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EU reguliert Kryptowährungen: Rettet Brüssel ein tot geglaubtes Spekulationsobjekt?

Die EU will den undurchsichtigen Markt für Bitcoin und Co stärker überwachen. Die Kurse der Kryptowährungen sind seither im Aufwind. 

Der Handel mit Bitcoin wird in der EU künftig stärker überwacht.
Der Handel mit Bitcoin wird in der EU künftig stärker überwacht.Berliner Zeitung

Für die einen sind Kryptowährungen die Antwort auf die Bankenkrise, für die anderen Ausdruck ungehemmter Spekulation. Spätestens mit dem Zusammenbruch der größten Kryptobörse FTX im November 2022 galten Digitalwährungen als Auslaufmodell. Nun haben sich die EU-Finanzminister auf neue Regeln zur Regulierung der Kryptowährungen geeinigt – und dem Bitcoin damit neuen Schwung verschafft.

Waffenhandel mit Kryptowährungen

Bislang eigneten sich Bitcoin-Zahlungen wegen des hohen Grads an Anonymität hervorragend, um Waffengeschäfte abzuwickeln. Die rechtsradikalen Attentäter in Halle und im neuseeländischen Christchurch sollen Bauteile für ihre Waffen über Bitcoin-Zahlungen gekauft haben. Und auch der sogenannte Islamische Staat soll sich über Kryptowährungen finanziert haben. Doch Aufsichtsbehörden haben dazugelernt. Mittlerweile lassen sich die Zahlungen besser überwachen. Dies hat die Kassam-Brigaden, den militärischen Arm der islamistischen Hamas, im Mai dazu bewogen, von Spendenaufrufen via Bitcoin Abstand zu nehmen.

Die EU will nun mit der Vorschrift, die Ende April bereits vom EU-Parlament verabschiedet wurde, sicherstellen, dass Kryptotransfers wie andere Finanzgeschäfte zurückverfolgt und verdächtige Transaktionen blockiert werden können. Dies soll für Transaktionen von mehr als 1000 Euro gelten. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) soll ein öffentliches Register für nicht konforme Krypto-Asset-Dienstleister einrichten, die in der Europäischen Union ohne Genehmigung tätig sind. Und um die hohen CO₂-Emissionen zu reduzieren, die beim Schöpfen der Kryptowährungen freigesetzt werden, sollen große Anbieter ihren Energieverbrauch angeben.

Digitalgeld besonders klimaschädlich

Kryptowährungen gelten als äußerst klimaschädlich. Die Herstellung, das sogenannte Schürfen oder Mining, basiert auf der sogenannten Blockchain-Technologie. Alle Bitcoin-Transaktionen werden als kryptografisch verkettete Datenblöcke gespeichert. Ein Netzwerk von Minern (Schürfern) verifiziert dabei jede Transaktion und stellt sicher, dass der Datenblock korrekt erzeugt wurde. Miner, die als Erste eine bestimmte Anzahl von Transaktionen verifizieren und den korrekten Block bereitstellen, werden mit neuen Bitcoins belohnt. Insofern basiert das gesamte System auf steigendem Verbrauch.

Wissenschaftler der Universität von New Mexico in den USA haben den Energiebedarf für das digitale Schürfen berechnet. Demnach hatten die globalen Mining-Aktivitäten im Jahr 2020 einen Stromverbrauch von 75,4 Terawattstunden. Das entspreche mehr als dem damaligen Energieverbrauch Österreichs (69,9 TWh) oder Portugals (48,4 TWh). Die Wissenschaftler schätzen den wirtschaftlichen Schaden, der durch den Energieverbrauch beim Schürfen eines einzigen Bitcoins entsteht, auf 11.314 Dollar. Die gesamten Klimaschäden, die durch alle zwischen 2016 und 2021 geschürften Bitcoins verursacht wurden, sollen bis zu zwölf Milliarden Dollar betragen.

Die Bitcoin-Händler dürften zufrieden mit den Maßnahmen aus Brüssel sein. Denn der undurchsichtige Markt bekommt einen offiziellen Anstrich und wird in Teilbereichen überwacht. Ein wesentliches Schlupfloch spart die EU-Verordnung allerdings aus: „Die Regeln gelten nicht für Übertragungen von Person zu Person, die ohne Anbieter oder zwischen Anbietern, die im eigenen Namen handeln, durchgeführt werden“, heißt es darin. Was bedeutet, dass Geschäfte an den offiziellen Kryptobörsen vorbei weiterhin unreguliert bleiben.

Neue EU-Regeln erfreuen Bitcoin-Händler

Auch die neuen Umweltstandards sind nicht besonders weit gefasst. Im vergangenen Jahr waren Sozialdemokraten, Grüne und Linke im EU-Parlament mit einem Antrag gescheitert, der vorsah, energieintensive Kryptowährungen zu verbieten. Unter dem neuen Regelwerk werden Kryptowährungen hingegen in die EU-Taxonomie aufgenommen und damit als nachhaltig eingestuft.

Der Abgeordnete Stefan Berger (CDU), der die Neuregelung federführend vorangebracht hat, erwartet dadurch einen Wettbewerbsvorteil für die EU. „Die europäische Krypto-Asset-Industrie verfügt über regulatorische Klarheit, die es in Ländern wie den USA nicht gibt.“ Der Markt reagierte positiv auf die Beschlüsse der EU. Ein Bitcoin kostet mittlerweile wieder mehr als 25.000 Euro. Nach dem Absturz der Kryptobörse FTX war der Kurs zeitweilig auf den Wert von 15.300 Euro gesunken.