Russland

Private Pkw aus Russland konfisziert: Deutscher Zoll erklärt sich

Ein Visum ergattern und als Tourist von Russland nach Deutschland mit eigenem Auto einreisen? Für den deutschen Zoll gehört das Auto konfisziert. Russische Anwälte widersprechen.

Kontrolle an deutscher Grenze
Kontrolle an deutscher GrenzeRevierfoto/imago

Zahlreiche russische Staatsbürger haben sich in den letzten Wochen in den sozialen Medien sowie in Medienberichten darüber beschwert, dass gerade deutsche Behörden private Pkw mit russischen Kennzeichen bei der Einreise nach Deutschland beschlagnahmen – trotz der nötigen Einreisepapiere für die EU.

Ein Einwohner Moskaus berichtete unter anderem gegenüber dem Portal Business FM, wie er mit seinem Auto auf einer Fähre von Lettland zum Hafen Travemünde unterwegs gewesen und anschließend von der Polizei angehalten worden sei. Es habe gegen Sanktionen verstoßen, hieß es, und dürfe nicht mit einem russischen Auto einreisen. Sein BMW X2 im Wert von rund 40.000 Euro sei daraufhin beschlagnahmt worden, erzählte der Mann, und ein Strafverfahren sei eingeleitet worden. Die russische Botschaft in Berlin hat den eigenen Staatsbürgern deswegen dringend empfohlen, keine Autos nach Deutschland einzuführen.

Deutscher Zoll zu russischen Autos: „Personenkraftwagen unterliegen grundsätzlich dem Verbot“

Auf Anfrage der Berliner Zeitung erklärte der deutsche Zoll, man überwache die Einhaltung der EU-Sanktionen gegen Russland in den Bereichen der Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie bei Verbringungen von Waren. „Güter, die embargorechtlichen Verboten unterliegen, können sichergestellt beziehungsweise beschlagnahmt werden“, sagte ein Sprecher der Behörde. Gemäß EU-Sanktionsverordnung (Artikel 3i VO (EU) Nr. 833/2014) sei es verboten, die im Anhang XXI zu dieser Verordnung aufgeführten Güter in die Union einzuführen oder zu verbringen, wenn sie ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden. „Personenkraftwagen und andere Kraftfahrzeuge sind dort genannt und unterliegen damit grundsätzlich dem Verbot“, so der deutsche Zoll.

Sollten also die Russen, deren Autos bereits konfisziert wurden, die Entscheidung des Zolls hinnehmen und sich bereit erklären, eine hohe Strafe für die unberechtigte Einfuhr zu zahlen? Es ist schon auffällig, dass gerade der deutsche Zoll so hart gegen die russischen Pkw an der Grenze vorgeht; über ein derartiges Verhalten anderer EU-Länder, wo die entsprechende Verordnung ebenfalls gilt, wurde bisher nicht berichtet.

Gehören private Pkw zu den Waren, die „Russland erhebliche Einnahmen erbringen“?

Warum passiert das also gerade in Deutschland? Russische Anwälte weisen darauf hin, dass es in der deutschen Gesetzgebung grundsätzlich kein Verbot für die Einreise mit einem Pkw mit russischen Kennzeichen gebe. Wie die Sonderberaterin für Sanktionsfragen der russischen Anwaltskammer Pen & Paper, Kira Vinokurova, für die Geschäftszeitung Kommersant einschätzt, wird die seit Oktober 2022 geltende Norm in der EU-Sanktionsverordnung für die Pkw vom deutschen Zoll „zu weit interpretiert“. Dies soll nach der Meinung der Anwältin an der Nuance der Übersetzung von EU-Normen aus dem Englischen ins Deutsche liegen, wodurch die Zolleinfuhr (Import) zum kommerziellen Zweck mit der befristeten Einfuhr auch für persönliche Zwecke vermischt werde. 

Die Leiterin der Rechtspraxis Grace Consulting, Jekaterina Orlowa, empfiehlt daher allen Betroffenen, gegen die Beschlagnahme des Autos Berufung einzulegen. Sie verweist dabei auf die Formulierung in der EU-Verordnung. Dort werden die Güter aufgeführt, „die Russland erhebliche Einnahmen erbringen und dadurch die Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, ermöglichen“. Deren Import in die EU ist verboten.

So eine Formulierung bedeutet nach der Einschätzung der Juristin jedoch, dass der Gesetzgeber offensichtlich nicht die Nutzung von Autos für den persönlichen Bedarf einschränken wollte, sondern Verkauf und Kauf von Autos als Waren im Sinn hatte. Die Interpretation des deutschen Zolls möge eine Art Rückversicherung sein, so die Anwältin, und liege an der mangelnden Bereitschaft, den Ansprüchen der EU-Regulierungsbehörde bei einer Untererfüllung nachzugehen. Grundsätzlich schlagen die Anwälte den betroffenen Russen vor, nicht aufzugeben und sich im Notfall an das Bundesamt für Verfassungsschutz zu wenden wegen „Handlungen der Behörden, die als Missbrauch ausgelegt werden können“.

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