Der deutschen Wirtschaft geht die Luft aus. Zum Jahresende prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IWF) Deutschland eine Schrumpfung der Volkswirtschaft um 0,3 Prozent. Doch das hält Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grünen) nicht davon ab, stärker gegen Deutschlands wichtigsten Handelspartner China vorzugehen.
Wie das Handelsblatt am Wochenende berichtete, plant das Wirtschaftsministerium ein umfassendes Gesetzespaket, um den zunehmenden Einfluss Chinas in der deutschen Wirtschaft zu beschränken. Habeck will demnach die Regelungen für die Prüfung ausländischer Investitionen in Deutschland erweitern. Wie es in dem Entwurf für das „Investitionsprüfgesetz“ heißt, soll die Bundesregierung bei einer „Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ die Beteiligung eines Investors aus einem Drittstaat außerhalb der EU an einem deutschen Unternehmen verbieten können.
Habeck will Überwachung von ausländischen Investitionen ausweiten
Habeck will hierfür zum „Schutz deutscher beziehungsweise europäischer Sicherheitsinteressen“ die Gruppe der kritischen Sektoren erweitern, für die besonders strenge Prüfregeln gelten, heißt es im Ministeriumspapier. Es soll klargestellt werden, heißt es in dem Gesetzentwurf, dass auch der Erwerb von Rechten an geistigem Eigentum, etwa über Lizenzvereinbarungen, von der Investitionsprüfung erfasst ist.
Künftig sollen auch Hersteller von Produkten der Bereiche Künstliche Intelligenz, Mikrochips und Cloud-Computing zum Bereich Kritische Infrastruktur zählen. Unternehmensbeteiligungen sollen hier bereits ab einer Schwelle von zehn Prozent vom deutschen Staat geprüft werden, bislang griff die Regel erst ab einer Grenze von 25 Prozent.
Der jüngste Vorstoß von Habeck folgt auf eine Reihe von Maßnahmen, die gegen die chinesische Wirtschaft gerichtet sind. Erst im Juni wurde das zwei Jahre dauernde Schauspiel um den Einstieg des chinesischen Schifffahrtskonzerns Cosco am Hamburger Containerterminal Tollerort beendet. Im Mai hatte Habeck führende Wirtschaftsvertreter und seine eigenen Ministeriumsmitarbeiter brüskiert, als er eine Überwachung deutscher Investitionen in China forderte.
Treibt es Habeck damit nicht zu weit? Peking könnte mit Maßnahmen reagieren, mit denen deutsche Investitionen in China erschwert werden. Deutsche Industrieunternehmen haben im zweiten Quartal dieses Jahres mehr als sieben Prozent ihrer Produkte nach China verkauft. Ein Wegbrechen des Geschäfts könnte die Rezession in Deutschland noch verschärfen.
Und China ist um Retourkutschen nicht verlegen. Erst im Juli hat die Regierung ein umfassenden Exportverbot der seltenen Metalle Germanium und Gallium verhängt, nachdem die USA weitere Sanktionen gegen die chinesische Halbleiterbranche verhängt hatten.
Wirtschaftsanalyst sagt, die Glanzzeiten des chinesischen Wachstums sind vorbei
Der Chefökonom der Berenberg-Bank, Holger Schmieding, ist der Meinung, man solle die Bedeutung der chinesischen Wirtschaft für Deutschland nicht überschätzen. Auf Schmieding geht die Bezeichnung des „kranken Mann Europas“ zurück. Seine Wortschöpfung wurde 1998 vom britischen Wirtschaftsblatt The Economist aufgegriffen und diente als publizistische Vorlage für die Agenda 2010. Heute ist sie wieder in aller Munde.
In einer aktuellen Analyse seiner Bank hebt Schmieding hervor, dass zwar einige deutsche Branchen, beispielsweise die Automobilindustrie, hinsichtlich ihrer Gesamtumsätze und Gewinne stark vom chinesischen Markt abhängig seien. Allerdings würde deren Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft überschätzt: „Die Gewinne, die sie dadurch erzielen, dass sie chinesische Arbeiter beschäftigen, um in China Autos mit Vorleistungen aus China zu montieren und an chinesische Kunden zu verkaufen, spielen für die deutsche Wirtschaft selbst keine große Rolle“, schreibt Schmieding.
„Sie sind nur in bescheidenem Maße von Bedeutung, vor allem weil die teilweise Rückführung der Gewinne in die Zentrale dazu beiträgt, die Gehälter im Inland und die Dividenden an die Minderheit ihrer Aktionäre zu zahlen, die in Deutschland ansässig sind und Steuern zahlen.“




