Bei der einen flog der Pfannkuchen hoch und kam auf der blasseren Seite wieder runter. Bei der anderen lag ich am Strand und wechselte von der Bauch- auf die Rückenlage und rechtzeitig wieder zurück. Um die dritte, etwas kompliziertere, zu begreifen, musste ich in den Keller gehen, 20 Stufen, zwei Türen. Denn dort steht sie, die Glen Dimplex DHW 400+, eine Wärmewende-Warmwasser-Wärmepumpe. Bin ich – ohne als Mieter etwas dafür getan zu haben – bereits ein Wärmewendegewinner?
Etwas unsicher stieg ich die Treppe nach unten, „Heizung (Kein Zutritt!)“ stand da und ich duckte mich unmerklich, als ich den verbotenen Raum betrat. Ich wollte – gibt es ihn wirklich? – ja auf keinen Fall von Habecks Heizhammer erwischt und mit einem fies angeknacksten Wärmewendehals in irgendeine Öko-Diktatur verschleppt werden. Von solchen Fällen hatte ich hier und da gelesen. Man liest und hört ohnehin viel Irritierendes und Irrlichterndes zurzeit.
Vor ein paar Wochen etwa stand in der Welt, alle Wärmepumpen seien laut und hässlich und symbolisierten die letzte Entfremdung des Menschen vom Feuer. Wer für fossile Energie brennt oder einfach nur gern Pfannkuchen über dem Gasherd wendet, muss das natürlich bedauern. Andererseits schreibt Peter Sloterdijk in seinem neuesten Büchlein „Die Reue des Prometheus“, dass die moderne Menschheit als ein Kollektiv von Brandstiftern gelten könne und daher: „Kehrte Prometheus heute auf die Erde zurück, würde er seine Gabe womöglich bereuen.“ Was wären wir nur ohne Feuer! Könnten wir dann noch Wärmepumpen bauen oder Heizhämmer schmieden? Und sind Öko-Diktatoren eigentlich Warmduscher?

Oder neulich, da sagte ein Zeit-Journalist im Fernsehen: „Unsere Freiheit wird auch im Keller verteidigt.“ Als gäbe es eine Heizungsfront oder jemand hätte den Hindukusch nach Westen versetzt. Und dann habe ich noch das hier an der Baumarktkasse aufgeschnappt: „Wozu brauche ich eine Wärmepumpe? Ich dachte, wir haben den Klimawandel.“ Als hätte da einer seinen geistigen Kipppunkt bereits überschritten.
Prometheus, Freiheitskampf im Keller, Klimawandel durch Schwindel – da ging mir echt die Pumpe. Ich versuchte, das alles zu sortieren, merkte aber schnell, dass meine Gedanken den Wendekreis eines Öltankers hatten. Dann stand ich vor ihr, vor ihnen: zwei etwa zwei Meter große Tanks, weder hässlich noch laut. Verdampfer, Verdichter, Verflüssiger, Warmwasserspeicher und oben kommt das Wasser heiß aus dem Duschkopf, toll, die Wende kann kommen. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an den Hersteller.
Dieser kann bestimmt auch die Bedeutung der beiden Tasten „Boost“ und „Esc“ erklären. Meine Theorie: Wer „Boost“ drückt, bekommt einen Schub und reist in die ungewisse Zukunft der Wärmenachwendezeit. Wer sich für „Esc“ entscheidet, flieht lieber in die Vergangenheit, wo er Prometheus vor einem fatalen Fehler bewahren kann.





