Die Bundesregierung und die Energiebranche wollen gemeinsam den Ausbau von Wärmenetzen wie der Fernwärme vorantreiben. Dies könnte den bisher starken Fokus auf die Wärmepumpen und den Strom entschärfen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will einem Bericht zufolge eine gewichtige Ausnahme bei dem von ihm geplanten Einbauverbot von Öl- und Gasheizungen einführen. Wie die Augsburger Allgemeine unter Berufung auf eine Beschlussvorlage für ein Treffen Habecks mit der Energiewirtschaft berichtet, sollen Hausbesitzer beim Heizungstausch keine Wärmepumpe oder alternative Heizgeräte einbauen müssen, wenn Straßenzüge oder Stadtteile an das Fernwärmenetz angeschlossen werden.
„Wenn ein Wärmenetzbetreiber einen solchen Ausbau verbindlich verfolgt, sollten daran interessierte Gebäudeeigentümer:innen (...) von der Pflicht zum Einbau einer die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien erfüllenden Heizung befreit werden“, heißt es laut der Zeitung in dem Papier. Die 65-Prozent-Vorgabe meint, dass eine neue Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Neben Holzpellet-Systemen sind das derzeit vor allem Wärmepumpen, aber auch Wasserstoff und Biogas werden aktuell als Alternativen zu fossilen Brennstoffen betrachtet.
Bei Fernwärme: Öl- und Gaskessel könnten durch neue ersetzt werden
Sollte die Vorlage auf Zustimmung stoßen, würde dies laut der Augsburger Allgemeinen heißen, dass die Hausbesitzer ihre alten Öl- und Gaskessel durch neue ersetzen können. Im Idealfall tue es aber die bestehende Heizung, bis der Fernwärmeanschluss gelegt ist.
Der klimaschutz- und energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Jung (CDU), rief Habeck und die Ampelkoalition auf, den Ausbau der Fernwärme energisch voranzutreiben. „Wir brauchen jetzt klare Perspektiven für Nah- und Fernwärme statt weiter einseitige Priorität für die Pumpe“, sagte Jung der Augsburger Allgemeinen.
Jung hält es außerdem für unrealistisch, die Fernwärme bis 2030 zur Hälfte mit Erneuerbaren Energien zu betreiben, wie es in der Beschlussvorlage steht. „Sollte die Ampel an den strikten Vorgaben in ihren Plänen festhalten, werden die Wärmenetze abgestellt statt umgestellt“, monierte Jung.
30 Prozent der Wohnungen sollen bis 2045 mit Fernwärme geheizt werden
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, künftig jedes Jahr 100.000 Wohnungen an das Fernwärmenetz anzuschließen. Im Jahr 2045 sollen etwa ein Drittel aller Gebäude auf diesem Wege geheizt werden. Heute liegt der Anteil der Fernwärme bei rund 10 Prozent.
Auf Einladung des Bundeswirtschaftsministeriums kommen am Montag in Berlin Expertinnen und Branchenvertreter zum sogenannten Fernwärmegipfel zusammen. Bei dem Treffen soll es unter anderem um die Dekarbonisierung der Fernwärme gehen.
Bis 2030 soll die Hälfte der Wärme klimaneutral sein
Die Bundesregierung und die Energiebranche wollen laut Angaben von Montagnachmittag nun gemeinsam den Ausbau von Wärmenetzen wie der Fernwärme vorantreiben. Bis 2030 solle zudem die Hälfte dieser Wärme klimaneutral erzeugt werden, sagte Habeck nach einem Treffen mit Branchenvertretern.
Wärmenetze könnten eine große Rolle beim Umbau zu klimafreundlichem Heizen spielen, betonte Bauministerin Klara Geywitz (SPD). „Wichtig ist hierbei eine attraktive und transparente Preisgestaltung, um die Anreize für den Anschluss an ein Wärmenetz zu erhöhen.“
Hauseigentümer sollen Planungssicherheit bekommen
Nach dem Willen von Habeck und Geywitz sollen Hausanschlüsse dabei auch gefördert werden. Hauseigentümer benötigten zudem Planungssicherheit und Transparenz, was den Ausbau von Wärmenetzen in den Kommunen angeht. Das soll etwa die Abwägung erleichtern, ob man den Einbau einer Wärmepumpe oder einer anderen klimafreundlichen Alternative planen muss.
In ihrer gemeinsamen Erklärung fordern Ministerien und Verbände unter anderem einen Finanzierungsrahmen, der klare Anreize für Investitionen in Wärmenetze setzt. Im vergangenen Jahr wurde rund jede siebte Wohnung in Deutschland mit Fernwärme versorgt. Der Anteil erneuerbarer Energien liegt hier derzeit bei rund 20 Prozent. Spätestens 2045 müssen die Wärmenetze komplett treibhausgasneutral sein.




