Ratgeber

Honig oder Zucker, Butter oder Margarine? Expertin räumt mit Ernährungsmythen auf

Entzieht Kaffee dem Körper Wasser? Macht Bier dick? Wieso trinkt man Verdauungsschnaps? Diese und weitere Fragen klärt Ernährungsberaterin Veronika Albers.

Dies oder das? Was ist gesund, was nicht? Viele vermeintliche Wahrheiten stimmen nicht.
Dies oder das? Was ist gesund, was nicht? Viele vermeintliche Wahrheiten stimmen nicht.Fotoillustration: Roshanak Amini für Berliner Zeitung. Bilder: Imago

Rund ums Essen kursieren viele Weisheiten und Mythen. Manche davon stimmen, andere nicht, und einige werden durch neue Forschungsergebnisse plötzlich wieder anders bewertet. Wer soll da den Überblick behalten?

Die Expertin Veronika Albers von der Ernährungstherapie-App Oviva kann das. Sie weiß genau, welche Annahmen übers Essen richtig sind und welche wir vergessen sollten. Immerhin ist das ihr Job. In der Berliner Zeitung klärt sie sieben der gängigsten Fragen rund um gesunde Ernährung.

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1. Entzieht Kaffee dem Körper Wasser?

Ein Klassiker: Es heißt, dass man zu jeder Tasse Kaffee ein Glas Wasser trinken soll, weil der Kaffee dem Körper Wasser entzieht und das logischerweise ausgeglichen werden müsse, damit man ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt ist.

„Der Gedanke ist naheliegend, weil Kaffee bei einigen Menschen tatsächlich den Harndrang fördert und man häufiger auf die Toilette muss“, weiß Veronika Albers.

Die Idee dahinter: Der Kaffee führt dazu, dass man mehr ausscheidet, als man sollte. Allerdings hat das eine nichts mit dem anderen zu tun. „Kaffee kann die Filterfunktion der Nieren anregen“, so die Ernährungsberaterin. „Er läuft gewissermaßen schneller durch. Aber das heißt eben nicht, dass der Kaffee auf dem Weg durch den Körper irgendwo Wasser entzieht.“

Eine Fehlannahme also. „Das ist tatsächlich widerlegt“, bestätigt Albers. „Mittlerweile zählt jede Tasse Kaffee ganz normal zum Trinkvolumen dazu.“

2. Wer täglich Salat isst, lebt gesund. Korrekt?

„Salat ist in der Tat sehr gesund, was vor allem daran liegt, dass er gemessen am Volumen sehr wenige Kalorien hat, dafür aber sehr viele Nähr- und Ballaststoffe“, fasst die Expertin zusammen. „Durch die Menge hat man ein gutes Sättigungsgefühl, und die Ballaststoffe sind gut für die Darmgesundheit.“

Die enthaltenen Nährstoffe – Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe – sind für viele Körperfunktionen wichtig, darunter die Hauterneuerung, aber auch für die Nerven. Wer also gesund bleiben möchte, sollte häufig(er) zum Salat greifen.

Aber Salat alleine reicht nicht aus. Zwar ist prinzipiell jeder Salat gut, aber wenn Sie sich ansonsten von Fertiggerichten ernähren, keinen Sport machen, vielleicht sogar rauchen, könnte man wohl nicht von einem insgesamt gesunden Lebensstil sprechen.

Übrigens: Es ist aus ernährungstechnischer Sicht besser, den Salatkopf erst abzuspülen und dann zu zerkleinern, wie Veronika Albers erklärt: „Beim Schneiden werden die Zellwände beschädigt, sodass Nährstoffe herausgespült werden können.“

3. Sind Möhren tatsächlich gut für die Augen?

Das in Karotten enthaltene Vitamin A „ist definitiv gut für die Augen“, sagt die Ernährungsberaterin. „Allerdings ist es ein fettlösliches Vitamin, das heißt, dass man ein bisschen Öl braucht, damit der Körper es aufnehmen kann.“

Und noch eine Hürde kommt hinzu: „Das Vitamin A steckt in der Zellstruktur und man bekommt es im rohen Zustand nicht aus der Möhre gelöst“, so Veronika Albers. „Nur durch einen leichten Kochprozess bekommt man das Vitamin A heraus.“

Das heißt: Wer rohe Möhren knabbert, nimmt zwar viele gesunde Ballaststoffe und ebenso gesundheitsfördernde sekundäre Pflanzenstoffe samt diverser Nährstoffe zu sich, aber kein Vitamin A. Das bekommt man nur, wenn man die Mohrrüben anschwitzt, dünstet oder kocht. Das Gemüse darf ruhig noch al dente sein.

Bei einer vorhandenen Sehschwäche helfen Möhren zwar nicht, aber „wer in Folge eines Vitamin-A-Mangels eine leichte Sehschwäche entwickelt hat, kann dem entgegenwirken. Und auch vorbeugend sind sie gut, um die Gesundheit der Augen zu erhalten. Es ist kein Mythos, dass Karotten gut für die Augen sind“, sagt die Fachfrau.

4. Margarine ist gesünder als Butter – wegen des Cholesterins!

Lange Zeit hieß es, Butter würde den Cholesterinspiegel in die Höhe treiben, weshalb vor allem Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen angehalten waren, darauf zu verzichten. Gleiches galt für Eier. Und beide Lebensmittel sind mittlerweile rehabilitiert.

Zwar sei im Thema Margarine versus Butter „noch immer viel Bewegung“, sagt Veronika Albers, „aber dass das eine gesünder als das andere ist, lässt sich pauschal nicht sagen“.

