Auf dem Ölmarkt toben geopolitische Spannungen. Saudi-Arabien hatte vor einer Woche angekündigt, die Fördermenge im Juli um eine Million Barrel (ein Barrel entspricht 159 Litern) pro Tag drosseln zu wollen.
Am Sonntag verteidigte der Energieminister die Entscheidung. Es gehe darum, „proaktiv, präventiv und vorsorglich zu handeln“. Der Veranstaltungsort seiner Rede unterstrich die Ambitionen. Denn Abdelaziz Bin Salman sprach in Riad auf einer arabisch-chinesischen Wirtschaftskonferenz. China ist der Hauptkonkurrent der Vereinigten Staaten. Das wachsende Interesse des Nahen Ostens an der Region lässt in den USA Sorgen größer werden, Riad könne sich stärker dem Osten zu wenden.
Riad hatte die Vereinbarung mit den Mitgliedern der Opec-plus abgestimmt, zu denen neben den Mitgliedern des Opec-Kartells weitere große erdölexportierende Staaten gehören, darunter auch Russland. Der Energieminister des Landes, Abdelaziz Bin Salman, bezeichnete den Schritt als „Saudi Lollipop“, gewissermaßen als Süßigkeit für die übrigen Opec-plus-Mitglieder, da diese von weiteren Kürzungen verschont blieben.
Chinas Einfluss im Nahen Osten wächst
Die Ankündigung dürfte in Washington wenig Begeisterung hervorrufen. Bereits im Oktober 2022 hatte der amerikanische Präsident Joe Biden mit harten Konsequenzen gedroht, falls die Saudis den Ölpreis durch eine Drosselung der Fördermenge befeuern sollten. Hierdurch würden die Energiepreise in den Vereinigten Staaten verteuert und Russland höhere Staatseinnahmen beschert. „Dies ist nicht die Zeit, sich mit Russland zusammenzutun“, hatte Bidens Regierungssprecherin Karine Jean-Pierre damals mitgeteilt.
Während die saudische Regierung ihr Vorgehen im Herbst öffentlich im diplomatischen Ton verteidigt hatte, soll Kronprinz Mohammed Bin Salman hinter den Kulissen intensiv daran arbeiten, die feste Beziehung zwischen den USA und Saudi-Arabien grundlegend zu lösen. Bin Salman soll erklärt haben, er werde nicht mehr mit der US-Regierung verhandeln, berichtet die Washington Post unter Berufung auf ein Geheimdokument amerikanischer Sicherheitsdienste.
Saudi-Arabien droht den USA mit „erheblichen wirtschaftlichen Kosten“
Die Informationen entstammten umfangreichen Veröffentlichungen im Rahmen der sogenannten Discord-Leaks. Im April waren zahlreiche Hinweise amerikanischer Geheimdienste auf dem Computerspiele-Chatportal Discord veröffentlich worden, unter anderem umfangreiche Lageberichte zum Krieg in der Ukraine. Als Urheber des Datenlecks wurde der 21-jährige Jack T., Geheimdienstmitarbeiter der Massachusetts Air National Guard, ausgemacht, ihm drohen bis zu zehn Jahren Haft.
Es sei unklar, ob die Äußerungen des saudischen Kronprinzen direkt an amerikanische Beamte übermittelt oder von US-Diensten abgehört worden seien, berichtet die Washington Post. Allemal offenbart der Ausbruch Bin Salmans die Spannungen in den saudisch-amerikanischen Beziehungen, die lange auf dem Handelsversprechen von Öl für Sicherheit beruhten.
Mohammed Bin Salman habe laut dem Dokument „erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen für Washington“ angedroht und angekündigt, den Vereinigten Staaten hohe wirtschaftliche Kosten aufzuerlegen, wenn sie sich für die Ölkürzungen rächen würden.




