Ratgeber

Alkohol zur Jugendweihe: Wie viel dürfen junge Menschen trinken?

Zur Jugendweihe dürfen viele Jugendliche erstmals einen Sekt oder ein Bierchen trinken. Ist das überhaupt erlaubt? Und wie viel sollte es maximal sein?

Viele Eltern erlauben ihren Kindern zur Jugendweihe, erstmals Alkohol zu trinken.
Viele Eltern erlauben ihren Kindern zur Jugendweihe, erstmals Alkohol zu trinken.Fotoillustration: Roshanak Amini für Berliner Zeitung am Wochenende. Bilder: Imago

Wie in jedem Frühling feiern auch dieses Jahr wieder Tausende 14- und 15-Jährige ihre Jugendweihe. Es ist der – mehr oder weniger offizielle – Eintritt ins Erwachsenenalter, der hierzulande vielerorts fast schon rituell mit Alkohol begossen wird. 

Viele Erwachsene haben selbst bei ihrer eigenen Jugendweihe den ersten Schwips gehabt und ermuntern Jugendliche nun, doch mal zu probieren: ein Gläschen Sekt, ein kleines Bier oder eben ein gesüßtes Mischgetränk, damit’s einen nicht schüttelt.

In Zeiten, in denen es einen weltweit zelebrierten Dry January gibt, also den einmonatigen Verzicht auf Alkohol, und die durch Forschung belegte Erkenntnis, dass das eine Glas Rotwein am Abend nicht gesundheitsfördernd ist, scheint es merkwürdig, junge Menschen, die noch im Wachstum sind, zum Alkoholkonsum zu animieren.

„Bundesweit liegt der durchschnittliche Erstkonsum bei 15 Jahren und damit vor dem gesetzlichen Mindestalter“, schreibt die Berliner Fachstelle für Suchtprävention. Wer unter 16 Jahren ist, darf laut Jugendschutzgesetz keinen Alkohol trinken. Und auch danach sind nur Sekt, Bier und Wein erlaubt, härterer Alkohol erst ab 18 Jahren.

Es gibt jedoch eine Ausnahme, wie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erklärt: Jugendliche ab 14 Jahren dürfen Bier, Sekt oder Wein trinken, „wenn die Eltern dabei sind. (…) Eltern können hier auch keine erziehungsbeauftragte Person bestimmen.“

Allerdings ist „diese Regelung seit Jahren Gegenstand intensiver Diskussionen, insbesondere unter gesundheitlichen Gesichtspunkten“, sagt Christina Schadt, Referentin bei der Berliner Fachstelle für Suchtprävention in Mitte. Denn wie so oft im Leben gilt auch hier: Nur weil etwas erlaubt ist, heißt es nicht, dass es richtig ist.

Dürfen Jugendliche bei der Jugendweihe Alkohol trinken?

Rein rechtlich wäre es also in Ordnung, wenn die Jugendlichen mit einem Glas Sekt auf ihre Jugendweihe anstoßen – allerdings nur im Beisein und mit Einverständnis der Eltern. Verboten sind laut BMFSFJ für alle unter 18 Jahren „Schnaps, Likör, Grappa, Wodka, Alkopops, Mixgetränke wie Cola-Rum oder alkoholhaltige Lebensmittel wie Weinbrandbohnen“.

So will es der Gesetzgeber. Die Realität hingegen sieht anders aus: „8,7 Prozent der Jugendlichen (12–17 Jahre) trinken regelmäßig Alkohol und etwa jede:r dritte junge Erwachsene hat in den letzten 30 Tagen Alkohol in riskanter Weise (‚Rauschtrinken‘) konsumiert“, steht auf der Website der Suchtpräventions-Fachstelle, die damit eine Studie aus dem Jahr 2022 zitiert.

„Der Konsum von psychoaktiven Substanzen ist grundsätzlich mit Risiken verbunden“, so Schadt. „Entscheidend ist deshalb, dass Jugendliche, aber auch Erwachsene, sich mit den Risiken auseinandersetzen, sich der möglichen Gefahren und Folgen riskanten Konsums bewusst sind und Strategien zur Risikominimierung anwenden.“

Es gehe darum, mit gutem Beispiel voranzugehen und das eigene Trinkverhalten zu hinterfragen. „Gerade junge Menschen sollten frühzeitig in ihrer Konsum- und Risikokompetenz gestärkt werden“, rät die Expertin. Mittlerweile wisse man, „dass das Risiko, einen problematischen Konsum oder eine Sucht zu entwickeln, höher ist, je früher man anfängt zu konsumieren. Hintergrund ist, dass sich bei Jugendlichen Körper und Psyche noch in der Entwicklung befinden, zum Beispiel ist das Gehirn im Jugendalter noch nicht vollständig ausgereift, sodass Konsum für sie mit einem höheren Risiko verbunden ist als für Erwachsene.“

Deshalb gelte, dass es umso besser sei, je später Jugendliche mit dem Alkoholtrinken anfangen. Und wenn sie dann das erste Mal Bier, Sekt oder Wein probieren, sollten sie wissen, welche Gefahren damit einhergehen können. Es ist die Aufgabe der Eltern, darüber mit ihren Kindern zu sprechen und ihnen im besten Fall sogar beizubringen, wann und wie man Nein sagen sollte.

