Heizungsserie

Zwang zur Fernwärme und 3000 Euro jährlich: „Die verdienen Milliarden an uns“

Andreas Naumann besitzt ein Reihenhaus mit Fernwärmeanschluss in Berlin. Seine Bilanz: vernichtend. Die Deutschen und das Heizungsgesetz – Teil 8 unserer Serie.

Andreas Naumann (l.) möchte sich selbst nicht zeigen, aber auf die hohen Preise bei der Fernwärme und den Anschlusszwang aufmerksam machen.
Andreas Naumann (l.) möchte sich selbst nicht zeigen, aber auf die hohen Preise bei der Fernwärme und den Anschlusszwang aufmerksam machen.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung

Geht es um die Wärmewende, die mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) – als Heizungsgesetz bekannt – viel Aufruhr erfahren hat, ist nicht selten von der Wärmepumpe die Rede. Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Gesetz wegen des umstrittenen Verfahrens vorläufig gestoppt hat, bleibt noch unklar, wann und in welcher Version es verabschiedet wird. Für eine Technologie ändert sich aber vorerst nichts. Vor allem in Großstädten wie Berlin rückt sie weiter in den Fokus: die Fernwärme.

Aber so vielversprechend das auch klingt: Noch ist die Kritik an den sogenannten Wärmenetzen vor allem bei den Verbraucherin hoch. Warum? „Die Preise schießen einfach überproportional in die Höhe, dagegen können wir nichts tun“, sagt ein Berliner, der seit 2001 an das Fernwärmenetz angeschlossen ist, der Berliner Zeitung. „Die Energieunternehmen verdienen Milliarden an uns.“ Woher seine Empörung rührt, aus welchen vier Bausteinen sich der Fernwärme-Preis zusammensetzt und was man dagegen tun kann – darüber haben wir mit Andreas Naumann gesprochen.

Anschlusszwang bei Fernwärme – Eigentümer: „Keine andere Alternative“

Von Lichtenberg über den Prenzlauer Berg bis nach Pankow: So könnte man die Wohnsituation von Andreas Naumann in den letzten Jahren beschreiben. Inzwischen lebt der Berliner in einer Reihenhaussiedlung in Berlin-Pankow. „Diese Siedlung wurde mit einem Fernwärmenetz gebaut, sodass 114 Hauseinheiten mit der aus Gas erzeugten Fernwärme für Heizung und Warmwasser versorgt werden“, sagt der 54-Jährige, der bei einer deutschen Bank arbeitet und sich dort mit Business Intelligence befasst. Warum aber hat er sich an uns gewandt – immerhin kann sich Naumann doch bequem zurücklehnen und muss sich nicht wie viele andere Hauseigentümer mit dem geplanten Heizungsgesetz herumschlagen, oder? Falsch gedacht!

„Wir haben mit dem Fernwärmevertrag und dem Anschlusszwang zu kämpfen, weil es für uns keine anderen Alternativen gibt“, sagt er, doch: „Die Fernwärme ist keine schlechte Sache, wenn die Konditionen stimmen würden.“ Eine Luft-Luft-Wärmepumpe sei für ihn aufgrund von Abstandsregelungen nicht möglich. Durch die Entfernung zur Hauptstraße und den Hauptgasleitungen komme auch ein Gasanschluss nicht infrage.

Im Heizhaus in Pankow befinden sich zwei Gasturbinen, die die Fernwärme erzeugen.
Im Heizhaus in Pankow befinden sich zwei Gasturbinen, die die Fernwärme erzeugen.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung
HEIZUNGSSERIE: SIND DIE DEUTSCHEN BEREIT FÜR HABECKS WÄRMEWENDE?
Die Ampel-Regierung will mit einem neuen Gebäudeenergiegesetz ab 2024 Öl- und Gasheizungen allmählich mit Ausnahmen verbieten. Das Gesetz darf nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zwar nicht schon in dieser Woche verabschiedet werden, doch das Verfahren im Bundestag läuft weiter. Für viele Haushalte in Deutschland mit alten fossilen Heizungen könnte das schon bald einen Umstieg auf Wärmepumpen, Fernwärme oder andere alternative Technologien bedeuten. Wie gut sind sie dafür gerüstet? Kritisch und verbraucherorientiert: Die Berliner Zeitung baut im Bereich der erneuerbaren Energien eine Expertise auf und spricht mit Hauseigentümern und anderen Betroffenen über die Heizungspläne der Bundesregierung, deren Auswirkungen auf die Haushalte und originelle Lösungen.