So sei die Butter zunächst einmal ein Naturprodukt, das zu 80 Prozent aus tierischen Fetten – genauer: aus Milch – besteht. „Die Butter ist ein sehr reines Produkt, das ohne viele Zusätze auskommt und einen guten Geschmack mitbringt“, so die Ernährungsberaterin.

Allerdings enthält die Butter auch viele gesättigte Fettsäuren, die sich wiederum „negativ auf die Blutfettwerte auswirken können, wobei es natürlich zu bedenken gilt, wie viel Butter man tatsächlich zu sich nimmt. In der Regel sind das nicht so hohe Mengen, dass man sich um seine Gesundheit sorgen müsste“, erklärt die Oviva-Expertin.

Man müsse keine Angst vor Butter haben, allerhöchstens einen Blick auf die Menge haben. Wer Herz-Kreislauf-Probleme hat, sollte neben der Butter auf dem Brot nicht vielleicht auch noch Butterkuchen, Kartoffelbrei, Buttergemüse oder Soßen auf Mehlschwitzenbasis essen.

Die Margarine hingegen ist ein künstliches Produkt, bei dem man auf die Zutatenliste schauen sollte. „Wenn dort aufgeführt ist, dass viele ungesättigte Fettsäuren enthalten sind, ist das gut und gesund. Transfettsäuren hingegen, die ausgewiesen sein müssen, sind schädlich für den Körper“, so Veronika Albers. „Aber auch da muss man schauen, wie viel man tatsächlich zu sich nimmt.“

Was jedoch ein echter Trugschluss sei, wäre die Annahme, man würde mit einer Halbfettmargarine Fett und somit Kalorien sparen. „Da zahlt man letztlich für 50 Prozent Wasser“, weiß die Expertin. Ähnliches gilt für Joghurtbutter. Da werde durch den Joghurt zwar der Fettanteil reduziert, aber gesünder werde das Produkt dadurch nicht.

„Insgesamt sollten dennoch Butter sowohl als auch Margarine nur in Maßen gegessen werden“, empfiehlt Veronika Albers. Zudem müsse man bei der Zubereitung der Speisen auf die Menge achten: „Denn eines haben beide gemeinsam, viele Kalorien.“

5. Honig ist gesünder als Zucker. Oder?

Man möchte annehmen, dass das Naturprodukt Honig gesünder sei als raffinierter Zucker. Aber auch der Honig besteht zu rund 80 Prozent aus Zucker, der Rest ist zum Großteil Wasser sowie einige Proteine, Enzyme, Vitamine und andere Nährstoffe – jeweils jedoch in sehr geringer Konzentration.

Und so sagt Veronika Albers dann auch: „Honig und klassischer Zucker sind beides klare Zuckerformen, wobei der Honig eher eine übersättigte Zuckerlösung ist, die aus verschiedenen Zuckerarten besteht.“

Für Menschen mit Diabetes macht es im Prinzip keinen Unterschied, ob sie sich ihren Tee mit Honig oder Zucker süßen. Geschmacklich liegen aber durchaus Welten zwischen dem geschmacksneutralen, einfach nur süßen Industriezucker und einem Honigprodukt.

6. Stimmt es, dass ein Verdauungsschnaps den Magen aufräumt?

„Das ist ein Mythos, ja. Zwar entspannt der Alkohol die Magenmuskulatur und gibt uns ein wohliges Gefühl, aber andererseits verzögert er auch die Verdauung“, sagt Veronika Albers. „Alkohol räumt den Magen nicht auf.“

Da Alkohol ein Gift ist, möchte der Körper es schnellstmöglich abbauen. Hierfür stellt er die Verdauung hinten an. „Dadurch hat die Mahlzeit eine längere Verweildauer im Magen. Wir erreichen durch den Verdauungsschnaps also eigentlich das Gegenteil von dem, was wir wollen, nämlich dass das Essen weiterrutscht“, so die Fachfrau. „Der Körper baut immer erst den Alkohol ab, dann alles andere.“

7. Macht Bier wirklich dick?

Alkohol und somit auch Bier hat „einen hohen Kaloriengehalt“, sagt Veronika Albers. Deswegen kann Bier auch dick machen. „Ein halber Liter enthält etwa 215 Kalorien, ein Stück Obstkuchen um die 430.“

Zwar bekomme man vom Biertrinken nicht automatisch einen Bierbauch, das hänge auch ganz viel von der sonstigen Ernährungs- und Lebensweise ab, so die Expertin, aber einen Beitrag zu entsprechenden Pölsterchen leistet der Alkohol durchaus.

Abgesehen vom reinen Kaloriengehalt des Bieres hat der Alkoholkonsum einen weiteren Effekt, der zu einer Gewichtszunahme führen kann: Man bekommt Hunger, meistens auf kalorienhaltiges Essen.

„Etwa eine bis zwei Stunden nach dem Alkoholkonsum merkt man, dass man hungrig ist. Das liegt daran, dass der Körper zuerst den Alkohol abbaut. Dadurch wird der Blutzuckerspiegel gehemmt und Heißhunger entsteht“, fasst die Ernährungsberaterin zusammen.

Wissenschaftler vermuten zudem, dass durch den Alkoholgenuss Gehirnzellen angeregt werden, die den Appetit fördern. Der berühmte Suffhunger ist also ein ganz natürlicher Vorgang. Den kann man mit alkoholfreiem Bier zwar vermeiden, aber kalorientechnisch gewinnt man mit dem Getränk leider auch nichts.