Energie

Raffinerie PCK Schwedt von US-Sanktionen betroffen: Wird in Berlin das Benzin knapp?

Weil die Raffinerie einer Rosneft-Tochter gehört, muss die Bundesregierung in den USA eine Ausnahme erwirken. Viel Zeit bleibt nicht.

Schwedt in Brandenburg: Eine sogenannte Hochfackel brennt auf dem Gelände der PCK Raffinerie GmbH.
Schwedt in Brandenburg: Eine sogenannte Hochfackel brennt auf dem Gelände der PCK Raffinerie GmbH.dpa

Die US-Sanktionen gegen die russischen Ölfirmen Rosneft und Lukoil stellen Deutschland vor ein erhebliches Problem. Eine der größten Erdöl-Raffinerien, die PCK Schwedt in der Uckermark, hängt über Nacht plötzlich in der Luft. Denn die PCK Schwedt gehört zu 54 Prozent der Rosneft Deutschland, einer Tochter des Rosneft-Konzerns.

Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine hat der Bund die Treuhandverwaltung übernommen: „Wir appellieren an Bundeskanzler Friedrich Merz und Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche, bei den US-Stellen so schnell als möglich eine Ausnahmegenehmigung von den US-Sanktionen für die Rosneft Deutschland zu erwirken“, sagte Danny Ruthenburg, Betriebsratsvorsitzender der PCK Schwedt, der Berliner Zeitung. Die Zeit ist wirklich knapp. Ruthenburg sagt, eine Entscheidung müsse im Grunde innerhalb einer Woche herbeigeführt werden.

Das ist nicht unmöglich, denn schon bei den britischen Sanktionen sei es der Bundesregierung gelungen, kurzfristig eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, so Ruthenburg. Sanktionen stellen ein Unternehmen vor akute Probleme: Software- und IT-Firmen wie Microsoft, SAP oder Honeywell ziehen ganz schnell den Stecker, um nicht ins Visier der US-Behörden zu geraten. Die Banken werden ebenfalls sehr nervös, wenn Sanktionen im Spiel sind.

Sollte das Problem nicht zügig gelöst werden, wären nicht nur 1200 Mitarbeiter betroffen, da die Raffinerie heruntergefahren und die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden müssten. In Berlin und Brandenburg könnten Benzin und Heizöl knapp werden, ebenso könnte es zu Engpässen bei Kerosinlieferungen für den Flughafen Berlin-Brandenburg Willy Brandt (BER) kommen.

Das Problem stellt sich nicht nur für Berlin und Brandenburg: Auch an der Raffineriegesellschaft Bayernoil sowie der Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG (Miro) ist die Rosneft Deutschland noch beteiligt. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte der Berliner Zeitung: „Zu Einzelheiten ist die Bundesregierung mit den zuständigen Stellen in Washington in engem Kontakt. Wichtig ist, dass wir etwaige Rechtsfragen zum Umgang mit Rosneft Deutschland schnellstmöglich auch technisch klären.“

Bundesregierung: Nicht gegen Deutschland gerichtet

Grundsätzlich seien die Verschärfungen der US-Sanktionen „ein weiteres starkes Signal unseres Partners innerhalb der G7 als Reaktion auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine“. Wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen sei „die Listung des russischen Öl- und Staatsunternehmens Rosneft“. Ziel sei „der russische Ölsektor als eine der zentralen Einkommensquellen für den russischen Staatshaushalt“.

Deutschland solle von den Sanktionen nicht getroffen werden, so hofft man im Reiche-Ministerium. Die Sprecherin sagte im Hinblick auf die PCK Schwedt:  „Entsprechend der gemeinsamen Zielsetzung der G7 gehen wir davon aus, dass die Maßnahmen der Vereinigten Staaten – ebenso wie die Maßnahmen der EU und des Vereinigten Königreichs – sich nicht gegen die in Treuhand des deutschen Staates geführten Tochtergesellschaften von Rosneft in Deutschland richten sollen.“

Bundesregierung: Rosneft-Geschäft „abgekoppelt“

Diese seien „von ihrer russischen Muttergesellschaft abgekoppelt, sowohl durch die Sanktionen der Europäischen Union, als auch durch die staatliche Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur“. Ihr Geschäftsbetrieb könne „damit nicht von Russland aus gesteuert werden und führt nicht zu Einnahmen für die russische Muttergesellschaft oder den russischen Staat“.

Entsprechendes gelte „für die Raffinerien und sonstigen Unternehmen, an denen die deutschen Tochtergesellschaften der Rosneft beteiligt sind, insbesondere PCK Schwedt, Bayernoil und Miro“.

Kommt nun die Enteignung?

Ein Verkauf der Rosneft-Anteile ist keine Option, da die Russen ihren Anteil nicht verschenken werden. Sollte es nicht zu einer schnellen Einigung mit der US-Regierung kommen, könnte die Bundesregierung sich entschließen, die Rosneft Deutschland zu enteignen.

Betriebsratschef Ruthenburg war bisher immer skeptisch, sagt aber nun: Angesichts der immer neuen Probleme stehe er einer Enteignung „nicht mehr prinzipiell ablehnend“ gegenüber.

Speziell die PCK Schwedt ist unzweifelhaft kritische Infrastruktur, deren Bedeutung weit über Deutschland hinausgeht: Die Raffinerie versorgt Polen – und über Polen die Ukraine – sowie die Nato-Ostflanke.

Es ist schwer vorstellbar, dass die militärischen Operationen gegen Russland daran scheitern können, dass kein Kraftstoff mehr aus Deutschland geliefert werden kann.