Könnte er frei wählen, würde er in eine günstigere Gasheizung investieren. Doch das geplante Heizungsgesetz macht einen Strich durch die Rechnung: „Das ist nicht zukunftssicher.“ So hat Naumann noch ganz andere Vorstellungen: „Wenn ich das Geld hätte, würde ich eine Tiefenbohrung machen lassen und eine Erdwärmepumpe aufstellen.“ Dennoch sei auch das keine unkomplizierte Angelegenheit, da die Heizkörper im Haus eine hohe Vorlauftemperatur benötigen würden – was die Effizienz einer Wärmepumpe verringere.

3000 Euro an die Energiekonzerne: „Das ist eine Menge Geld“

Habeck kündigte im Juni beim Fernwärmegipfel an, die Netze erheblich ausbauen zu wollen, sodass jährlich 100.000 Gebäude zusätzlich an die Fernwärme angeschlossen werden können. Den Grundgedanken findet unser Gesprächspartner, der eine wirtschaftsmathematische Berufsausbildung hat, gut. Gerade in Großstädten bzw. in Ballungszentren ist laut Naumann die Fernwärme ideal. Wo liegt dann sein Problem?

Er sei mit den hohen Preisen seines Monopolanbieters unzufrieden. Aktuell zahlt er durch die Gaspreisbremse von 9,5 Cent pro Kilowattstunde (kWh) für 80 Prozent des Verbrauchs etwas weniger als 2000 Euro im Jahr für die Fernwärme. Sein Reihenhaus hat allerdings eine Wohnfläche von geschätzten 135 Quadratmetern. Doch schon im kommenden Jahr, wenn die Gaspreisbremse ausläuft, rechnet Naumann mit circa 3000 Euro Kosten, wenn der Fernwärmepreis ähnlich hoch bleibt. „Das ist eine Menge Geld und für die meisten nicht mehr bezahlbar.“

Heizen mit Fernwärme: So sieht der Heizungskeller von Andreas Naumann in Berlin-Pankow aus.
Heizen mit Fernwärme: So sieht der Heizungskeller von Andreas Naumann in Berlin-Pankow aus.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung

Angekommen in seinem Heizungskeller scherzt Naumann, der in seiner Freizeit gern fotografiert: „Wie Sie sehen, sehen Sie nichts.“ Er hat recht, denn bis auf ein paar Rohre und eine Wasserenthärtungsanlage ist in seinem Heizungskeller nicht viel abzulichten – es sein denn, man beachtet die Sauna gegenüber, die vor allem im Winter ordentlich einheizen kann. Auf den Boden der Tatsachen zurückgekommen, stellt Naumann aber klar: „Für das, was Sie hier sehen, zahle ich schon nahezu 200 Euro im Jahr für die Wartung, wovon sicherlich auch ein Teil für die Wartung der zentralen Heizungsanlage ist.“

Der It-ler will auf die hohen Grundgebühren hinaus, darunter die Wartungskosten. „Da kommt einmal im Jahr ein Techniker her, pinselt die Spinnweben an den Rohren ab, trinkt einen Kaffee und geht wieder.“ Könnte die Wartung abbestellt werden? „Nein, da die Anlage nicht unser Eigentum ist und die Wartung vertraglich geregelt ist“, sagt er. „Wartung kann man das trotzdem nicht nennen, da erst reagiert wird, wenn etwas kaputtgeht – der Service ist extrem schlecht.“ Die Wartungskosten seien zudem deutlich teurer als bei einer Gastherme in einem Einfamilienhaus; ein freier Wettbewerb herrscht hier laut Naumann einfach nicht.

