Was haben Panama, Rumänien und Zypern gemeinsam? All ihre Botschafter in Deutschland wohnen einer diplomatischen Zeitenwende bei. Mitten in Berlin. Denn nach jahrelangem Streit zwischen Polen und Israel veranstalten beide Länder in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße ein gemeinsames Konzert. Es singen der Kinderchor aus der Jüdischen Gemeinde und der europaweit bekannte Posener Knabenchor. Das Konzert soll verbinden, die neue Freundschaft zwischen Warschau und Jerusalem zelebrieren.
„Wir sind mit Israel wie Pech und Schwefel“, sagt der polnische Botschafter Dariusz Pawlos der Berliner Zeitung. Für den Diplomaten befinden sich die Beziehungen zwischen seinem Land und Israel auf einer neuen Ebene. „Der Widerstand im Warschauer Ghetto ist Teil unserer gemeinsamen Geschichte“, sagt er, „und das an einem solch historischen Ort wie Berlin“. Mehrere Hundert Menschen versammeln sich im großen Saal der Jüdischen Gemeinde, um der Widerstandskämpfer im Warschauer Ghetto zu gedenken. 80 Jahre ist es nun her.
Eine Beziehung mit Höhen und Tiefen
Die Botschafter Israels und Polens sind freundlich im Ton, lächeln sich gegenseitig zu. Doch die Beziehung der beiden Länder war nicht immer gut. Warschau und Jerusalem stritten sich immer wieder um erinnerungskulturelle Aspekte des Holocausts. Die Polen störten sich an den Umständen, dass sie auf Ausflügen israelischer Schulklassen in ehemalige Konzentrationslager oft in einer Reihe mit Nazikollaborateuren und Antisemiten genannt wurden.
Israel hatte wiederum im August 2021 seinen Botschafter in Warschau abgezogen, als Präsident Andrzej Duda eine umstrittene Änderung des Verwaltungsrechts anvisierte. Die Änderung sah vor, dass Verwaltungsentscheidungen nach 30 Jahren nicht mehr gerichtlich angefochten werden können. Israel hatte ein Ende der „Entschädigungen“ für Enteignungen von Juden im Zuge des Holocausts befürchtet. Zwischen den beiden Staaten herrschten immer wieder Verstimmungen.

Doch die Zeiten scheinen sich zu bessern, betrachtet man die Ouvertüren vor dem Gedenkkonzert. „An meinen Freund Ron Prosor“, sagt Botschafter Pawlos, „ich bin stolz, dass sich unsere Beziehungen verbessern und vertiefen werden“. Auch Israels Botschafter Prosor erwidert dem und nennt seinen polnischen Amtskollegen mehrmals „einen Freund“.
Prosor – dessen Vater 1927 in Berlin geboren wurde – sprach in seiner Rede vom „Heldenmut der Widerstandskämpfer“. Er sei beeindruckt und schöpfe tagtäglich Kraft aus der Geschichte des Widerstandes gegen die schier übermächtigen Besatzer. „Es ist unsere lebenslange Pflicht, Rassismus, Antisemitismus und Hass in jeglicher Form entgegenzutreten“, sagt er abschließend, „insbesondere den jüngeren Generationen müssen wir die Werte tagtäglich weitergeben“.
Zeitenwende für Warschau und Jerusalem
Es ist die erste gemeinsame Veranstaltung dieser Art der beiden Botschaften. Im Mittelpunkt steht der Aufstand der im Warschauer Ghetto gefangenen Juden – einer der ersten städtischen Aufstände in von Nationalsozialisten besetzten Gebieten. Botschafter Pawlos bezeichnet die Widerständler als „Helden Polens und Israels, Schulter an Schulter haben die Menschen für ein freies Polen gekämpft“.
Vor 80 Jahren am 16. Mai zerstörten die Nazis die Große Synagoge im Warschauer Ghetto. Es markierte das symbolische Ende des Aufstandes. Der Widerstand der gefangenen Juden in Warschau hat eine große Bedeutung, da er zum weltweiten Symbol der bewaffneten Resistenz von Juden gegen die NS-Terrorherrschaft wurde. Bis heute prägt der Aufstand das jüdische Selbstverständnis, da sich die Gefangenen trotz Aussichtslosigkeit ihres Widerstands zur Wehr setzten.
Am 19. April 1943 erhoben sich jüdische Widerstandsorganisationen im Warschauer Ghetto gegen die deutschen Besatzer. Vier Wochen lang kämpften sie – kaum ausgestattet mit Waffen und Munition und mit selbstgebauten Granaten – gegen die schier übermächtige Besatzungsmacht. Während der rund vier Wochen dauernden Kämpfe wurden mehr als 56.000 Juden von SS- und Polizeieinheiten ermordet oder in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.






