Analyse

Maischberger-Redaktion korrigiert Luisa Neubauer: ein Beispiel für Fake News

Die Fridays-for-Future-Aktivistin behauptete, Deutschland sei Netto-Stromexporteur. Das ist falsch. Die Aussage ist beispielhaft für eine grundsätzliche Täuschung. Ein Kommentar.

Luisa Neubauer, Mariam Lau, Tilo Jung, Hubertus Meyer-Burckhardt, Markus Blume und Sandra Maischberger in der ARD-Talkshow Maischberger im Studio Berlin Adlershof am 20. September.
Luisa Neubauer, Mariam Lau, Tilo Jung, Hubertus Meyer-Burckhardt, Markus Blume und Sandra Maischberger in der ARD-Talkshow Maischberger im Studio Berlin Adlershof am 20. September.imago images

Vier Anläufe brauchte die Redaktion der Talkshow Maischberger, um eine einfache Frage zu beantworten: „Ist Deutschland Netto-Stromimporteur?“ Diese Frage hat der bayerische Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) in der Sendung am vergangenen Mittwoch bejaht. Seit dem Atomausstieg im April, so Blume, sei Deutschland Netto-Strom-Importeur. Daraufhin griff ihn Luisa Neubauer an. „Wir sind Netto-Exporteur. Das ist wirklich Fake-News, was Sie hier verbreiten. Wir sind Netto-Stromexporteur“, so die Fridays-for-Future-Aktivistin. In einem Faktencheck, den die Redaktion nach den Sendungen für ihre Website erstellt hatte, war in den ersten Versionen Neubauers Position bestätigt worden.

Doch nach vielfachen Hinweisen von Nutzern in sozialen Medien mussten die Maischberger-Redakteure am Samstag in der vierten (!) Fassung ihres Faktenchecks schließlich eingestehen: „Die Aussage von Luisa Neubauer in unserer Sendung vom 20.9.23 ‚Wir sind Netto-Stromexporteur‘ ist also nicht korrekt. Deutschland importiert nicht nur seit April 2023 mehr Strom, als es exportiert, sondern weist nun darüber hinaus auch von Januar bis September insgesamt für das Jahr 2023 einen Importüberschuss aus. Und das, nachdem Deutschland über Jahre – in der Tat bis 2022 – stabil einen Exportüberschuss aufweisen konnte. Es sind also keine ‚Fake News‘, sondern statistisch belegt, dass Deutschland derzeit mehr Strom importiert als exportiert.“

Die hohen Kosten

Ob Luisa Neubauer gelogen hat oder einfach nicht wusste, dass Deutschland seit diesem Jahr kein Nettostromexporteur mehr ist, ist unklar. Bis Sonntagabend hatte sich Neubauer nicht zu dem Vorgang geäußert. Auf ihrem Kanal bei X, vormals Twitter, verbreitete sie zuvor die ersten Versionen des Faktenchecks, in denen ihr noch Recht gegeben worden war. Auch Kritik von Dritten an Markus Blume teilte sie. Was die vollmundige Falschbehauptung der Aktivistin über überprüfbare Tatsachen aussagt und ob es angemessen ist, anderen die Verbreitung von Fake News vorzuwerfen, wenn man selbst nicht faktenfirm ist, müssen Zuschauer und Leser selbst entscheiden.

Jenseits der unwahren Tatsachenbehauptung über deutschen Strom ist die Position Neubauers in jedem Falle beispielhaft für eine grundlegende Lüge, die sich seit Jahren in den Diskurs über die Energiewende und den Umbau der Wirtschaft geschlichen hat. Es ist die Botschaft, dass die riesigen Veränderungen nichts oder nur sehr wenig kosten.

Die grüne Wende ist nicht billig

Von Jürgen Trittins legendärer Behauptung, die Energiewende koste den Bürger im Monat so viel wie eine Kugel Eis, über die Folgen des Atomausstiegs bis hin zum Verbrennerverbot und dem Heizungsgesetz: Die Kosten sind riesig, betreffen jeden Einzelnen und die Konsequenzen sind nicht absehbar.

Das führt nicht nur dazu, dass Maßnahmen, die mit einem breiten, dauerhaften gesellschaftlichen Konsens begründet wurden, wie der Ausstieg aus der Atomenergie, plötzlich nur noch von einer Minderheit unterstützt werden, sobald die Strompreise durch die Decke gehen. Es führt auch zu massivem Widerstand in der Bevölkerung wie beim Heizungsgesetz, das nicht nur substantiell abgeschwächt wurde, sondern auch noch die Grünen nachhaltig beschädigt hat.

Ob all jene, die seit Jahren verbreiten, der grüne Umbau unserer Wirtschaft sei quasi gratis, daran wirklich geglaubt haben oder nicht, eines ist zumindest klar: Das waren wirklich Fake News. 

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