Hauseigentümer mit Fernwärme: „Da kommt einmal im Jahr ein Techniker her, pinselt die Spinnweben an den Rohren ab, trinkt einen Kaffee und geht wieder.“
Hauseigentümer mit Fernwärme: „Da kommt einmal im Jahr ein Techniker her, pinselt die Spinnweben an den Rohren ab, trinkt einen Kaffee und geht wieder.“Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung

Ein Blick auf die Zusammensetzung seines Fernwärme-Preises könnte helfen, um das Ausmaß der Grundpreise nachzuvollziehen. Dafür holt der studierte Mathematiker seine Unterlagen aus dem Schrank.

Andreas Naumanns Fernwärmepreis setzt sich aus vier jährlichen Beträgen zusammen:
  • Arbeitspreis: Leistung und Wärme = 1440 Euro mit Gaspreisdeckel,
  • Grundpreis eins: Wartung der Anlage = 194 Euro,
  • Grundpreis zwei: Abgeltung der Instandhaltung und Erneuerung = 300 Euro und
  • Messpreis: Ablesen der Messinstrumente = 27 Euro.

Fernwärme-Preis hat sich vervierfacht – und ist längst höher als der Gaspreis

Zum Vergleich: Laut dem Vergleichsportal Verivox liegt der durchschnittliche Gaspreis, den Haushalte mit einer Gasheizung zahlen, aktuell bei rund neun Cent pro kWh. Wohingegen der Gaspreis für die Haushalte von 2001 bis 2020 annährend konstant bei fünf bis acht Cent je kWh lag, hat sich der Fernwärmepreis von Naumann im gleichen Zeitraum vervierfacht: Warum eigentlich, wenn seine Fernwärme aus Gas erzeugt wird?

Im Jahr 2001 lag sein Preis für die Fernwärme noch bei 2,9 Cent pro kWh. „Da war er sogar geringer als der Gaspreis.“ Doch bis zum Jahr 2008 habe sich der Preis auf 9,6 Cent je kWh erhöht – damit war er schon über dem Fernwärme-Preisdeckel von heute. Das soll es mit der Preissteigerung aber noch nicht gewesen sein. „2020 ist er auf 11,5 Cent gestiegen.“ Im Zuge der Energiekrise habe er sich im letzten Winter sogar auf 22 Cent aufgeheizt.

Was zeigt die Preisentwicklung? „Dass die Fernwärme hierzulande schlichtweg zu teuer ist“, kritisiert der Mann. 

Naumann zeigt uns die Abrechnungen: Sein Fernwärme-Preis hat sich von 2001 bis 2020 vervierfacht.
Naumann zeigt uns die Abrechnungen: Sein Fernwärme-Preis hat sich von 2001 bis 2020 vervierfacht.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung

„Bei Vattenfall bezahle ich nur den Strom und kaufe kein Kraftwerk mit“

Dass Naumann mit dem Wartungspreis nicht zufrieden ist, hat er bereits erläutert. Doch auch beim Grundpreis für die „Abgeltung der Instandhaltung und Erneuerung für das Wärmenetz, die Zentralheizung und die Wärmestation“ hat er etwas zu beanstanden. Wie argumentiert er? „Bei allen anderen Versorgern, sprich Strom, Gas und Wasser gibt es so eine Preisgestaltung nicht.“ Er vergleicht: „Bei Vattenfall zahle ich auch nur den Strom und kaufe nicht das Kraftwerk mit.“ Zwar wurde der Grundpreis für die Abgeltung der Instandhaltung und Erneuerung für das Wärmenetz im Jahr 2014 von 550 Euro auf 300 Euro gesenkt – „aber auch damit hat sich die Anlage für den Konzern längst amortisiert.“

