Kolumne Ostbesuch (18)

Wie können 20.000 Fische einfach so verschwinden? Die Tierpolizei ermittelt

20.000 Zierfische lebten in Zwickau, dann sollte ihr Haus abgerissen werden und seitdem fehlt jede Spur. Kommen Naschkatzen als Täter infrage? Und was weiß der Ratefuchs?

Noch Fisch oder schon Fischstäbchen?
Noch Fisch oder schon Fischstäbchen?imago

Manche Tierarten sind nicht bedroht, sie können nicht mal aussterben, denn obwohl sie uns umgeben und hier und da sogar in uns stecken, haben sie niemals wirklich, also im biologischen Sinne, existiert. Denken wir zum Beispiel an den inneren Schweinehund, den es vor dem Joggen an die Leine zu legen gilt und den Muskelkater, der uns danach die Beine hochschnurrt.

Und dann miaut es manchmal nur im Kopf. Weil wir erst Angsthasen sind am Partyabend und uns aus Angst, hasenfüßig zu bleiben in Schnapsdrosseln und Geld auf den Tresen hämmernde Schluckspechte verwandeln, in der anbrechenden Nacht den Tanzbären in uns finden und später den Partylöwen aus dem Käfig lassen.

In den schlimmsten Fällen machen wir am frühen Morgen Bekanntschaft mit dem ersten Drehwurm und einem über die Zwischendaseinsstufen Spaßvogel, Honigkuchenpferd und Frechdachs zum Lustmolch mutierten Bürohengst, der sich im allerschlimmsten Fall als Immobilienhai entpuppt, in Wahrheit aber nur eine bemitleidenswerte Kreuzung aus Lackaffe und Papiertiger ist, der man ein Date mit einer Planierraupe wünscht. Oder mit einem Reißwolf. Oder einem tollwütigen Mettigel.

Dann doch lieber alleine die körpereigene Rampensau mästen, auch als Drecksau bekannt, aber die bitte nicht mit dem weniger peinlichen und entfernt mit dem Schmutzfink verwandten Drecksspatz verwechseln, der wiederum Angsthasenfüße bekommt beim Anblick eines voll aufgedrehten Wasserhahns und einer Wäschespinne mit mindestens acht Beinen.

Es geht hier also um Tiere und jetzt um die echten, die tatsächlich vom Aussterben bedrohten, zum Beispiel: den Zweipunkt, sozusagen den Sparfuchs unter den Marienkäfern. Denn wie das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) in Sachsen meldet wird der Zweipunkt vom importierten Asiatischen Marienkäfer bedroht. Der ist gefräßiger als eine Finanzheuschrecke und leitet seinen Platzhirschanspruch auch von der Anzahl seiner Punkten ab, die er maximal auf dem Rücken zu tragen pflegt: angeblich bis zu 19. Das LfULG bittet jedenfalls um Mithilfe und ruft dazu auf, gesichtete Zweipunkte zu melden, um das sich verschärfende Punkteneidhammelproblem in den Griff zu bekommen.

Von B nach C, Ostbesuch, 263 Kilometer
Von B nach C, Ostbesuch, 263 KilometerBerliner Zeitung/Pajović/Amini

Diese Meldung stammt aus dem Programm von Hitradio RTL Sachsen, das mit „80er, 90er, 100 % Sachsensound“ für sich wirbt und also einen Ohrwurm nach dem anderen in den Äther haut, darunter auch ältere Klassiker und natürlich auch Animalisches wie Justin Biber, „Katzenklo“, „Das Lied vom Drahtesel“ und „As Tears Go By“. Okay, damit sind vielleicht doch eher Tränen gemeint, viele Tränen, so viele vielleicht, die es dann schon braucht, um den Tod von 20.000 Zierfischen zu beweinen.

Denn damit wären wir bei einer weiteren Tiergeschichte, einer tragischen und rätselhaften zugleich. Aus einem Abrisshaus in Zwickau sind die Zierfische verschwunden. Der Hausbesitzer durfte nicht mehr rein, die Tiere haben sich womöglich gegenseitig aufgefressen, jedenfalls waren die Aquarien leer, als der Abrisstrupp sich an die Arbeit machte. Die in alle Himmelsrichtungen ermittelnde Polizei konnte weder Wasserratten noch Naschkatzen als Täter ausschließen und setzt nun alle Hoffnung auf die Expertenmeinung eines auf tierische Tragödien spezialisierten Unglücksraben. Sonst bleibt nur noch der Ratefuchs, der auf eine hungrige und vom Lesersterben bedrohte Zeitungsente tippt.


In der Kolumne „Ostbesuch“ berichtet Paul Linke alle zwei Wochen aus seinem Zwischenleben in Chemnitz und Umgebung. Sachsen sucks? Von wegen!