Berlin hat rund 3,7 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern? In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie lieber meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.
Diesmal hat der Schauspieler und Sänger Timur Bartels unsere Fragen beantwortet, der für einen jungen Vertreter seiner Zunft doch recht ungewöhnlich lebt. Während viele seiner Kollegen Mitte, Kreuzberg oder den Prenzlauer Berg bevölkern, maximal vielleicht noch Charlottenburg, ist der 27-Jährige tief im Westen, im oft belächelten Spandau zu Hause. Warum er seinem Heimatbezirk die Treue hält und wieso es für ihn nicht zu hipstermäßig werden darf, hat er uns ausführlich erläutert.
1. Herr Bartels, seit wann sind Sie schon in der Stadt?
Ich bin in Berlin geboren, in Spandau groß geworden und hier schon mein ganzes Leben lang. Hier sind alle meine Freunde und meine Familie und meine Lieblingsstadt. Auch wenn ich mal für „Club der roten Bänder“ kurz in Köln gelebt habe: Berlin ist mein Zuhause und ich liebe Spandau. Mir ist auch egal, wie viel freche Sprüche man sich als Spandauer vom Rest der Stadt anhören muss. Ich steh dazu. Muss aber fairerweise gestehen, dass ich mal kurz in Charlottenburg und in Kreuzberg gewohnt habe. Auch wenn’s mir vielleicht niemand glaubt: Ich bin freiwillig nach Spandau zurückgegangen.
2. Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?
Ich liebe die Energie im Umfeld von unserem Tonstudio in Kreuzberg, in der Nähe vom Paul-Lincke-Ufer. Hier bin ich gerne, hier hatte ich schon viele emotionale Momente und ich hol mir gern ein Haselnuss-Croissant und einen guten Kaffee von La Maison und sitze zwischen Leuten, die Boule spielen, anderen, die ein Bier trinken, wieder anderen, die laut Punk-Mucke über ihr Handy hören und noch mal anderen, die einfach nur einen Joint rauchen. Genau dazwischen fühlt’s sich lebendig an. Aber über Nacht bin ich lieber dort, wo es etwas ruhiger ist – in Spandau.
3. Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?
Mein Papa hatte ein kleines Boot, das ich behalten habe, nachdem er gestorben ist. Es musste ein wenig aufgearbeitet werden und ich habe einen guten Platz dafür gefunden. Und ich habe mit ein paar Freunden zusammen ein Tretboot. Auf’m Wasser gegenüber vom Strandbad Wannsee ist für mich mein Ort, wenn ich wirklich entspannen will. Da kann ich besser entspannen als im Vabali.
Auch Drehbücher lese ich am liebsten am Wasser an der Havel. Irgendwie brauche ich etwas Natur und Ruhe, um kreativ zu werden und tiefer in eine Geschichte einzutauchen. Und was auch die größte Entspannung für mich ist, ist Sport. Auch da gehe ich am liebsten mit meinen Jungs oder Mädels ganz simpel zu McFit in Spandau. Selten mal in ein anderes Gym. Oder halt einfach zu Hause.
4. Welche Ecken der Stadt meiden Sie?
Jede:r Berliner:in kennt’s: Man bleibt meistens in der gleichen Ecke. Das ist bei mir eher West-Berlin. Gerade wenn’s privat und nicht beruflich ist, dann bin ich auch wirklich gern in Spandauer oder Charlottenburger Lokalen. Ich mag es, wenn’s nicht zu fancy ist, wenn nicht jede:r zweite Entrepreneur, Künstler etc. ist und ich am Nebentisch nur über irgendwelche krassen Karrieren mithören muss. Es darf nicht „zu hipster“ sein. Nix gegen Friedrichshain und Prenzlauer Berg, aber ich muss da nicht jeden Tag sein.

Aktuell ist er im Kinofilm „Manta Manta – Zwoter Teil“ zu sehen, für den er auch den Abspannsong beisteuerte. Am 13. April spielt Bartels zudem in „Der Dänemark-Krimi: Blutlinie“ die Rolle des
Bjarne Vinter (20.15 Uhr, ARD).
Neben dem Schauspiel widmet sich der Berliner auch seiner musikalischen Karriere. Unter dem Künstlernamen TIMUR hat er im letzten Jahr seine erste EP „Nicht normal“ herausgebracht und wird seine Fans auch dieses Jahr mit einem Album und mehreren Live-Auftritten beglücken.
5. Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?
Das Latino in der Uhlandstraße in Charlottenburg. Das Restaurant gehört der Familie meiner besten Freundin. Hier gibt’s auch eine Story von meinem Papa dazu. Als ich das erste Mal mit ihm dort essen war, hat er mir erzählt, dass er das Restaurant kennt und es auch sein Lieblingsrestaurant war. Er hat an der TU studiert und das Restaurant wurde damals vom Opa meiner besten Freundin geführt.
