Überzeugender Saisonauftakt

1. FC Union Berlin: Neue Bestmarken und ein frisches Transfergerücht

Eindrucksvoll untermauerte der 1. FC Union Berlin schon am ersten Spieltag der neuen Saison seine Ambitionen, Bestmarken inklusive.

Doppelt hatte Kevin Behrens in der Bundesliga noch nie getroffen, jetzt gelangen ihm drei Tore – alle mit dem Kopf.
Doppelt hatte Kevin Behrens in der Bundesliga noch nie getroffen, jetzt gelangen ihm drei Tore – alle mit dem Kopf.Andreas Gora/dpa

Die Choreografie war optisch mal wieder ziemlich beeindruckend. „Unser Schlüssel zum Erfolg: Nie zu vergessen, woher wir kommen“, stand auf zwei großen Bannern, die der harte Kern der Fans des 1. FC Union Berlin vor dem Spiel gegen den FSV Mainz 05 (4:1) entrollte. Angesichts der Dominanz, mit der ihre Mannschaft in den 90 Minuten dann auftrat, angesichts des Spielermaterials, das nicht nur auf dem Platz stand, sondern auch auf der Bank und der Tribüne saß, dürfte das vielen Anhängern zunehmend schwerer fallen.

Ihr Verein überholt sich in einem derartigen Tempo selbst, dass man schon beim Zuschauen ein wenig außer Atem gerät. Die Gäste, eine gestandene Bundesliga-Mannschaft, die personell im Vergleich zur Vorsaison fast unverändert in die Hauptstadt gereist war, sahen in der ersten Halbzeit überhaupt kein Land und wurden auch nach der Pause in den entscheidenden Situationen von der Wucht der Köpenicker überrascht. Ganz speziell von der Wucht Kevin Behrens’.

Immer wieder glänzend von seinen Mitspielern in Szene gesetzt, schnürte der bullige Angreifer einen Dreierpack. Nach 53 Sekunden war der gebürtige Bremer erstmals zur Stelle, in den Minuten neun und 70 legte er noch nach – ausnahmslos per Kopf. Seit Beginn der detaillierten Datenerfassung in der Saison 1998/99 hatte noch kein Profi in einem Bundesligaspiel drei Treffer mit dem Kopf erzielt. Er habe keine Angst in den Luftduellen, sei schon in seiner Jugend auf dem Platz immer in Zweikämpfe gegangen, wo es von Zeit zu Zeit auch mal richtig wehtun kann, erzählte der Matchwinner hinterher.

Furchtlos, viel mehr noch kühl und abgezockt agierte auch der zweite große Gewinner des Tages. Torhüter Frederik Rönnow hielt gleich zwei Strafstöße des Mainzers Ludovic Ajorque und verhinderte damit, dass das Spiel möglicherweise noch eine völlig andere Richtung hätte einschlagen können. Bestmarke auch hier: Zwei Strafstöße in einem Spiel hatte der Däne noch nie gehalten. In der Bundesliga hatten bislang sogar alle elf Schützen, die gegen Rönnow angetreten waren, ihre Versuche verwandelt.

Es gab so viele Geschichten zu erzählen am Sonntag. Aljoscha Kemlein, sportlich gereift im eigenen Nachwuchs, feierte sein von den Fans frenetisch bejubeltes Bundesliga-Debüt. Josip Juranovic, Star-Einkauf des letzten Winters, blieb überraschend 90 Minuten auf der Bank und soll sich ein Jahr vor der Europameisterschaft plötzlich mit Wechselgedanken beschäftigen. Premier-League-Klub FC Fulham hat Interesse. Mikkel Kaufmann und Benedict Hollerbach, ganz neu im Köpenicker Aufgebot, schafften es nicht einmal in den Spieltagskader. Und schaut man sich die aktuelle Verletztenliste an, die in den kommenden Wochen eher kürzer als länger werden dürfte, wird sich daran auf absehbare Zeit auch nichts ändern.

Mit Rani Khedira, Lucas Tousart, Janik Haberer und András Schäfer fehlten vier Spieler, die unter Trainer Urs Fischer ernst zu nehmende Kandidaten für die Startelf sind. Die namhaftesten Transfers des Sommers, Robin Gosens und Kevin Volland, saßen noch auf der Bank – wobei vor allem Volland bei der sehenswerten Vorarbeit zum 4:1-Endstand durch Milos Pantovic (90.+6) schon in einer einzigen Aktion andeutete, was Trainerteam, Mitspieler und Fans von ihm erwarten dürfen.

Urs Fischer hat personell die Qual der Wahl, steht dennoch vor der Herausforderung seine Schäfchen alle bei Laune zu halten. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass der 1. FC Union Berlin mit dem mit Abstand besten Kader der Vereinsgeschichte auch in der neuen Saison um die europäischen Plätze spielen wird. Nächster Halt ist am Sonnabend (15.30 Uhr) in Darmstadt. Gleichzeitig dürfte es bis zum Deadline Day am 31. August noch einige Abgänge geben. Juranovic zählt nicht zu den heißesten Kandidaten, dafür aber Sheraldo Becker, Jordan Siebatcheu, Dominique Heintz, Tim Skarke und trotz seines Treffers gegen Mainz auch Pantovic.