Es gibt in der Berliner Politik das faszinierende Phänomen, bei Problemen hinzuschauen – sie aber trotzdem nicht sehen zu wollen. Oder jedenfalls: Sie nicht wirklich lösen zu wollen. Aktuell zeigt sich das am Leopoldplatz im Wedding. Dort haben Crack, Heroin und eine fahrlässige Politik der sogenannten Deeskalation zu einem Kollaps der öffentlichen Ordnung geführt.
Wie Zombies wanken Suchtkranke über den Leo, andere werden im Rausch aggressiv gegenüber Passanten, auf Bänken und am Boden liegen Junkies. Auch im U-Bahnhof sieht es so aus. Und was schlägt die Bezirksbürgermeisterin vor? Sie will einen Sichtschutz zwischen Drogensüchtigen und dem Kinderspielplatz aufspannen. Natürlich dürften dabei keine „uneinsehbaren Ecken“ geschaffen werden. Aha.
Das erinnert an die kuriosen Ideen zur Bekämpfung der schweren Kriminalität im Görlitzer Park. Mal wurden Flutlichter installiert, dann sollten sich Dealer in kleine pinke Rechtecke stellen, die auf den Boden gesprüht wurden, es gab sogar schon die Idee, dass Jugendliche andere Kinder durch den Park lotsen.
Wenn jeder machen kann, was er will, leiden die Schwächsten
Gerade am Konzept für den Leopoldplatz zeigt sich beispielhaft, was insgesamt falsch läuft. Seit 2013 soll das Zusammenleben durch ein Konzept namens „Ein Platz für alle“ geregelt werden. Doch schon im Namen steckt der Denkfehler. Wie passen Kinder, Mütter und Rentner mit Alkoholkranken, Cracksüchtigen und Drogendealern zusammen auf einen Platz? Das geht nicht. Zumindest kann das nicht gut gehen. Und obwohl das eigentlich jeder weiß, werden in Berlin immer wieder solche Experimente versucht. Ein Platz für jeden ist aber eben kein Platz für alle.
Dabei dürfen wir auch nicht vergessen, dass Verbrechen, wie sie im Görlitzer Park passieren und die Zustände am Leopold- oder am Hermannplatz ja schon lange zu Vermeidungsverhalten der Bürger führen. Wer kann, lässt seine Kinder von dort nicht allein mit der U-Bahn zur Schule fahren. Welche Frau nimmt nachts nicht lieber ein Taxi als durch den Görlitzer Park zu laufen? Manche Anwohner ziehen weg oder melden ihre Kinder auf Privatschulen in einer anderen Gegend an. Wie schlimm die Konfrontationen wären, würden Bürger den Görli und den Leopolplatz nicht sowieso meiden, kann man sich vorstellen. Gekniffen sind alle, die sich Alternativen nicht leisten können. Wir müssen uns die Frage stellen: Ist es nicht wichtiger, dass Kinder sicher in die Schule, Frauen nachts sicher nach Hause und stinknormale Bürger zur Arbeit kommen, als dass Dealer und Suchtkranke nicht umziehen müssen?
Schlechte Presse ist schlimmer als schlechte Zustände
Es ist schon klar, warum Politiker verschiedener Parteien nicht härter durchgreifen. Denn das würde hässliche Bilder produzieren. Schnell ist dann von Polizeigewalt die Rede, Lobbys schreien auf und das führt zu schlechter Presse. Unangenehm. Aber doch nicht so unangenehm wie die 22.000 Heroinspritzen, die rund um den Leopoldplatz im vergangenen Jahr gefunden wurden.
Mittlerweile sind die Zustände am Leo so unhaltbar geworden, dass die minimalinvasiven Maßnahmen nicht mehr taugen, um wütende Anwohner zu beruhigen. Auch das führt zu schlechter Presse. Dann versucht die Politik es mit einem Gipfel. Einen solchen „Sicherheits-Gipfel“ hat der Regierende Bürgermeister nun für Anfang September angekündigt.






