Klimaschutz

Coup eines Tricksers: Wie der CDU-Politiker Heilmann Habecks Heizungsgesetz stoppte

Der Berliner CDU-Politiker Thomas Heilmann sorgt mit einem juristischen Kniff für Furore. Seine Karriere in der Politik geht wohl dennoch ihrem Ende entgegen.

Der CDU-Politiker Thomas Heilmann am Donnerstag in Berlin
Der CDU-Politiker Thomas Heilmann am Donnerstag in BerlinPolitical-Moments/imago

Es ist die vorläufige Krönung, sozusagen die Kirsche auf der Torte eines schon jetzt sagenhaft umstrittenen Gesetzes. Das Gebäudeenergiegesetz, eines der zentralen Vorhaben der Ampelkoalition, ist gestoppt. Vorerst. Es darf nicht mehr in einem eiligen Verfahren noch in dieser Woche durch den Bundestag gejagt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Thomas Heilmann ist der Sieger. Der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Berlin-Steglitz hatte geklagt. Die Abgeordneten hätten nicht genug Zeit gehabt, das so wichtige und wegweisende Gesetzesvorhaben sachgerecht durchzuarbeiten. Immerhin soll es die Abkehr von der fossilen Wärme regeln. Das Gericht gab Heilmanns Antrag statt.

Zunächst bedeutet das Urteil des höchsten deutschen Gerichts Stillstand, ehe das Gesetz nun im Herbst beschlossen werden könnte. Für Hausbesitzer, Handwerker und Heizungshersteller bedeutet das noch mehr und noch länger Unsicherheit.

Dennoch ist es gut, dass Thomas Heilmann gewonnen hat. Tatsächlich nämlich ist das Gesetzeswerk zu wichtig, um es übers Knie zu brechen. Monatelang haben sich die Ampler die Köpfe darüber zerbrochen. Es wurde auch deswegen so überhitzt diskutiert, weil der Vater dieses Gesetzes, Robert Habecks Staatssekretär Patrick Graichen, Berufliches und Privates nicht immer sauber getrennt hat. Am Ende musste Mister Wärmepumpe gehen, sehr zur Genugtuung der Fossil-Lobby.

In der CDU gilt Thomas Heilmann als Umweltpolitiker

Doch was hat Thomas Heilmann damit zu tun? Na ja, innerhalb der CDU möchte er als Umweltpolitiker wahrgenommen werden, seit vorigem Jahr ist er Chef der CDU-nahen KlimaUnion.

Zu dieser Rolle mag Heilmanns Auftritt am Donnerstagmorgen passen, dem Morgen nach der Entscheidung aus Karlsruhe. Er halte das Heizungsgesetz formell für verfassungswidrig, sagte er, eine Verfassungsbeschwerde dazu komme „so sicher wie das Amen in der Kirche“. Dann wäre das Gesetz später aufgehoben worden, was für den Klimaschutz „die allerschlechteste Lösung“ gewesen wäre. Jetzt gebe es Zeit und Gelegenheit, nachzubessern. Also habe er der Ampel mit seinem Gang nach Karlsruhe einen Gefallen getan.

Der Berliner CDU-Politiker Thomas Heilmann ist ein grandioser Verkäufer seiner selbst

Diese Wendung muss man zweimal lesen, um dann festzuhalten: Chapeau, Herr Heilmann, diesen Spin muss man erst einmal fertigbringen!

Aber glaubt er das wirklich? Wie soll man sich das vorstellen? Ist es dem erklärten Klimaschutzpolitiker wirklich egal, dass etwa sein Parteichef Friedrich Merz das Urteil längst ausgeschlachtet und als schallende Niederlage der Ampel deklariert hat?

Tatsächlich ist solch ein Auftritt dazu geeignet, Thomas Heilmann als das zu erkennen, was er auch ist: ein grandioser Verkäufer seiner selbst.

Aus seiner Zeit als Berliner Justizsenator ist ein Image hängen geblieben, das sich seitdem verfestigt hat. Immer schon war Heilmann mehrgleisig unterwegs. Er war – und ist – Jurist, Geschäftsmann und Politiker in einem. Und nicht allen fiel es immer leicht, die Rollen auseinanderzuhalten.

Thomas Heilmann hätte Richter werden können, stattdessen wurde er Werber und Politiker

Als Justizsenator trat Heilmann auf, „als hätte er nie Jura studiert“, konstatierte damals die taz, so offen sei er an alle möglichen Themen herangegangen. Heilmann, schrieb die Zeitung, sei „vom Typ her ein Antijurist“. Dabei wäre er dank zweier Staatsexamen sogar befähigt, als Richter zu arbeiten. 

Hat er nie gemacht, stattdessen gründete er eine Werbeagentur, die später in dem Branchenriesen Scholz & Friends aufging. Der Deal hat Heilmann nicht nur jede Menge Geld eingebracht, sondern auch exzellente Kontakte in die Wirtschaft. Und diese spielt er immer wieder aus. Auch als Politiker.

Unvergessen ist sein Coup zur Bundestagswahl 2017, als eines Tages ein riesiges CDU-Wahlwerbeplakat auf dem Steglitzer Kreisel in Heilmanns Wahlkreis zu sehen war. Der Clou: Die CDU habe nicht einmal dafür bezahlt beziehungsweise das Plakat als „geldwerte Leistung“ bei der Bundestagsverwaltung angezeigt. Das wäre bei einem Wert von 50.000 Euro und mehr notwendig gewesen. Die Plakataktion habe jedoch nur einen Wert von 35.000 Euro gehabt, so Heilmann. Nicht nur die politische Konkurrenz schäumte über so viel Forschheit.

Diese Spitzfindigkeiten, dieses Ausreizen des Erlaubten, das Image eines Tricksers haben Heilmann Freunde und Mitstreiter gekostet. Nicht zuletzt sein Rückzug vom Vorsitz der Berliner Südwest-CDU wird von vielen als Anfang vom Rückzug aus der Politik gelesen. Es spricht vieles dafür, dass er 2025 nicht noch mal in den Bundestag einzieht.

Vielleicht ein Wort noch zum Kreisel: Zur Zeit des Heilmann-Plakates gehörte der skandalumwitterte hübsch-hässliche Büroturm dem Immobilienunternehmer Christoph Gröner. Das ist jener Mann, der vor zweieinhalb Jahren der Berliner CDU die Rekordsumme von 820.000 Euro zukommen ließ. So viel Nähe ist heikel, selbst unter Millionären!