Die russische Wirtschaft wächst trotz des brutalen Ukraine-Krieges und der erheblichen Sanktionen des Westens. Zumindest laut der neusten Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF), der dem Land schon in diesem Jahr ein Wachstum von 1,5 Prozent vorhersagt. Aber auch das private russische Gesamtvermögen ist im ersten Kriegsjahr laut einem Bericht aus der Schweiz gestiegen, sprich: Die Reichen sind noch reicher geworden.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigt sich deswegen enttäuscht von der Wirkung der Sanktionen gegen Russland: „Eigentlich hätten wirtschaftliche Sanktionen wirtschaftliche Auswirkungen. Das ist aber nicht so. Weil eben die Logiken von Demokratien nicht in Autokratien greifen“, sagte die Grünen-Politikerin in einem Interview mit dem Journalisten Stephan Lamby für dessen Buch „Ernstfall. Regieren in Zeiten des Krieges“, das heute erscheint.
Baerbock zu Russland-Sanktionen: Ukraine-Krieg nicht mit „rationalen Maßnahmen“ zu beenden
„Wir haben erlebt, dass mit rationalen Entscheidungen, rationalen Maßnahmen, die man zwischen zivilisierten Regierungen trifft, dieser Krieg nicht zu beenden ist“, so Baerbock weiter. Die Zitate werden von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) veröffentlicht.
Lamby hat das Interview mit Baerbock nach eigenen Angaben am 10. Juli dieses Jahres geführt. Der Buchautor und Dokumentarfilmer hat die Minister der Ampel-Regierung seit dem Tag vor ihrer Vereidigung im Bundestag am 8. Dezember 2021 begleitet, strahlt am 11. September in der ARD einen Film dazu aus und veröffentlich nun auch ein Buch.
Russlands Wirtschaft wächst – doch das ist nicht die ganze Wahrheit
Die Europäische Union (EU) hat am 23. Juni mit dem 11. Sanktionspaket die letzten Strafmaßnahmen gegen Russland verabschiedet. Es zielt auf die Verhinderung der Sanktionsumgehung, damit sanktionierte Länder nicht über Drittländer und Nachbarstaaten nach Russland gelangen. Die EU hat außerdem 87 Organisationen auf die schwarze Liste gesetzt, die im Krieg gegen die Ukraine „den militärisch-industriellen Komplex Russlands direkt unterstützen“. Dabei handelt es sich um Organisationen aus China, Usbekistan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Syrien und Armenien. Während einige Länder wie die Türkei die Grauimporte nach Russland eingeschränkt oder wie Kasachstan und Usbekistan die Zusammenarbeit mit dem alternativen russischen Zahlungssystem eingestellt haben, weigern sich einige Nachbarn wie Kirgisistan, die Sanktionen des Westens zu implementieren.
Die russische Wirtschaft soll in diesem Jahr nach einem offiziellen Leistungsrückgang um 2,1 Prozent 2022 zwar wachsen, doch dieser Faktor allein spiegelt nicht die realen Prozesse in der russischen Wirtschaft wider: Die Importe übertreffen die Exporte, die Staatseinnahmen senken, der Rubel stürzt ab und die Inflation beginnt wieder zu galoppieren. Der technologische Rückstand verstärkt sich und kann nicht durch die massiven Importe aus China kompensiert werden. Parallel wird die Kriegswirtschaft in Russland ausgebaut und die Produktion von Waffen und Munition massiv gesteigert. Diese Entwicklung verschönert am Ende auch die Wachstumsstatistik.



