Thomas Heilmann hat das Heizungsgesetz vorerst gestoppt. Aber das Gebäudeenergiegesetz ist nur eins von mehreren Gesetzgebungsverfahren, die der CDU-Abgeordnete beim Verfassungsgericht moniert hat. „Ich habe 14 Gesetze beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, die alle in ähnlichen Verfahren sind“, sagte Heilmann am Donnerstag in der Bundespressekonferenz auf eine Frage der Berliner Zeitung. In einigen Fällen hätten die Abgeordneten Gesetzesvorlagen erst zehn Minuten vor einer Sitzung bekommen. „Mangelnde Sorgfalt bei Gesetzgebungsverfahren hat es in den vergangenen Wochen häufig gegeben“, kritisierte Heilmann.
Gut zwölf Stunden zuvor hatte er mit seiner Kritik Erfolg gehabt. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Mittwochabend einem Eilantrag Heilmanns gegen das Gesetzgebungsverfahren beim Gebäudeenergiegesetz stattgegeben. Die Karlsruher Richter forderten das Parlament auf, die zweite und dritte Lesung des von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurfs zu verschieben, weil Beratungszeiten zu knapp gewesen seien. Die Koalition verzichtete dann am Donnerstag auf eine Sondersitzung, das Gesetz soll nun Anfang September wieder auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt werden.
Heilmann ging es bei seinem juristischen Schachzug allerdings gar nicht inhaltlich um das Gebäudeenergiegesetz. Er findet das Gesetz sogar gut. Ihm geht es um die Rechte des Parlaments. Mit der Art und Weise, wie das Heizungsgesetz jetzt zustande kommen sollte, wäre aus Heilmanns Sicht ein hohes verfassungsrechtliches Risiko verbunden gewesen. Ein Gesetz dürfe Grundrechte nicht verletzen, es müsse aber auch ordnungsgemäß zustande kommen.
Letzteres sei beim Heizungsgesetz aber nicht der Fall gewesen, sagte Heilmann und zeichnete dann auch gleich ein Bild vom aus seiner Sicht Erwartbaren: Das Gesetz wäre übereilt verabschiedet worden. In einigen Monaten hätte dagegen jemand Verfassungsbeschwerde eingelegt und das Gericht hätte das Gesetz als verfassungswidrig eingestuft. Für den Klimaschutz wäre das die schlechteste aller Möglichkeiten gewesen, so Heilmann. „Eine Verfassungsbeschwerde kommt zu diesem Gesetz so sicher wie das Amen in der Kirche“, sagte Heilmann, „ich habe der Ampel also sogar einen Gefallen getan.“
Es sei jetzt das Mindeste, dass sich der Bundestagsausschuss für Klimaschutz noch einmal gründlich mit den Einschätzungen der Experten auseinandersetze, die diese auch noch weiter ergänzen dürften. „Wenn die Ampel-Mehrheit jetzt nicht in ein ordentliches Verfahren einsteigt, das die Wiederaufnahme der Ausschussberatungen vorsieht, laufen sie Gefahr, dass das Gesetz formell verfassungswidrig ist“, sagte Heilmann.
Thomas Heilmann kritisiert Hetze und mangelnde Sorgfalt im Bundestag
Dem CDU-Politiker geht es allerdings um deutlich mehr als nur das Heizungsgesetz. „Die Verfahren des Deutschen Bundestags leiden seit Längerem an Übereilung, Hetze und mangelnder Sorgfalt“, erklärt Heilmann. Oft sei es vorgekommen, dass die Abgeordneten abends 300 Seiten zu lesen bekommen hätten, die am Morgen abschließend beraten werden sollten. Thomas Heilmann kritisiert übereilte Gesetzgebungsverfahren durch den Bundestag schon seit sehr langer Zeit. Auch unter der großen Koalition habe es das gegeben. Heilmann hat darüber sogar schon einmal ein Buch geschrieben. „In den letzten Monaten ist es aber deutlich schlimmer geworden“, sagt er.
Das Bundesverfassungsgericht habe bereits angekündigt, sich einmal ausführlicher mit den Mindeststandards parlamentarischer Beratungsverfahren auseinandersetzen zu wollen. Heilmann will allerdings nicht auf Karlsruhe warten. Er regt an, das Desaster mit dem Heizungsgesetz zum Anlass zu nehmen, um die Geschäftsordnung des Bundestags zu überarbeiten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezeichnet er als Weckruf aus Karlsruhe für den ganzen Betrieb des Bundestags.
Gesetzesvorlagen erst zehn Minuten vor der Sitzung?
Heilmann nennt als extremes Beispiel für die Zustände im Bundestag den Gesetzgebungsprozess zur EU-Notfallverordnung aus den ersten Monaten dieses Jahres, wo eine Anhörung im Bauausschuss noch lief, während der Klimaschutzausschuss bereits abschließend beriet.
Beim Heizungsgesetz habe die Ampel dem Klimaschutz durch die Hast geschadet. Durch die anhaltende Diskussion und schlechte Kommunikation würden immer weniger Wärmepumpen eingebaut, während sich die Zahlen bei Öl- und Gasheizungen auf Rekordhöhen befänden.
Die Regierungsfraktionen teilten am Donnerstag mit, dass sie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts respektierten. Das Gebäudeenergiegesetz spielt in dieser Woche nur noch insofern eine Rolle, als einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie zugestimmt werden soll. Die notwendige zweite und dritte Beratung im Parlament soll in der ersten regulären Sitzungswoche im September stattfinden.




