Rede für die Freiheit

Swetlana Tichanowskaja: „Wir kämpfen jetzt für die Existenz von Belarus“

Die belarussische Oppositionsführerin sprach am Montagabend in Berlin darüber, wie der Krieg in der Ukraine die Freiheitsbewegung in ihrem Land verändert hat.

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja am Montagabend bei der Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung
Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja am Montagabend bei der Veranstaltung der Friedrich-Naumann-StiftungCarsten Koall/dpa

Seit drei Jahren kämpft Swetlana Tichanowskaja gegen einen übermächtigen Gegner – den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. Sie hat – gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo - die Präsidentschaftswahl gegen ihn gewonnen. Doch Lukaschenko ist noch an der Macht, sie und Veronika Zepkalo mussten ins Exil fliehen. Maria Kolesnikowa wollte nicht gehen – und sitzt seitdem im Gefängnis. Am Montag hatte sie Geburtstag – den dritten, den sie hinter Gittern erlebt.

Vielleicht klang Swetlana Tichanowskajas „Rede für die Freiheit“ am Montag deshalb sehr nachdenklich – und bewegend. Die 40-Jährige lebt seit ihrer erzwungenen Flucht mit ihren Kindern in Litauen, nach Berlin war sie auf Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung gekommen. Im voll besetzten Foyer des Allianz-Forums am Brandenburger Tor erzählte sie von ihrem Kampf, der oft romantisiert werde, wie sie sagte.

„Wir alle erinnern uns an die schönen Bilder der Massenproteste in Belarus, als Hundertausende auf die Straßen gingen“, sagte sie. „Doch es gibt auch ein anderes, dunkleres Bild dieses Kampfes, denn der Weg zur Freiheit ist mit Schmerz, Tränen und Leid gepflastert.“ Es sei schwer, optimistisch zu bleiben, wenn man wisse, dass den Freunden zu Hause Folter und lange Haft drohe oder gar die Todesstrafe.

Sie machte dennoch keinen Hehl daraus, dass sie weiter für die Befreiung ihres Landes kämpfen und dass die Freiheit letztlich siegen werde. Sie erzählte davon, wie sie und ihre beiden Mitstreiterinnen in Vertretung der Ehemänner, die inhaftiert worden waren, zur Wahl in Belarus antraten, wie sie gewannen und deswegen vertrieben oder eingesperrt wurden. „Ich setze meinen Kampf im Exil fort“, so Tichanowskaja. „Hunderte von Initiativen, die vom Regime vertrieben wurden, setzen ihre Arbeit ebenfalls im Exil fort. Aber wir alle haben den gleichen Traum: Nach Hause zurückzukehren, in unser geliebtes Belarus.“

Von außen betrachtet möge es so aussehen, als habe Lukaschenko gewonnen, sagte sie. Doch die Proteste gingen im Untergrund weiter. Maria Kolesnikowa sei auch im Gefängnis ungebrochen: „Sie lächelt immer noch und benutzt ihren roten Lippenstift.“ Alle hätten gehofft, dass der Sieg schneller kommen werde. „Jetzt wissen wir, dass unser Kampf für die Freiheit kein Sprint ist, sondern ein Marathon.“

Man müsse geduldig, aber konsequent sein. Die Menschen hinter Gittern zählten auf jene, die in Freiheit seien. „Tyrannei ist wie Krebs“, sagte Swetlana Tichanowskaja. „Wenn sie nicht vollständig entfernt wird, bildet sie neue Tumore, die mutieren und noch aggressiver werden.“

Der Krieg in der Ukraine habe auch die Lage in Belarus, wo russische Atomwaffen stationiert werden sollen, verschärft. „Im Jahr 2020 haben wir für faire und freie Wahlen gekämpft“, so Tichanowskaja. „Jetzt kämpfen wir um unsere Souveränität und die Existenz von Belarus als Land selbst.“ Das Schicksal ihres Landes und das der Ukraine seien nun miteinander verwoben.

Den Westen rief sie dazu auf, den Kampf in beiden Ländern weiterhin zu unterstützen. „Damit verteidigen Sie auch die Zukunft Europas.“ Selbst kleinste Botschaften der Solidarität gäben den Menschen Kraft, ihren Kampf fortzusetzen.

In der anschließenden Diskussion forderte die FDP-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte, Renata Alt, dass auch gegen Lukaschenko ein internationaler Haftbefehl ausgestellt werden müsse. Gegen jene, die das Regime stützen, sollten personenbezogene Sanktionen erlassen werden.