Der Kreml-Chef Wladimir Putin hat vor dem Hintergrund des kommenden Russland-Afrika-Gipfels in St. Petersburg einen Artikel geschrieben. Der Text wurde auf der Website des Kremls veröffentlicht.
Das Schreiben gewährt einen Einblick in die geopolitischen Pläne des Kreml-Chefs auf dem afrikanischen Kontinent. Der Möchtegernhistoriker beginnt den Text wie üblich mit einem indirekten Angriff auf den Westen.
Im Artikel unter dem Titel „Russland und Afrika: gemeinsame Anstrengungen für Frieden, Fortschritt und eine erfolgreiche Zukunft“ behauptet Putin, dass Russland „die afrikanischen Völker konsequent in ihrem Kampf für die Befreiung von der kolonialen Unterdrückung unterstützt“ und ihnen auch „bei der Bildung von Staatlichkeit, bei der Stärkung der Souveränität und der Verteidigungsfähigkeit“ geholfen habe.
„Es wurde viel getan, um nachhaltige Grundlagen für die Volkswirtschaften zu schaffen. Bis Mitte der 1980er-Jahre wurden unter Beteiligung unserer Fachleute in Afrika mehr als 330 große Infrastruktur- und Industrieanlagen gebaut, (...) die bis heute erfolgreich in Betrieb sind“, heißt es im Text.
Putins Artikel über Afrika: Spielt er die Afrikaner bloß gegen den Westen aus?
Putin betont weiter, dass Russland stets am Grundsatz „Afrikanische Probleme – eine afrikanische Lösung“ festgehalten und sich mit den Bevölkerungen der afrikanischen Länder in ihrem Kampf „für Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und die Wahrung ihrer legitimen Rechte“ solidarisch bekundet habe.
Es gebe „starke und tiefe“ Wurzeln der Partnerschaftsbeziehungen zwischen Russland und Afrika, die angesichts der „aktuellen Lage in der Welt“, die „weit von Stabilität entfernt“ sei, besonders wichtig seien. Unter diesen Voraussetzungen, so Putin, plane Russland, „gemeinsam mit afrikanischen Partnern eine „nicht diskriminierende Agenda für die Zusammenarbeit zu entwickeln“.
Darüber hinaus erwähnt Putin das Getreideabkommen, aus dem Russland am 17. Juli ausgestiegen war. Putin kritisierte erneut die Nichteinhaltung der russischen Bedingungen und behauptete, dass von den jährlich exportierten 32,8 Millionen Tonnen Getreidefracht nur weniger als drei Prozent auf Äthiopien, Sudan und Somalia, Jemen und Afghanistan entfallen sein sollen. Über 70 Prozent der gelieferten Gesamtmenge sei an Länder „mit hohem und oberem mittleren Einkommensniveau“ gegangen, darüber an die EU, beharrte der Kreml-Chef.
Stimmt das so? Nach Angaben des Gemeinsamen Koordinierungszentrums in Istanbul (JCC) wurden im Rahmen des Abkommens landwirtschaftliche Produkte in 45 Länder auf drei Kontinenten geliefert, davon 46 Prozent nach Asien, 40 Prozent nach Westeuropa, zwölf Prozent nach Afrika und ein Prozent nach Osteuropa. Auch das Fachmagazin Agrarheute hatte bereits im letzten Jahr berichtet, dass die Schiffe mit ukrainischem Getreide meistens in die Türkei und nach Europa fahren würden. Der „lediglich humanitäre“ Charakter des Getreideabkommens ist dabei eine der russischen Bedingungen für ein neues Getreideabkommen. „Es sollte für bedürftige Länder funktionieren und reiche Länder nicht noch reicher machen“, sagte etwa der russische Uno-Vertreter Dmitri Poljanski nach der Auflösung des alten Deals auf einer Uno-Sitzung am 21. Juli.
- Russland plädiert dafür, den afrikanischen Ländern „einen würdigen Platz in den Strukturen einzuräumen, die über das Schicksal der Welt entscheiden“, unter anderem im UN-Sicherheitsrat und in der G20-Gruppe.
- Russland werde trotz der Sanktionen weiterhin an der Versorgung afrikanischer Länder mit Getreide und Düngemitteln arbeiten.
- Russland erwarte in diesem Jahr eine Rekordernte und sei bereit, ukrainisches Getreide auf dem Weltmarkt zu ersetzen.
- Der Getreidedeal sei „schamlos“ nur dazu genutzt worden, amerikanische und europäische Unternehmen zu bereichern, die Getreide aus der Ukraine exportierten.
- Die neue multipolare Weltordnung werde „gerechter und demokratischer“ sein. Es bestehe kein Zweifel daran, dass Afrika zusammen mit Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika „seinen rechtmäßigen Platz darin einnehmen und sich schließlich von dem schweren Erbe des Kolonialismus und Neokolonialismus befreien wird“.
Darüber hinaus erwähnt Putin im Artikel, dass der Handel Russlands mit afrikanischen Ländern im Jahr 2022 fast 18 Milliarden US-Dollar betragen habe. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass russische Unternehmen an einer noch aktiveren Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnern interessiert seien, einschließlich der Einrichtung neuer Transport- und Logistikketten, der Bildung eines Währungs- und Finanzsystems und Mechanismen für gegenseitige Abrechnungen.
Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg: 49 Delegationen werden erwartet
Der russisch-afrikanische Gipfel findet vom 27. bis 28. Juli in St. Petersburg statt. Der Kreml plant, eine umfassende Deklaration und mehrere kleinere gemeinsame Erklärungen zu verabschieden und Maßnahmen im Rahmen eines Partnerschaftsforums bis 2026 zu genehmigen. Darüber hinaus wird ein Paket zwischenstaatlicher Abkommen und Memoranden zur Unterzeichnung vorbereitet.
Es ist der zweite Gipfel dieser Art; nach Angaben des russischen Außenministeriums haben 49 afrikanische Delegationen ihre Teilnahme bestätigt, wobei etwa die Hälfte der afrikanischen Länder auf höchster Ebene – durch Staats- und Regierungschefs – vertreten sein soll. Es bleibt allerdings abzuwarten, wer den Gipfel tatsächlich besuchen wird.
Es ist bekannt, dass viele afrikanische Länder sehr zurückhaltend bei Sanktionen gegen Russland wegen dessen Angriffs auf die Ukraine sind. Am 27. Februar 2022 hatten bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen 28 afrikanische Staaten Russlands militärische Invasion in der Ukraine verurteilt, 17 hatten sich enthalten, acht waren der Abstimmung ferngeblieben. Kein afrikanisches Land hat jedoch bisher die westlichen Sanktionen gegen Russland unterstützt. Das südafrikanische Justizministerium hat sich zwar offenbar bereit erklärt, Putin im Fall seiner Einreise zu verhaften, Präsident Cyril Ramaphosa lehnt eine mögliche Verhaftung jedoch ab, weil sie nach seiner Einschätzung einer „Kriegserklärung“ gegen Russland gleichkäme.
Laut einem Bericht der Financial Times will Ramaphosa auf dem Gipfel in St. Petersburg unter anderem einen Friedensplan für die Ukraine besprechen.




