Fragebogen Berlin

Friederike Kempter: „Im März und April ist Berlin unerträglich“

Unser Berlin-Fragebogen, diesmal mit der Schauspielerin Friederike Kempter, die viel für den Prenzlauer Berg übrig hat – und wenig für Matratzen auf Gehwegen.

Zu Hause im nördlichen Prenzlauer Berg, zwischen Arnimplatz und Kohlenquelle: Friederike Kempter
Zu Hause im nördlichen Prenzlauer Berg, zwischen Arnimplatz und Kohlenquelle: Friederike KempterJeanne Degraa

Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern?

In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie lieber meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.

Diesmal hat die Schauspielerin Friederike Kempter unsere Fragen beantwortet, die mit ihrer Rolle als Nadeshda Krusenstern die Herzen der „Tatort“-Fans im Sturm erobert hat. Seit ihrem Ausstieg 2020 wird sie (nicht nur) von der Social-Media-Community schmerzlich vermisst, immerhin war sie 17 Jahre lang an der Seite von Jan Josef Liefers und Axel Prahl im Münster-Krimi zu sehen. Kempter, die mit ihrem Freund und zwei kleinen Kindern in Prenzlauer Berg lebt, wollte damals mehr Zeit für die Familie haben. Doch vom Fernsehbildschirm ist die 43-Jährige nicht verschwunden: Derzeit kann man sie sowohl in der Sky-Serie „Tender Hearts“ als auch in neuen Folgen der Dokureihe „Friederike klopft an“ in der ARD-Mediathek sehen.

1.         Frau Kempter, seit wann sind Sie schon in der Stadt?

Länger als mein halbes Leben! Seit fast 23 Jahren.

2.         Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?

Den einen Lieblingsort habe ich nicht, aber ich mag meinen Kiez schon ziemlich gerne. Ich wohne im nördlichen Prenzlauer Berg und habe hier alles, was man sich so im Alltag wünscht. Den Arnimplatz mit dem großen Spielplatz, die sehr hübsche Kopenhagener Straße, wo ich morgens in der Salumeria Sigismondo meinen Kaffee und abends vor der Kohlenquelle in der untergehenden Sonne ein Bierchen trinken kann.

3.         Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?

Überall dort hin, wo es grün ist. Und am besten noch Wasser hat.

4.         Welche Ecken der Stadt meiden Sie?

All die schrecklichen Shoppingmalls. In Berlin oft Arcaden genannt.

5.         Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?

Bestes Mittagessen zum fairen Preis gibt es bei Sgaminegg in der Seelower Straße. Sehr unaufgeregt, aber sehr freundlich – und es gibt auch noch hervorragenden Kaffee. Vielleicht liegt es am Alter oder daran, dass ich jetzt doch schon länger in dieser Stadt lebe, aber mich interessieren die gastronomischen Moden und Hypes gerade nicht mehr wirklich. Ich will es lecker und unaufgeregt und freundlich. Mein Fine-Dining-Tipp ist auch nicht wirklich geheim, aber im Cordo (der früheren Cordobar) gibt es fantastische Sterneküche in sehr entspannter, schöner Atmosphäre.

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Nik Konietzny/Odeon Fiction/Sky Deutschland
Zur Person
Friederike Kempter, geboren und aufgewachsen in Freudental (Baden-Württemberg), wollte schon als Kind immer gern nach Berlin kommen, drehte dann hier mit 20 einen Film – und blieb. An der Schauspielschule „Der Kreis“ absolvierte sie ihre Ausbildung. Bekannt wurde sie nicht nur durch den Münsteraner „Tatort“, sondern auch durch ihr Mitwirken im Ensemble von „Ladykracher“ und der Sat.1-Comedysendung „Die Wochenshow“. 

Auf großer Leinwand überzeugte Kempter 2012 in ihrer Rolle als neurotische Ausdruckstänzerin Julika in der Tragikomödie „Oh Boy“, die ihr eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis einbrachte. 2013 spielte sie in einem Kino-Werbespot der Berliner Zeitung mit. Ihre neue Science-Fiction-Comedyserie „Tender Hearts“ ist seit Anfang April auf Sky zu sehen. Kempter spielt darin die Hauptrolle der Programmiererin Mila (Foto), die nach einigen erfolglosen Dates ein neues Abenteuer wagt und sich einen humanoiden Roboter als Lebenspartner bestellt.

6.         Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?

Dear. Ein kleiner, feiner Secondhand-Shop in der Stargarder Straße.

7.         Der beste Stadtteil Berlins ist … 

... vielleicht Zehlendorf, weil so gediegen und mit viel Natur. Oder doch eher Kreuzberg, weil hier alles so aufregend und hip und international ist. Oder doch Prenzlauer Berg, weil man hier mit kleinen Kindern ein gutes Leben führen kann. Das liebe ich immer noch an Berlin, diese extrem unterschiedlichen Stadtteile, die alle ihren eigenen Sound haben.

8.         Das nervt mich am meisten an der Stadt:

Roller und Leihfahrräder, die den öffentlichen Raum in fast skulpturalen Verrenkungen zumüllen. Der Müll auf Gehwegen und in Parks. Und diese schreckliche Art, kaputte Sachen mit einem „Zu verschenken“-Schild zu versehen und dann in den Hauseingang zu stellen, anstatt sie auf dem Recyclinghof zu entsorgen. Am ärgerlichsten: alte Matratzen auf Gehwegen!

9.         Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?

Die Wohnsituation. Es darf nicht sein, dass sich Normalverdiener oder Familien keine Wohnungen im Stadtbereich mehr leisten können. Und die Politik und wir Berliner sollten alles dafür tun, dass Berlin so schnell wie möglich klimaneutral wird.

10.         Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?

Wenn nach Berlin ziehen, dann immer nur ab Mai. Niemals im März oder April, das sind die wirklich unerträglichen Monate in Berlin. Man hat die Mütze schon aussortiert, weil überall sonst doch schon Frühling ist, aber in Berlin schneit es noch im April (das einzige Mal im Jahr), und der kalte Wind ist unerbittlich.

11.         Cooler als Berlin ist nur noch …

... Mexico City.