Was den Messpreis betrifft, so bekommt Naumann nicht wie bei seinem Stromanbieter eine E-Mail mit der Aufforderung, den aktuellen Zählerstand einzutragen. „Unser Haus wurde so konzipiert, dass alles online passieren kann; dass alle Instrumente – Strom, Fernwärme und Wasser – von der Ferne ausgelesen werden können.“ Realisiert worden sei dies bis heute jedoch nicht vollständig. Deshalb laufe mehrmals im Jahr jemand durch die Siedlung, um die Geräte abzulesen, da der Arbeitspreis monatlich neu ermittelt werde, sagt Naumann. Er ist sich sicher, dass der Preis von 27 Euro im Jahr nicht gerechtfertigt ist: „Bei Wasser und Strom verlangt auch kein Anbieter so viel Geld für das Zählerablesen.“

Grundpreis drei: Das Ablesen der Messinstrumente – Kosten: 27 Euro im Jahr.
Grundpreis drei: Das Ablesen der Messinstrumente – Kosten: 27 Euro im Jahr.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung

Wer steckt aber hinter solch einer umstrittenen Preispolitik? Der Fernwärme-Versorger des Mannes ist die Mannheimer MVV Energie AG. Die börsennotiere Gesellschaft ist nach eigenen Angaben mit über 6100 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 4,2 Milliarden Euro eines der führenden Energieunternehmen in Deutschland. Ansprechpartner für Familie Naumann und die 113 weiteren Einheiten ist die Tochterfirma Econ Solutions, die auch eine Niederlassung in Berlin hat. Das Problem liege aber nicht prinzipiell am Anbieter, merkt Naumann an. „Die hohen Preise bei der Fernwärme haben eigentlich alle“, sagt er und verweist auf seinen Bruder, der in München in einem Mehrfamilienhaus mit Fernwärmeanschluss lebt. „Da ist es so ähnlich: einfach überteuert.“

Teure Wärmenetze: Nutzen Energielobby und Energiekonzerne Kunden aus?

Für die hohen Kosten bei Fernwärmenetzen sieht Naumann auch die mangelnde Regulierung seitens der Politik verantwortlich. „Die Energielobby sitzt den Politikern auf dem Schoß“, sagt er prompt und begründet weiter: „Sie nutzen es schlichtweg aus, dass wir Kunden keine Alternative haben.“ Es klingt dramatisch, wenn Naumann von seinem Anliegen spricht, das anscheinend kein Einzelfall ist: „Wir sind gefangen in diesem Vertrag.“

In der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) steht zwar laut Naumann, dass der Anbieter nur die Kosten weitergeben darf, die er selbst hat – jedoch ist er sich sicher, dass es in der Realität anders aussieht. „Die Formel für die Berechnung des Arbeitspreises orientiert sich an der Preisentwicklung des Gaspreises am Weltmarkt, aber ich gehe davon aus, dass die Energieunternehmen auch langfristige Verträge mit ihren Versorgern haben und die Einkaufspreise deutlich darunter liegen“, sagt Naumann und ergänzt: „Wenn man auch privat schon heute wieder Gasverträge unter neun Cent abschließen kann, dann kann das die MVV auch.“

Er ist mit seiner Auffassung nicht allein, denn auch andere Leser schreiben der Berliner Zeitung, wie sehr sie mit der Gestaltung der Heizpreise der „Energieanbieter-Monopolisten“ unzufrieden seien. Diese liege für sie im hohen Maße im Dunklen und sei weder für die Städte bzw. Kommunen noch die Eigentümer transparent. Naumann stellt jedoch auch klar, dass die Verordnung je nach Betrachter unterschiedlich aufgefasst werden könne. 

In Paragraf 1a Veröffentlichungspflichten steht, im ersten Absatz geschrieben, dass „das Fernwärmeversorgungsunternehmen (…) in leicht zugänglicher und allgemein verständlicher Form in jeweils aktueller Fassung seine allgemeinen Versorgungsbedingungen, einschließlich der dazugehörenden Preisregelungen, Preisanpassungsklauseln und Preiskomponenten, sowie eindeutige Verweise auf die Quellen verwendeter Indizes und Preislisten barrierefrei im Internet zu veröffentlichen“ hat. So hat der Naumann bei der MVV eine Verbraucherbeschwerde eingereicht und sie aufgefordert, ihre Gaskosten offenzulegen. Hat die MVV darauf reagiert?

