Rechtsextremismus

Kampf gegen die AfD: Friedrich Merz will mehr Populismus wagen

Der CDU-Vorsitzende hat als Hauptgegner jetzt die Grünen erkoren und kündigt an, „vereinfachender“ zu  kommunizieren. Das ist bedenklich. Ein Kommentar.

CDU-Chef Friedrich Merz macht die Grünen auf Bundesebene für die „Polarisierung um die Energiepolitik“ verantwortlich.
CDU-Chef Friedrich Merz macht die Grünen auf Bundesebene für die „Polarisierung um die Energiepolitik“ verantwortlich.Bernd Elmenthaler/Imago

Der Wahlsieg der AfD im kleinen Landkreis Sonneberg hat bei allen Parteien Ratlosigkeit hervorgerufen. Man merkt das an den Formulierungen. Von Dammbruch (Saskia Esken, SPD) ist da die Rede oder zumindest einem Tabubruch und davon, dass die Demokraten nun zusammenstehen müssen (Ricarda Lang, Grüne).

Manche empfehlen sogar schon eigene Protestparteien, so wie FDP-Chef Christian Lindner. Er schlägt vor, die Linke zu wählen, wenn man denn unbedingt dagegen sein möchte. Mal sehen, wie viele den freundlichen Ratschlag künftig beherzigen werden.

Die größte Planlosigkeit findet man jedoch in der CDU. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn die Partei ist nach dem Machtverlust im Bund und dem Verschleiß gleich zweier Kurzzeit-Vorsitzender erst dabei, sich wieder zu finden. Es sieht allerdings so aus, als könnte ausgerechnet der Chef, Friedrich Merz, zum Hindernis dabei werden. Er hatte nach seiner Wiederwahl in den Bundestag einen guten Start als Oppositionsführer. Die Reden, die er hielt, kickten teilweise sogar Kanzler Olaf Scholz aus der Komfortzone. Jedenfalls ein bisschen.

Doch die kurzweiligste Rede im Bundestag täuscht nicht darüber hinweg, dass der Partei unter Friedrich Merz bisher weder eine überzeugende personelle Neuaufstellung gelungen ist – noch eine inhaltliche Definition dessen, was eine moderne konservative Partei in diesen Zeiten ausmacht.

Der Union könnte das egal sein, wenn nur die Umfragewerte besser wären. Obwohl sich die Ampelkoalition in beinahe täglich neuen Streitpunkten zerlegt, gelingt es der CDU nicht, vom Umfragetief der Regierung zu profitieren. Die Verantwortung dafür trägt der Chef, Friedrich Merz.

Er war es, der – beim zweiten Anlauf auf das Spitzenamt der Partei – erklärte, dass er sich zutraue, die Wahlergebnisse der AfD zu halbieren. Bei seiner dritten und letztlich endlich erfolgreichen Kandidatur um den Parteivorsitz hat er das nicht mehr wiederholt. Und er mag es auch nicht, darauf angesprochen zu werden. Aber natürlich ging am Anfang der Woche auch an ihn die Frage, wie seine Partei die AfD politisch stellen will. Die Antwort darauf erscheint auf den ersten Blick bizarr: Der neue Hauptgegner der Union, so erklärte Merz, seien die Grünen.

Interessant ist daran, dass diese Information eher ins Innere der Partei gerichtet ist als nach außen. Wie hältst Du es mit den Grünen? Diese Frage spaltet die CDU nämlich gerade in zwei Lager. Wie groß sie sind, ist noch unklar und damit auch, welches überwiegen wird. Aber beide haben hochrangige Vertreter. Pro Grün – das ist Hendrik Wüst, spätestens seitdem er mit seinem zeitlich sorgsam platzierten Gastbeitrag „Das Herz schlägt in der Mitte“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Kleinen Parteitag der CDU sprengte. Inhalt und Tonfall des Beitrages waren eine Kampfansage an den Vorsitzenden, der prompt zurückkeilte.

Und so darf man die jüngste Ansage von Merz als Fortsetzung eines recht früh ausgebrochenen Machtkampfes um die Kanzlerkandidatur interpretieren. Die CDU wolle demnächst viel klarer machen als bisher, welche Alternativen es zur Bundesregierung gebe, so Merz. Man werde dabei wohl auch noch ein bisschen stärker „vereinfachend kommunizieren müssen“, sagte er wörtlich.

Das klingt alarmierend danach, als ob sich die Merz-CDU anschickt, in Sachen Populismus lieber Teil des Problems zu werden, statt eine Lösung zu suchen. Der Parteichef wird sich spätestens im nächsten Jahr ansehen können, ob die Wählerinnen und Wähler im Osten die „vereinfachende Kommunikation“ annehmen – oder doch lieber das Original wählen.  Falls es schiefgeht – und das wird es –, dürfte das die Frage der Kanzlerkandidatur noch mal neu beleben.