Besuch in Indien

Öl-Deals mit Russland und Chinas Aufstieg: Kann Habeck die Inder umgarnen?

Wirtschaftsminister Robert Habeck startet eine Charmeoffensive in Indien. Ziel ist es, das Land gegen Russland und China in Stellung zu bringen. Kann er das?

Wenn es nach dem Willen des Westens geht, wird Indiens Premier Narendra Modi einen Keil zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping treiben.
Wenn es nach dem Willen des Westens geht, wird Indiens Premier Narendra Modi einen Keil zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping treiben.Anupam Nath/AP

Globale Handelsthemen werden im Mittelpunkt der Gespräche stehen, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag und Freitag in Neu-Delhi führen wird.

Indien geht auf dem internationalen Parkett seinen eigenen Weg. Das größte Ärgernis für Habeck und den Westen ist die Nähe zu Russland. Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs ist Indien zum Hauptabnehmer russischen Öls geworden. Der russische Rohstoff wird in Indien aufbereitet und als Kraftstoff in die EU eingeführt. Die Sanktionen gegen Russlands Ölsektor sind dadurch nahezu wirkungslos geworden. „Dass Indien durch seine hohen Ölimporte aus Russland aktiv von den Sanktionen gegen Russland und der Gesamtlage profitiert, finde ich nicht richtig“, sagte Habeck am Mittwoch dem Nachrichtensender n-tv. Darüber wolle er mit der indischen Seite sprechen.

Habeck in Neu-Delhi: Indien bleibt auf globaler Ebene unabhängig

Das Verhältnis zu Indien ist auch deshalb von starker Bedeutung, weil sich das Land in einem Spannungsfeld zu China befindet. Die ständigen Scharmützel in der umkämpften Kaschmir-Region belasten das Verhältnis der beiden Staaten. In wichtigen wirtschaftlichen Fragen arbeiten Neu-Delhi und Peking zwar zusammen, wie in dem Staatenbündnis Brics (Akronym für Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), das gerade intensiv über eine globale Währungsreform und eine Alternative zum Dollar-System verhandelt. Gleichzeitig ist Indien aber der Aufstieg Chinas ein Dorn im Auge, weil das Land selbst Anteile im Asien-Geschäft hinzugewinnen möchte.

Zuletzt fand der chinesisch-indische-Wettstreit seinen Ausdruck auf dem Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) Anfang Juli. In der gemeinsamen Abschlusserklärung wurde Zentralasien als „Herzregion“ bezeichnet, in der die Infrastruktur für Handelswege im Rahmen der chinesischen Neuen-Seidenstraße-Initiative bis 2030 eng verzahnt werden sollen. Pikanterweise verwehrte Indiens Ministerpräsident Narendra Modi dem chinesischen Megaprojekt seine Unterstützung und betonte die absolute Souveränität aller SOZ-Staaten beim Infrastrukturbau.

Habeck: Deutschland muss sich gegen USA und China behaupten

Deutschland versucht, Indien enger in die westliche Einflusssphäre zu ziehen. Im Juni unterzeichnete der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius in Neu-Delhi eine Absichtserklärung für die Entwicklung eines deutsch-indisches Rüstungsprojekt. Demnach sollen die beteiligten Unternehmen Thyssenkrupp-Marine-Systems und Magazon Dock Shipbuilders gemeinsam sechs U-Boote entwickeln. 

Habeck hofft auch auf Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Indien. „Wir müssen uns schon bemühen und im globalen Wettbewerb mitspielen, statt an der Seitenlinie zu stehen“, sagte er n-tv. Die EU und Deutschland müssten sich gegen China und die USA behaupten – dafür seien Partner nötig. Dabei wird Habeck auch an die Konkurrenz in Paris gedacht haben: Zuletzt nahm Modi am 14. Juli bei der Parade zum französischen Nationalfeiertag teil und ließ sich von Präsident Emmanuel Macron ausführlich Waffensysteme aus französischer Produktion vorführen. 

Ob Modi noch lange für die deutschen Interessen Ansprechpartner sein wird, ist fraglich. Denn am Dienstag haben sich in Indien 26 Oppositionsparteien zu dem Wahlbündnis India (Indias National Developmental Inclusive Alliance) zusammengeschlossen, um die hindunationalistische Partei des amtierenden Ministerpräsidenten bei den nächsten Wahlen herauszufordern. Modi fährt im Inland einen repressiven Kurs: Medienkonzentration, zunehmende Überwachung der Bevölkerung und die Verfolgung islamischer Bürger ist unter Modi zur Regierungspraxis geworden. Das Oppositionsbündnis India erklärte: „Das Hauptziel besteht darin, zusammenzustehen, um die Demokratie und die Verfassung zu schützen.“

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