Gasmarkt

„Solange Gazprom liefert“: OMV will weiterhin russisches Gas beziehen

Während Deutschland sich komplett auf LNG umgestellt hat, erhofft sich der österreichische Energiekonzern OMV russische Gaslieferungen bis 2040. Aber es gibt einen Haken.

Russisches Gas unterliegt noch keinen EU-Sanktionen. Der österreichische Energiekonzern OMV will nicht freiwillig auf russisches Gas verzichten.
Russisches Gas unterliegt noch keinen EU-Sanktionen. Der österreichische Energiekonzern OMV will nicht freiwillig auf russisches Gas verzichten.AFP

Der österreichische Energiekonzern OMV wird diesen Winter weiterhin den Großteil seines Gases aus Russland beziehen. Das teilte der Vorstandsvorsitzende des Konzerns Alfred Stern der britischen Financial Times mit.

Eigentlich hat das Unternehmen Ersatzverträge abgeschlossen, um seinen Importbedarf aus anderen Quellen vollständig zu decken. Jedoch habe man auch über 16 Monate nach dem Start der russischen Invasion der Ukraine keine Pläne, den langfristigen Liefervertrag mit dem russischen Monopolisten Gazprom aufzukündigen, sagte Stern. Der Vertrag wurde 2018 unterzeichnet und gilt bis 2040. Russisches Gas unterliegt zudem keinen Sanktionen, selbst wenn die EU sich noch vor dem Lieferstopp durch Gazprom entschieden hatte, die Abhängigkeit von russischem Gas zu lösen. 

Österreich: Verzicht auf russisches Gas würde „zu Preissteigerungen führen“

„Solange Gazprom liefert ... werden wir diese Mengen weiterhin von Gazprom beziehen“, sagte Stern weiter der Financial Times. Auf die Frage, ob EU-Sanktionen gegen russisches Gas willkommen wären oder der OMV eine Reputationsentschädigung verschaffen würden, erwiderte der 58-jährige Österreicher, es sei ein Thema für politische Entscheidungsträger, und warnte davor, dass die „die Eliminierung bestimmter (Gasbeschaffungs-)Quellen auch zu Preissteigerungen führen wird“.

Als Industrieunternehmen habe die OMV die Verpflichtung sicherzustellen, dass man diese Quellen nutze, solange sie rechtlich zulässig seien, fügte Stern hinzu. Zur Erinnerung: Die OMV beliefert rund 30 Prozent des österreichischen Gasmarktes und hatte im letzten Jahr einen Umsatz von 62 Milliarden Euro erwirtschaftet und das operative Konzernergebnis mit 12,25 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Der in der Vergangenheit wichtigste Importeur von russischem Gas in Deutschland, Uniper, hatte dagegen zwar einen Umsatz in Höhe von rund 274 Milliarden Euro erzielt und einen Nettoverlust von mehr als 19 Milliarden Euro verzeichnet. 

Habeck zum Transitvertrag über die Ukraine: Eigene Industrie drosseln, um den Nachbarn zu helfen?

Nach dem Stopp der Gaslieferungen über Nord Stream und der unaufgeklärten Sabotage an den beiden Ostseepipelines im September 2022 erhält Deutschland kein Gas mehr aus Russland. Die inzwischen verstaatlichte Uniper war deswegen bereits im Dezember 2022 gegen Gazprom vor internationales Schiedsgericht gezogen und hatte Schadenersatz in Milliardenhöhe gefordert. Eine Entscheidung im Prozess gibt es noch nicht. Österreich dagegen erhält noch russisches Gas aus dem Ukraine-Transit: Gazprom liefert nach eigenen Angaben noch rund 41 Millionen Kubikmeter täglich trotz Krieg über die Ukraine, was allerdings rund 40 Prozent der vertraglich vereinbarten Kapazitäten beträgt.

Auch die Gasleitung über die Türkei, Turkish Stream, liefert noch russisches Gas nach Europa, allerdings vor allem nach Serbien, Bulgarien und Ungarn. Der Haken liegt allerdings nicht nur am Krieg, sondern am Ende 2024 auslaufenden Transitvertrag mit Russland. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein neuer Vertrag abgeschlossen wird, ist praktisch nichtig. Somit könnte sich auch die Hoffnung der Österreicher, russisches Gas bis 2040 zu bekommen, nicht erfüllen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte bereits im Juni klargestellt, Deutschlands würde in dem Fall der gestoppten Lieferungen über die Ukraine notfalls seine Industrie drosseln, um den Nachbarn zu helfen. „Bevor die Leute dort frieren, müssten wir unsere Industrie drosseln oder gar abschalten“, so Habeck. 

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