Wenn du vier Gegentreffer kassiert hast und dein bester Spieler dennoch der Torwart war, dann sagt das eine ganze Menge über den Zustand deiner Fußballmannschaft. Marc-André ter Stegen parierte beim 1:4 gegen Japan dreimal, als gegnerische Spieler alleine vor ihm auftauchten. In der Nachspielzeit rannten sogar zwei Japaner mit Ball auf den armen deutschen Keeper zu, Abwehrmann Antonio Rüdiger unterließ eine mögliche Hilfestellung und brach die Verfolgung ab, ter Stegen war machtlos gegen das 1:3, dem wenig später das 1:4 folgte, weil kein deutscher Abwehrspieler auch nur annähernd noch aufgepasst hatte, weder bei der Flanke noch beim anschließenden Kopfball.
Offensivtrainer Hansi Flick kriegt die Schotten nicht dicht
Wieder einmal waren im deutschen Team, für das sich der Begriff Mannschaft verbietet, alle Systeme ausgefallen. Und es gab nirgendwo ein Notstromaggregat, das zumindest das Schlimmste hätte verhindern können. So fühlt sich die nächste Heimpleite nach Ungarn vergangenen Herbst (0:1), der Ukraine (3:3 verloren) und Kolumbien (0:2) im Frühsommer nun gegen Japan (1:4) ganz genauso schlimm an, wie das Ergebnis es deuten lässt. Der erklärte Offensivtrainer Flick kriegt die Schotten nicht dicht.
Natürlich ist ein neuer Bundestrainer eine notwendige Reaktion auf das, was die Agenturen am Sonntag wahlweise als „Blamage“ oder „Bankrotterklärung“ auswiesen. Die Statistik spricht eine unwiderlegbare nonverbale Sprache. Nur vier Siege aus den vergangenen 17 Spielen zeugen von einer Entwicklung, die selbst ausgewiesene Realisten nach dem Katar-Aus in dieser brachialen Form nicht erwartet hätten. Sportlich hat sich nach 25 Begegnungen unter Flicks dysfunktionaler Führung nichts mehr in eine Hoffnung verbreitende Richtung entwickelt.
Und auch sportpolitisch hat der Verband mit seiner lächerlichen Taskforce versagt. Es gab schlichtweg keinen plausiblen Grund, mit Flick nach der WM ein „Weiter so“ zu verabreden. Dafür sind unmittelbar nach der WM zwei führende Funktionäre, DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Hans-Joachim Watzke, zuständig gewesen. Neuendorf kündigte öffentlichkeitswirksam noch am Airport Doha einen strukturierten Prozess an. Der hat so nie wirklich stattgefunden, auch wenn die Protagonisten das Gegenteil behaupten.
Wie eine Fußballmannschaft zu funktionieren hat, dafür haben die Japaner in Wolfsburg perfekte Vorbilder abgegeben. Dass die Asiaten auch technisch und taktisch zwei Klassen besser unterwegs waren als die Deutschen, konnte niemandem nicht aufgefallen sein. Das ist das eigentlich Erschreckende. Die Ergüsse von Watzke, dem mächtigsten Mann im deutschen Fußball, zur Nachwuchsförderung haben die Defizite in der strategischen Zukunftsplanung punktgenau getroffen. Der deutsche Fußball – ein Jammertal allerorten.



