Energie

Trotz Krieg: Die EU will Gas für den Winter in der Ukraine speichern

Die EU-Beamten erwägen laut einem Bericht, Gas für den Eigenbedarf in der Ukraine zu speichern. Ist es das Risiko wert? Parallel warnt Habeck vor einem Gasmangel im Winter.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf dem ostdeutschen Wirtschaftsforum am Montag
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf dem ostdeutschen Wirtschaftsforum am MontagPatrick Pleul/dpa

Die europäischen Gasspeicher könnten schon bald voll sein. Europäische Beamte erwägen daher, überschüssiges Gas in der Ukraine zu lagern. Darüber berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. 

Warum aber in der Ukraine? Inmitten des Krieges fängt die Ukraine laut dem Bericht an, Energiespeicher anzulegen. Eine Reihe von Rohren und Pumpen im rund 60 Kilometer von der westlichen Grenze gelegenen Erdgasspeicher Bilche-Volytsko-Uherske deutet auf eine rege Tätigkeit hin.

Der zwischen Feldern und Wäldern gelegene Speicher könne mehr als viermal so viel Erdgas lagern wie die größte Anlage in Deutschland, heißt es im Bloomberg-Bericht. Weil der Ukraine über Jahrzehnte die Rolle als Transitstrecke für Öl und Gas aus Russland zugekommen sei, seien die Netze zudem gut mit der EU verbunden. In der EU werde der Plan durchgespielt, die Nutzung des Speichers voranzutreiben. Schließlich beherbergt Bilche-Volytsko-Uherske die größten unterirdischen Kavernen in ganz Europa. Da die Anlagen in der EU bereits mit bis mehr als 70 Prozent an der Kapazitätsgrenze angelangt seien, könnte die Speicherung des Brennstoffs in der Ukraine eine lukrative Alternative sein.

Zwar mag es wie eine verrückte Idee klingen, große Energiespeicher in einem Land anzulegen, das schweren Beschüssen ausgesetzt ist. Aber einige Investoren seien der Meinung, es sei das Risiko wert: „Der ukrainische Markt bietet die Speicherung zu festen Kosten an, was die Gasspeicherung in der Ukraine zu einer sehr attraktiven und wettbewerbsfähigen Option macht“, zitiert Bloomberg den Vertriebsmanager des Schweizer Energiekonzerns Axpo, Marco Saalfrank. Die Voraussetzung dafür sei jedoch ein geringes Risiko.

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuletzt vor einem möglichen Stillstand der Industriekapazitäten im Winter gewarnt, wenn kein russisches Gas durch die Ukraine fließe. Die politischen Entscheidungsträger müssten weiterhin Vorkehrungen „zur Sicherung der Energieversorgung“ treffen. „Wir sind noch nicht über den Berg“, sagte er am Montag auf dem ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow. „Die günstige Situation darf nicht dazu führen, dass wir wieder denselben Fehler machen und vergessen, was die Bedrohung ist“, so Habeck.

RWE: Gasspeicher in der Ukraine sind hervorragend mit der EU verbunden

Auch die deutsche Wirtschaft ist interessiert: „Die ukrainischen Speicher können dazu beitragen, Angebot und Nachfrage in der zweiten Hälfte des Sommers 2023 auszugleichen, da sie hervorragend an die EU-Gasmärkte angebunden sind“, teilte der Energieversorger RWE AG, der die ukrainischen Speicher in der Vergangenheit genutzt hat, Bloomberg mit.

Um die Gasspeicherung in der Ukraine rentabel zu machen, müssten die Preise so weit fallen, dass die Kosten gerechtfertigt sind, heißt es in dem Bloomberg-Bericht. Die Gasspeicherkapazitäten des Landes beliefen sich auf insgesamt mehr als 30 Milliarden Kubikmeter. Der Betreiber Ukrtransgaz stelle ein Drittel davon zur Verfügung – dies entspreche etwa zehn Prozent des Bedarfs der EU im vierten Quartal 2022.

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