Familie Naumann heizt mit Fernwärme und muss nicht wie viele andere Deutsche mit dem geplanten Heizungsgesetz umrüsten – doch für welchen Preis?
Familie Naumann heizt mit Fernwärme und muss nicht wie viele andere Deutsche mit dem geplanten Heizungsgesetz umrüsten – doch für welchen Preis?Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung

Die MVV hat darauf begründet, dass die Preisregelung transparent sei, weil sie sowohl die Kostenseite über einen Erdgas-Index des Statistischen Bundesamtes, als auch den deutschen Wärmemarkt über einen Wärmemarkt-Index des Amtes abbilde. Der Konzern gibt weiterhin an, seine Preisregelung für den Arbeitspreis angemessen ins Verhältnis gesetzt zu haben. Genauere Angaben zu den Kosten gibt es laut Naumann in der Antwort des Unternehmens nicht.

Heizungsgesetz: Wer die Wahl hat, hat die Qual – nicht bei der Fernwärme

Wer die Wahl hat, hat die Qual – diese Redewendung trifft bei unserem Gesprächspartner nicht zu. Der Anschluss an die Fernwärme sei vor über 20 Jahren eine Bedingung beim Kauf des Hauses gewesen, da die ganze Siedlung an das Wärmenetz angeschlossen wurde. „Ich habe keine Chance, andere Geräte einzubauen“, legt Naumann nach.

Was würde Naumann anders machen, wenn er die Zügel in der Hand hätte? „Man könnte wie beim Gas dafür sorgen, dass der Anbieter der Fernwärme frei wählbar wäre, damit ein Wettbewerb entsteht.“ Derjenige, der die Rohre verlegt habe, solle nicht alleiniger Versorger bleiben – so wie es bei Stromversorgern, Gasleitungen oder Handynetzen der Fall ist. „Das funktioniert überall, bloß nicht bei der Fernwärme.“ Würde die Politik den Markt öffnen, könnte er sich durch den Wettbewerb liberalisieren und damit die Preise verringern.

Die Reihenhaussiedlung in Berlin-Pankow: 114 Einheiten sind an das Fernwärmenetz der MVV angeschlossen. 
Die Reihenhaussiedlung in Berlin-Pankow: 114 Einheiten sind an das Fernwärmenetz der MVV angeschlossen. Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung

Bei der Lösung sind sich Naumann und Habeck einig: „Wie in Dänemark“

Eine zweite Option aber, die Naumann vorschlägt, umfasst das Gegenteil. „Man könnte die Preise auch total regulieren, wie in Dänemark, wo die Unternehmen nur geringe Gewinne machen dürfen, die wieder reinvestiert werden.“ Laut Rechtsvorschriften ist es den dänischen Wärmeversorgungsunternehmen nicht gestattet, einen Gewinn zu erzielen. Dennoch umfassen die Heizkosten der Verbraucher in Dänemark unter anderem auch die Abschreibung von Vermögenswerten und Finanzierungskosten, damit die Wärmeunternehmen sowohl kurz- als auch langfristig finanziell nachhaltig sein können. 

Auch Habeck verglich beim Fernwärmegipfel Deutschland mit Dänemark, da dort bereits 65 Prozent der Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen seien – hierzulande nur 14 Prozent. Deutschland solle sich daran ein Beispiel nehmen. Aber Ausbau hin oder her, schon jetzt haben Millionen Haushalte in den Ballungsräumen durch unregulierte Monopole einzelner Fernwärme-Anbieter mit hohen Preisen zu kämpfen, sagt auch der Verbraucherzentrale Bundesverband. Ob und wie sich das in Zukunft ändern kann, bleibt vorerst offen. Eins ist jedoch klar: Andreas Naumann spricht aus, was viele Familien in Deutschland derzeit bewegt: „Unter den aktuellen Bedingungen wird der Ausbau des Fernwärmenetzes mit Anschlusszwang ein unkalkulierbares Risiko für den Verbraucher.“

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