Es hatte alles so schön angefangen, damals, 2021, mitten in der Corona-Pandemie: Karl Lauterbach (zu diesem Zeitpunkt ohnehin zur ewig mahnenden Pandemie-Sirene in sämtlichen deutschen Talkshows avanciert) wurde ins Kabinett Scholz berufen. Eine Wahl, an die viele Hoffnungen geknüpft waren: Ein echter Mediziner im Gesundheitsministerium, ein renommierter noch dazu, das kann ja nur was werden!
Zwei Jahre später allerdings zeigen sich längst nicht nur crazy Corona-Schwurbler wenig begeistert von Lauterbachs Gesundheitspolitik. Aktuell gehen auch Medizinerinnen und Mediziner auf die Barrikaden, ausgerechnet, Lauterbachs Kolleginnen und Kollegen sozusagen.
Nachdem in den Apotheken gestreikt wurde, folgten am Montag (2. Oktober) viele Praxen; es geht um Geld und Gehälter, auch um sogenannte Community Health Nurses, die laut eines FAZ-Artikels von Dirk Heinrich den netten Hausarzt um die Ecke ersetzen sollen. Lauterbach wolle niedergelassene Fachärzte „systematisch aushungern“ und das Gesundheitswesen „faktisch verstaatlichen“, schreibt der Bundesvorsitzende des Virchowverbundes sogar.

Karl Lauterbach ist von einer Gallionsfigur der guten Gesundheit zum strategischen Staatsmann avanciert. Eine Entwicklung, die interessanterweise auch seine Garderobe unterstreicht. Die ulkige Fliege – früher ein Erkennungsmerkmal des Politikers – ist von seinem Hals gewichen, hat Platz gemacht fürs große Nichts: Statt des Querbinders trägt Lauterbach heute einen offenen Hemdkragen. Statt faltenreicher Anzugjacken in verwaschenem Schwarz gut geschnittene Jacketts in seriösem Dunkelblau. Und statt dem wirren Fransenpony einen feschen Fassonschnitt.
Legt als Nächste auch Claudia Roth ihren Biologielehrerinnen-Look ab?
Wer auch immer für das neue Styling Lauterbachs verantwortlich zeichnete (und dass ihn eine Stylistin oder ein Stylist 2021 ins neue Amt begleitet hat, dürfte außer Frage stehen), hat seine Sache formell gut gemacht. Aus dem fahrigen Wissenschaftler ist ein adretter Politiker geworden – der frühere Daniel Düsentrieb ist nun ein Christian Lindner. Aber: Wollen wir das?

Es ist zwar schön, dass die Macht der Mode, ihr kommunikativer Charakter auch in Deutschland endlich erkannt wird; dass Politikerinnen und Politiker etwaige Kompetenzen nun mit ihrer Garderobe unterstreichen wollen und schlichtweg besser aussehen. Jede Individualität sollte dadurch aber nicht verloren gehen – ein seltsamer Stil ist immer noch besser als eine ungelenke Uniform.




