Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern?
In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie lieber meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.
Diesmal hat Barrie Kosky unsere Fragen beantwortet. Der im australischen Melbourne geborene Opern- und Theaterregisseur lebt und arbeitet schon seit vielen Jahren in Berlin. Von 2012 bis 2022 war er Intendant und Chefregisseur an der Komischen Oper, wo er noch immer Stücke inszeniert.
Nach dem Ende seiner Amtszeit sagte Kosky, der mittlerweile einer der gefragtesten Opernregisseure der Welt ist, so frei wie „an dieser fantastischen Kulturinstitution in dieser fantastischen Stadt“ werde er als Intendant an keinem Opernhaus wieder arbeiten können. Gerade ist seine Biografie „Und Vorhang auf, hallo!“ im Insel Verlag erschienen, in der Kosky gut gelaunt und überaus unterhaltsam seine außergewöhnliche Lebensgeschichte erzählt. Privat lebt der 56-Jährige mit seinem Hund Sammy in Schöneberg.
1. Herr Kosky, seit wann sind Sie schon in der Stadt?
Ich wohne seit 2007 in Berlin.
2. Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?
Der Zuschauerraum der Komischen Oper ist mein Lieblingsort in der Stadt. Dieser Ort ist eine wunderbare Mischung aus Proben, Vorstellungen und Berliner Geschichte. Einfach das Beste, was Berlin zu bieten hat.
3. Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?
In mein Bett in meiner Wohnung in Schöneberg.
4. Welche Ecken der Stadt meiden Sie?
Das gibt es nicht für mich in Berlin.

An der Komischen Oper sind in dieser Spielzeit noch zwei Kosky-Stücke zu sehen: am 2. Juni der szenische Liederabend „... und mit morgen könnt ihr mich!“ mit Katharine Mehrling und am 9. Juni Koskys Inszenierung von „La Cage aux Folles“ (jeweils um 19.30 Uhr).
5. Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?
Ich habe mein liebstes italienisches, chinesisches und persisches Restaurant, aber sie bleiben geheim. Ich möchte nicht riskieren, keinen Tisch mehr zu bekommen, wenn ich die Namen preisgebe.
6. Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?
Ich habe eine große Liebe zu Zeha-Schuhen. Es gibt ein Geschäft bei mir in der Nähe in Schöneberg. Ich habe diese Schuhe entdeckt, als ich damals nach Berlin gezogen bin. In meinem Schrank stehen mittlerweile 15 unterschiedliche Paare von Zeha-Schuhen. Ich mag die Geschichte dahinter: In der DDR waren es ursprünglich mal Sportschuhe. Sie sind in Berlin hergestellt und man bekommt sie auch nur in Zeha-Geschäften.
7. Der beste Stadtteil Berlins ist …
… Schöneberg, wo ich auch wohne. Der Kiez in der Goltzstraße und Umgebung ist sehr besonders, denn es ist ein wunderbar gemischter, vielfältiger Teil von Berlin. Alles dort ist noch so geblieben wie vor 20 Jahren. Es ist ein Kiez in einem Kiez in einem Kiez!
8. Das nervt mich am meisten an der Stadt:
Das Berlin-Jammern. Manchmal könnte ich davon auch weniger vertragen. Ich verstehe, dass das Jammern ein Teil von jeder Großstadt ist, und das Berlin-Jammern ist noch mal etwas Eigenes für sich. Ich kann damit leben. Aber manchmal ist es einfach zu viel und ich möchte sagen: „Ruhe im Karton und haltet die Klappe!“
9. Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?
Es muss eine Lösung für die Mietsituation gefunden werden. Wohnen in Berlin muss für Künstler und Studenten bezahlbar bleiben. Ohne ein bezahlbares und lebenswertes Berlin für diese Menschen wird Berlin nicht Berlin bleiben. Ein großer Teil dieser Stadt ist das Künstlerleben und Studentenleben – und wenn diese Leute ihren Wohnraum nicht bezahlen können, wird Berlin leider zu einem Bielefeld mit größeren Gebäuden.
10. Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?
Wenn es Künstler oder Studenten sind: Bitte kommen! Wir können nie genug von diesen Menschen hier haben. Wir brauchen eigentlich nur sie!




