Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern?
In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie lieber meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.
Diesmal hat der Schauspieler Thorsten Merten unsere Fragen beantwortet, den man aus der ZDF-Reihe „Spreewaldkrimi“ kennt, aber auch aus Andreas-Dresen-Filmen wie „Halbe Treppe“, wo er als Radiomoderator Chris nachhaltig in Erinnerung blieb. Derzeit ist der 59-Jährige in der großen deutschen Fantasy-Produktion „Der Greif“ auf Amazon Prime zu sehen.
Privat wohnt Merten schon so lange in Berlin, dass er quasi als Ureinwohner durchgehen kann. Zu Hause in Prenzlauer Berg, dicht am Alex, fremdelt er heute mit seinem fast komplett durchgentrifizierten Bezirk. Ein paar Ecken gibt es dann aber doch, in denen er noch den „Berlin-Geruch“ wahrnimmt.
1. Herr Merten, seit wann sind Sie schon in der Stadt?
Mit Unterbrechungen seit 1982.
2. Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?
Einen Lieblingsort hab ich nicht. Ich boule gern mit meinem Kumpel auf Friedhöfen, gehe mit der Enkelin in den Mauerpark und fahre alle zwei Monate mit der U8 bis Hermannstraße und latsch dann bis Prenzlauer Berg zurück.
3. Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?
In die Küche und auf den Balkon. Da gibt’s Essen, Trinken, Aschenbecher, Kerzen, Karten- und Würfelspiele, und manchmal auch Gesang. Gebadet wird am Bernsteinsee in Ruhlsdorf.
4. Welche Ecken der Stadt meiden Sie?
Definitiv Mitte und die geleckten Bezirke.

Erste Erfahrungen vor der Kamera machte er 1992 im Kinofilm „Stilles Land“ von Andreas Dresen, in dessen Filmen „Halbe Treppe“ und „Halt auf freier Strecke“ er ebenfalls mitspielte. Viele Jahre war er Teil des Weimarer „Tatort“-Teams und verkörpert seit 2009 im „Spreewaldkrimi“ den Polizeikommissar Martin Fichte. Merten hatte die Idee zur Netflix-Serie „Das letzte Wort“, in der er neben Anke Engelke eine Hauptrolle spielt. Zuletzt war er auch in „Sam – Ein Sachse“ auf Disney+ zu sehen.
In „Hohlbeins – Der Greif“ auf Prime Video spielt Merten den Psychologen Dr. Peters. Ab Herbst ist er zudem in Axel Ranischs Serie „Nackt über Berlin“ auf Arte und in der ARD zu sehen.
5. Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?
Ich hab keine Feinschmeckerzunge. Gastromäßig muss alles in der Nähe sein: einen Kaffee im KAFFE in der Immanuelkirchstraße, ein Arbeitsgespräch im San Marco in der Greifswalder oder am Späti, einen Wein im Enten und Katzen, den Absacker im Tomsky. Union-Auswärtsspiele werden im Willy Bresch geguckt.
6. Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?
Das Zeughaus in der Alten Försterei. Ansonsten habe ich noch nie ’ne Klamotte über 60 Euro gekauft. Aber ich verschenke gern das Parfüm „VERBOTEN“. Das ist teuer, aber kommt an.
7. Der beste Stadtteil Berlins ist …
Vielleicht Wedding, Neukölln oder Weißensee. Die sind zentrumsnah und haben trotzdem noch Berlin-Geruch. Mein Prenzlauer Berg ist es definitiv nicht mehr. Weil ich mich in jeder Weinstube (Kneipen gibt’s ja kaum noch) mit den Zugezogenen in die Haare kriege. Denen geht’s um moralische Ornamentik, Glasur, aber nicht mehr um den ökonomischen Lehm.
8. Das nervt mich am meisten an der Stadt:
Platz 1: Dieses überflüssige, kitschige Schloss.
Platz 2: Dass man sonntags keine Kartoffeln im Späti kaufen kann. Das ist nicht Weltstadt, das ist Schikane.
Platz 3: Man erkennt vor lauter ewigen Baustellen kein Verkehrskonzept. Fahrradwege enden im Nirgendwo. Die Öffis sind zu teuer und waren vor 100 Jahren schon mal zuverlässiger. Und der Handwerker, der in die City fährt, um den Reichen die Klobrille zu vergolden, steht ewig im Stau und findet keinen Parkplatz. In Shanghai eröffnen sie seit Jahrzehnten alle zwei Wochen eine neue U-Bahn-Station. Vielleicht können die ja Berlin mal beraten.
9. Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?
Die Stadt braucht bezahlbaren Wohnraum für die arbeitende Bevölkerung und für Studierende.
10. Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?
Inzwischen: bleiben lassen.




