Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern?
In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie lieber meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.
Diesmal hat die Schauspielerin Bettina Lamprecht unsere Fragen beantwortet, die in Wedding zu Hause ist und durch ihre Auftritte in Serien wie „Switch“, „Ladykracher“ oder „Pastewka“ seit vielen Jahren zur Riege der deutschen Comedy-Schauspieler gehört. Längst nimmt die 46-jährige Wahlberlinerin, deren Wurzeln im Thüringischen liegen, auch ernstere Rollen an.
Gerade ist beim Streamingdienst Paramount+ die Mystery-Serie „Kohlrabenschwarz“ angelaufen, in der Lamprecht die resolute Kommissarin Anna Leitner spielt. Entschlossen zeigt sich die Schauspielerin auch bei uns im Fragebogen – zum Beispiel, wenn es um trashige Touristenecken wie den Checkpoint Charlie geht.
1. Frau Lamprecht, seit wann sind Sie schon in der Stadt?
Ich lebe seit 20 Jahren in der Stadt, kenne aber zumindest den Ostteil schon aus meiner Kindheit. Meine Großeltern lebten in Lichtenberg, ein paar Verwandte in Marzahn, andere in Mitte.
2. Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?
Hamburger Bahnhof, Lindwerder, Rehberge, Volksbühne, Jüdischer Friedhof Weißensee, Botanischer Garten, Lietzensee, Philharmonie … Ach so, einer?! Zuhause!
3. Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?
Ich laufe gern die Panke entlang. Es gibt Abschnitte mit kleinen, versteckten Trampelpfaden. Man sieht hin und wieder Graureiher. Im Frühjahr kann man am Franzosenbecken junge Brennnesseln für seinen Salat pflücken. Oder je nach Geschmack auch stehen lassen.
4. Welche Ecken der Stadt meiden Sie?
Ich mag die Ecke Checkpoint Charlie nicht besonders. Das ist so trashig-museal. Immer wenn ich mal zufällig da vorbeikomme, denke ich: Diese Kulisse hier ist gefühlsmäßig so weit entfernt von der Geschichte dieses Ortes, dieser Stadt und des einst geteilten Deutschlands, wie es nur geht. Ein großer Touristenquatsch.

Eine Serienhauptrolle spielte die 46-Jährige von 2015 bis 2017 in der ZDF-Produktion „Bettys Diagnose“. Filmrollen übernahm sie in Dani Levys „Känguru-Chroniken“, Tobi Baumanns „Vollidiot“ und Matti Geschonnecks „Unterleuten“.
Neben ihrer Arbeit vor der Kamera spielt sie auch immer wieder Theater. In Berlin stand Lamprecht bereits in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, im Gorki Theater und im Theaterdiscounter auf der Bühne. Sie schreibt und entwickelt Stücke.
Ihre neue Serie „Kohlrabenschwarz“ (Foto mit Michael Kessler) ist gerade bei Paramount+ gestartet und basiert auf der gleichnamigen Hörspielserie von Tommy Krappweis. Ab 23. Juni läuft im ZDF die Sketchcomedy „Wir sind die Meiers“, in der Lamprecht zum Hauptcast gehört.
5. Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?
Ich koche so wahnsinnig gern und gehe immer weniger essen. Einen Laden bei uns im Wedding kann ich trotzdem empfehlen: Lobe Lokal. Die kochen mit Liebe und guten Zutaten, teilweise auch vegan. Man kann drinnen gut sitzen und draußen noch besser, wenn man es wie ich ländlich mag. Es gibt einen Permakultur-Garten mit Hühnern, Wachteln und Karnickeln.
6. Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?
Ich glaube, es ist kein Geheimtipp und es gibt ein paar davon in Berlin: ReSales. Ich war neulich da und hab was für meinen Sohn gesucht, bin aber mit einem Blüschen für mich raus. Das war herrlich! Meist ist es nämlich andersrum.
7. Der beste Stadtteil Berlins ist …
Ich sag einfach Wedding, weil ich hier lebe und keinen Stadtteil besser kenne und hier alles so unaufgeregt ist. Es gibt immer noch eine starke Durchmischung. Gestern hat in unserer Straße ein kleiner Laden aufgemacht. Zur Eröffnung haben ein paar Leute Musik gespielt. Am Abend kam ein frisch vermähltes Ehepaar von seiner traditionellen Hochzeit zurück. Als es aus dem Auto stieg, trat einer der Musiker von gegenüber vor sie und fiedelte ein paar Hochzeitslieder. Das Brautpaar stand mitten auf der Straße – minutenlang. Kinder tanzten und klatschten.
8. Das nervt mich am meisten an der Stadt:
Zerhackte Schrankwände. Farbeimer. Aufgebrochene Altkleidercontainer. Und dazwischen Hundekot. Das ist bei uns das klassische Straßenbild. Es gibt eine Frau, die pickt jeden Tag Müll auf. Einfach, um die Gegend ein bisschen schöner zu machen. Und neulich hat die Stadt Sperrmüll gemacht. Das war so heilsam.
9. Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?
Berlin ist Berlin. Aber so ein ganz klein bisschen freundlicher in der Erstbegegnung – das wäre toll. Dass man nicht immer das Gefühl hat, man stört oder man hat die Tür nicht richtig aufgemacht oder das Falsche gesagt, wenn man zum Bäcker geht und zwei Brötchen kaufen will.
10. Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?
Das ist wie mit der Schauspielerei: Wenn du es unbedingt willst, mach es. Ansonsten lass es lieber bleiben.




