Russland-Sanktionen

In Deutschland konfisziert: Erster Russe holt sein Auto zurück – wie geht das?

Mehrere Russen haben sich über die Beschlagnahme ihrer privaten Pkw durch den deutschen Zoll beschwert, die Anwälte sprachen vom Missbrauch der EU-Norm. Nun hat der erste Betroffene Glück.

Grenzkontrolle eines Autos
Grenzkontrolle eines AutosSven Hoppe/dpa

Ivan Koval gehört zu den zahlreichen Russen, deren private Autos mit russischen Kennzeichen bei der Einreise nach Deutschland oder im Land konfisziert wurden – trotz vorhandener Einreisepapiere. In vielen Fällen wurden Strafverfahren eingeleitet, und der deutsche Zoll erklärte dies unter Berufung auf eine EU-Verordnung damit, dass die Einfuhr der Personenkraftwagen und anderer Kraftfahrzeuge aus Russland in die EU als Teil der Russland-Sanktionen verboten sei. Ähnliche Fälle in anderen EU-Ländern sind bisher nicht bekannt.

Nun erzählte Koval der St. Petersburger Zeitung Fontanka, dass der deutsche Zoll sich bereit erklärt habe, das beschlagnahmte Auto zurückzugeben. Dies ist offenbar der erste derartige Fall.

Privater Pkw konfisziert: Die Staatsanwaltschaft gibt dem Russen recht

Der betroffene Russe lebt nach eigenen Angaben in Hamburg. Er erzählte vorher dem russischen Geschäftsportal RBC, dass sein Audi Q3 am 1. Juni in der Nähe seines Wohnsitzes in Hamburg abtransportiert worden sei. Der deutsche Zollbeamte habe seine Papiere zwar überprüft und keine Verstöße festgestellt, doch das Auto sei trotzdem konfisziert worden, denn „seit dem Oktober 2022 ist die Einfuhr von Autos mit russischen Kennzeichen in die EU verboten“. Das Verbot gelte dabei für alle Autos aus Russland, wurde dem Russen erklärt. Der Mann legte beim Zoll Berufung ein, und die Behörde leitete sie an die Hamburger Staatsanwaltschaft weiter.

Die Anwältin von Koval bekam am 13. Juli vom Hamburger Zoll ein Schreiben, dass die Staatsanwaltschaft die Herausgabe des „sichergestellten“ Audi Q3 veranlasst habe und Koval den Pkw abholen dürfe. Die Zeitung Fontanka hat eine Kopie des Schreibens veröffentlicht. Es wird in dem Schreiben nicht erklärt, warum die Staatsanwaltschaft so entschieden hat. 

Ging der deutsche Zoll zu weit?

Die Berliner Zeitung hatte vorher eine Erklärung des deutschen Zolls zu ähnlichen Vorfällen veröffentlicht. „Güter, die embargorechtlichen Verboten unterliegen, können sichergestellt beziehungsweise beschlagnahmt werden“, hieß es von der Behörde. Sie berief sich dabei auf eine EU-Liste der Güter, deren Einfuhr in die EU verboten ist, wenn sie ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden. 

Russische Anwälte bemängelten parallel, dass der Zoll die seit Oktober 2022 geltende Norm in der EU-Sanktionsverordnung für die russischen Pkw „zu weit interpretiert“ hätte. Laut der Verordnung ist die Einfuhr der Güter verboten, „die Russland erhebliche Einnahmen erbringen und dadurch die Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, ermöglichen“. Die deutschen Behörden hätten keinen Unterschied zwischen der Zolleinfuhr (Import) zum kommerziellen Zweck und einer Einfuhr für persönliche Zwecke ohne Weiterverkauf gemacht, so die Kritik der Anwälte. 

Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de