Das Latino ist für mich einfach immer einen Besuch wert, es fühlt sich wie nach Hause kommen an. Nicht nur, weil ich die ganze Familie dahinter kenne, sondern weil das Essen super lecker ist, im Sommer kann man draußen auf der Terrasse entspannt einen Cappuccino schlürfen und es passt einfach alles für mich dort. Es ist nicht zu schick und übertrieben oder irgendeine Fusion Kitchen, sondern einfach gutes italienisches Essen, das traditionell und mit Liebe zubereitet wird.
Ansonsten bin ich auch oft im Hard Rock Cafe am Kudamm. Das ist mein zweites Wohnzimmer. Die Lage ist perfekt, das Essen hat sehr hohe Standards und die Kellner:innen versprühen nur gute Energie.
6. Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?
Ich geh eigentlich wirklich nie shoppen. Hört sich schräg an, weil man in meinem Beruf auch immer wieder mal Outfits für den roten Teppich oder für einen Fototermin oder Events braucht. Aber tatsächlich kaufe ich ungern neue Klamotten und mache mir daraus auch nicht zu viel. Ich liebe es zwar, mich ausgefallen und bunt anzuziehen, meine Nägel dazu passend zu lackieren und auch das Gefühl, in „besonderen“ Klamotten zu stecken. Aber das Einkaufen mag ich überhaupt nicht.
Ich bin da eher praktikabel, ziehe einfach die Dinge an, die ich im Schrank habe. Einige Designer:innen leihen mir Klamotten aus für Red Carpets, ansonsten wäre es eine unglaubliche Verschwendung an Klamotten, weil die Outfits oft wechseln. Für große Events werde ich zum Beispiel oft von Kilian Kerner ausgestattet.
7. Der beste Stadtteil Berlins ist …
Spandau. Weil’s meine Heimat ist und weil hier niemand perfekt ist und auch nicht versucht, so zu tun. Hier geht’s in der Regel nicht darum, wie krass man jetzt Investorengelder einsammelt, um sein Geschäftsmodell zu skalieren oder welche krassen Leute man im Borchardt kennengelernt hat. Man muss hier nicht versuchen, cooler zu sein, als man ist. Es interessiert und beeindruckt nämlich eh niemanden. Das mag ich. Außerdem hält am Bahnhof Spandau fast jeder ICE und du hast so viele Grünflächen wie in kaum einem anderen Bezirk.
8. Das nervt mich am meisten an der Stadt:
Die Größe kann echt nervig sein. Ich hätte kein Problem damit, wenn die Stadt etwas kleiner wäre. Von mir zu meinen Cousinen kann man im Berufsverkehr auch mal gute zwei Stunden mit dem Auto fahren. Das macht keinen Spaß. Ich bin von mir schneller mit dem ICE in Wolfsburg als in Prenzlauer Berg, das ist auch nicht so cool. Aber eigentlich gibt's sonst nichts, was mich nervt. Ich liebe Berlin.
9. Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?
Berlin braucht mehr Wohnraum. Die Wohnungssituation ist ein Riesenproblem. Es bricht mein Herz, wenn Leute, die hier geboren sind, hier nicht mehr leben können, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten können. Das andere wäre, dass man kostenlosen Verkehr mit der BVG anbietet. Das Verkehrsaufkommen ist ein Problem, und ich glaube, es würde uns am meisten bringen, wenn Bus, Tram, S- und U-Bahn kostenlos wären. Das wäre eine wirkliche Alternative und Chance für viele Menschen und auch für die Umwelt.
10. Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?
Ich finde, Berlin sollte jeder mal erlebt haben, aber ich glaube auch, dafür muss man nicht gleich herziehen. Ein Berlin-Urlaub im Sommer würde ich auf jeden Fall jedem mal empfehlen. Sommer in Berlin ist gut. Winter in Berlin ist nicht gut. Wenn man herzieht, dann finde ich, muss man vorher verstehen, worauf man sich einlässt. Berlin kann wunderschön sein, hat so viele verschiedene Gesichter und Möglichkeiten, Einflüsse und Chancen, aber das kann ins Positive und ins Negative gehen.
Alle Berliner:innen oder Wahlberliner:innen, die ich kenne und die hier richtig glücklich sind, haben einen sehr starken Charakter. Und ich glaube, das macht es aus. Berlin hat einen starken und krassen Charakter, und den braucht man selbst auch, wenn man herziehen und in Berlin glücklich werden möchte. Aber zieh nicht nach Kreuzberg, wenn du Punkt 22 Uhr bei deinen Nachbarn klingelst, um dich wegen der Lautstärke zu beschweren. Dann belass es am besten bei einem Urlaub.
11. Cooler als Berlin ist nur noch …
... deine Mudda! Sorry, mir fällt nichts Besseres ein, weil ich nichts Cooleres kenne. Und wenn ihr diese Antwort druckt, dann seid ihr wirklich eine Ehrenzeitung. Vielen Dank!





