Zuletzt war Lars Klingbeil dran. Am Sonntag (20. August) war er im ZDF zu sehen, wie er auf einem grauen Bänkchen saß, um sich den Fragen im Sommerinterview zu stellen. Es ist eine kleine, hübsche Tradition, dass sich die beiden großen Öffentlichen, ARD und ZDF, die Sommermonate hindurch mit ihren Schönwettergesprächen battlen.
Die ARD macht’s im Rahmen ihrer Politsendung „Bericht aus Berlin“; das ZDF als Teil von „Berlin direkt“, wobei letzterer Sender das Original erfunden hat: Die ersten Sommerinterviews wurden Ende der 80er im Zweiten ausgestrahlt – damals noch für „Bonn direkt“ und mit Helmut Kohl als Talkgast.
Traditionell wurde erst ausschließlich der Kanzler an seinem präferierten Urlaubsort zum Gespräch gebeten (Helmut Kohl im Freizeithemd auf einer Bank am Wolfgangsee im österreichischen Sankt Gilgen), später kamen andere Politikerinnen und Politiker hinzu (Christian Wulff mit Sturmfrisur auf Norderney; Joschka Fischer natürlich in Mittelitalien, Stichwort „Toskana-Fraktion“).
Es brauchte erst eine selbsterklärte „Klimakanzlerin“, um eine Tradition zu beenden, bei der ganze Filmteams ihren Talkgästen in die Ferien hinterherflogen: Angela Merkel verlegte ihre Sommerinterviews an den Regierungssitz, und genau da werden sie noch heute gefilmt, in Berlin, zumindest die der ARD. Beim ZDF wird immer noch gereist, ein bisschen wenigstens: in dieser Saison etwa zu Friedrich Merz nach Arnsberg oder zu Omid Nouripour nach Frankfurt am Main.
Und nun also Lars Klingbeil. Der SPD-Vorsitzende hat es in den Ferien immerhin in seine Heimat geschafft, nach Munster, eine kleine Stadt im großen Niedersachsen. Dort saß er denn, umringt von Bäumen und Fachwerkhäusern, auf besagtem grauen Bänkchen. Was er gesagt hat? Unwichtig – zumindest für diesen Text. Hier soll’s um das graue Bänkchen gehen.
Wo bekommen die diese Möbel her?
Wer mit mehr Stilgefühl als Politikverständnis gesegnet ist, muss sich bei den derzeitigen Sommerinterviews schon fragen: Wo bekommen ARD und ZDF bloß diese furchtbaren Möbel her? Eine entsprechende Anfrage lässt das Zweite offen. Laut Abwesenheitsnotiz befindet sich der zuständige Pressereferent – na klar – im Urlaub. Es ist aber davon auszugehen, dass es sich um Sonderanfertigungen handelt – nur hatte der Schreiner offenbar einen schlechten Tag.
Eine hauchdünne Tischplatte mit zwei klobigen, als Halbrund stilisierten Beinen daran – hier stimmen schlichtweg die Proportionen nicht. Wobei die echten Beine – die der Gäste und des Moderatoren-Duos Theo Koll und Shakuntala Banerjee nämlich – hinter den halbrunden Tischbeinen im Nichts verschwinden. Was bleibt, sind zwei mittig halbierte Gesprächspartner, als würde ihnen der Unterleib fehlen. Kein guter Look.
Was die Oberfläche angeht, so hat man sich offenbar am Charakter des gemeinen Politikers orientiert: Grau und aalglatt ist die Sitzgruppe ausgestaltet, als könnte der Inhalt der (übrigens gar nicht unattraktiv geformten) Wassergläser an ihrer Oberfläche teflonartig abperlen. Und dann auch noch die Strafbank. Wer seine Gäste zum völlig sitzkissen- und stuhllehnenfreien Gespräch bittet, hat eine Agenda: das Gegenüber und sein Sitzfleisch auf ein gänzlich ungemütliches Interview einzustimmen, nämlich. Ob die ARD das besser macht?
Nun ja: Hier dürfen die Politikerinnen und Politiker wenigstens in einem Sessel sitzen. Nur in was für einem: Das unschön trapezförmig gestaltete Sitzmöbel ist rot bezogen – mit Kunstleder vermutlich. Ein furchtbarer Entwurf, so sehr in den 90ern verwurzelt, dass der fassungslose Zuschauer beinahe glaubt, die Musik von Ace of Base und den Geruch von Impuls Vanille-Deo wahrnehmen zu können.