Die Expertin ergänzt: „Das Umfeld trägt hier auch stark dazu bei, wie der Umgang mit Alkohol gestaltet wird. Das beeinflusst Jugendliche, wie sie selbst mit Alkohol umgehen und für wie selbstverständlich sie Alkoholkonsum halten. Steht es zum Beispiel überhaupt zur Auswahl, die Jugendweihe auch ohne Alkohol zu feiern? Werden auch bei anderen Festen attraktive alkoholfreie Alternativen angeboten? Wird negativ kommentiert, wenn jemand keinen Alkohol trinken möchte? Solche und andere Aspekte gestalten die Kultur im Umgang mit Alkohol.“

Klare Ansage: Wie viel Alkohol ist für Jugendliche okay?

Auf die Frage, wie viele Gläser Alkohol für Jugendliche vertretbar sind, antwortet die Google-KI: „Für Jugendliche ist es aus gesundheitlicher Sicht am besten, überhaupt keinen Alkohol zu trinken. Da sich der Körper noch in der Entwicklung befindet, können selbst kleine Mengen Alkohol negative Auswirkungen haben.“

Das ist eine treffende Zusammenfassung der aktuellen Empfehlung von Fachleuten, wie Christina Schadt betont: „Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat kürzlich ihre Empfehlungen zum risikoarmen Alkoholkonsum grundlegend überarbeitet. Während früher galt, dass ein bis zwei Standardgläser pro Tag bei zwei alkoholfreien Tagen pro Woche als unbedenklich gelten könnten, rät die WHO inzwischen grundsätzlich vom Konsum alkoholischer Getränke ab: Es ist in jedem Alter am besten, ganz auf Alkohol zu verzichten. Alkohol ist ein Zellgift, das bereits in geringen Mengen die Gesundheit schädigen kann.“

Daher lautet der konkrete Ratschlag, dass man am besten verzichtet, es aber auch nicht versäumt, mit seinem heranwachsenden Kind schon im Vorfeld „über die Risiken von Alkohol und über Handlungsmöglichkeiten und Grenzen“ zu sprechen, so die Referentin.

Beim ersten Probieren von alkoholischen Getränken gehe es nicht nur darum herauszufinden, wie das schmeckt und wirkt, sondern auch, trotz Rauschwirkung Verantwortung – für sich selbst und andere – zu übernehmen. Das gehört zum Erwachsenwerden dazu und sollte ebenso mit dem oder der Jugendlichen besprochen werden wie die Auswirkungen von Gruppendruck.

„Das lässt sich meist am besten thematisieren, indem man diese Themen offen anspricht, als Eltern eine klare Haltung vertritt, die Risiken berücksichtigt, und sich als Eltern auch für die Meinung und Haltung des oder der Jugendlichen interessiert“, weiß die Expertin.

Sind Mixgetränke besser oder gefährlicher als Bier, Sekt und Wein?

Was den Alkoholgehalt angeht, unterscheiden sich Mixgetränke häufig nicht von nicht-hochprozentigen Getränken wie Bier, Sekt und Wein. Allerdings bringen sie vergleichsweise „spezifischere Risiken mit sich“, so Schadt.

„Da Alkohol-Mixgetränke in der Regel mit süßen Getränken wie Limonade oder Cola gemischt werden und die Süße dieser Getränke den Alkoholgeschmack überdecken kann, kann es dazu kommen, dass Jugendliche unbeabsichtigt mehr trinken und nicht einschätzen können, wie viel Alkohol sie schon konsumiert haben“, ergänzt sie.

Das dürften viele Erwachsene vom Cocktailtrinken kennen. Hinzu komme, ergänzt die Expertin, „dass die Wirkung von Alkohol in der Regel erst zwischen 20 und 45 Minuten nach dem Konsum eintritt. Und das bedeutet, dass Jugendliche in der Zwischenzeit weitertrinken könnten, ohne die bereits konsumierte Menge realistisch wahrzunehmen oder die beginnende Wirkung einzuschätzen.“

Nicht zuletzt deshalb sollten Eltern bei den ersten Trinkversuchen dabei sein und darauf achten, dass es zunächst bei einem Glas bleibt beziehungsweise dass nicht zu viel auf einmal getrunken wird.