Dass Christian Lindner und Shakuntala Banerjee kein gutes Paar sind, wurde am Sonntagabend eindrucksvoll bewiesen: Zwischen dem Finanzminister und der ZDF-Moderatorin wollte sich kein konstruktives Gespräch ergeben – eher glich das Sommerinterview einem patzigen Palaver, voll von bissigen Unterbrechungen und eingeschnappter Untertöne. Harmonischer geht’s da schon bei dem Politiker zuhause zu.
Christian Lindner und Franca Lehfeldt inszenieren sich nicht nur als privat harmonisches Doppel, sondern auch als Glamour-Paar der deutschen Politik- und Medien-Landschaft. Und auch wenn wir Ersteres kaum beurteilen können – beim Status als Letzteres wollen wir durchaus ein Wörtchen mitreden. Christian Lindner und Franca Lehfeldt, der Politiker und die Politikjournalistin, er und sie, sie und er – eine Stilkritik in zwei Teilen.
ER: Spaßbefreiter Immobilienmakler mit Rolex-Uhr
Christian Lindner fühlte sich schon immer zu Höherem berufen. Vor ein paar Jahren wurde ja dieser lustige Stern-TV-Beitrag wieder ausgegraben, der das belegt: Darin präsentieren sich der kleine Lindner (inklusive pubertätsbedingt unreiner Haut) und ein befreundeter Abiturient als erfolgreiche Jungunternehmer, die dem Gymnasium in Wermelskirchen längst entwachsen sind. Natürlich ist der Beitrag zum Fremdschämen – und doch sieht man dort einen stilmäßig viel lässigeren Christian Lindner als heute. Einen Christian Lindner, der noch nichts zu Verlieren hatte.
Zum hoch geschlossenen 90er-Jahre-Anzug mit hohem Synthetik-Anteil kombinierte er damals eine Krawatte mit Kuhmuster. Das sieht witzig aus, und ist es natürlich auch. Also hatte der Christian Lindner von damals eine viel größere Anziehungskraft auf den Betrachter, als der stieselige Kassenwart von heute, der als Finanzminister in der Ampel gerade allen den Spaß verdirbt.

Würde man dieser Woche Lisa Paus zu Lindner befragen, würde sie wahrscheinlich antworten: „Bisschen unlocker, bisschen verkrampft, irgendwie uncool.“ Und das trifft auch auf den äußeren Auftritt unseres Bundesfinanzministers zu. Es soll hier natürlich nur um Kleidung und Statussymbole gehen – schließlich handelt es sich bei den vorgebrachten Gerüchten um Christian Lindners Hang zu aufwändigen Schönheitsoperationen im Gesichtsbereich nur um eben das: Gerüchte.
Also zu seiner Kleidung: Im Job trägt der Politiker fast immer einen dunkelblauen Anzug, dazu ein schnödes hellblaues Hemd mit großem Kent-Kragen und eine langweilige unifarbene Krawatte. Der Anzug, dessen Hosenbeine ein wenig zu eng zulaufen, lässt den sportlichen Lindner gedrungen und ein wenig fülliger aussehen, als er in Wirklichkeit ist. Der Politiker greift dabei auf sogenannte Maßkonfektion zurück, auch Made-to-Measure genannt, bei der ein Anzug nicht komplett von Hand entsteht, sondern ein meist mittelmäßiger Schneider nur kurz mal die Maße nimmt. Der Anzug wird dann in einer Näherei in Portugal zusammengestoppelt.
Damit sieht der FDP-Politiker immerhin ordentlicher aus als etwa ein Lars Klingbeil (von dem es Jugendfotos mit Augenbrauen-Piercing gibt); außerdem kostet so ein Anzug eben auch nur 2000 statt 10.000 Euro. Und auch, was seine Freizeitkleidung angeht, ist Christian Lindner ganz der emsige Finanzminister.
Lindners weiße formelle Turnschuhe, die zwischen 2014 und 2016 tatsächlich mal kurz im Trend lagen, sind zwar sauteuer, gelten aber nur bei Immobilienmaklern und Bankberatern aus Düsseldorf als zeitloses Staple Piece.
Genau wie die ebenso überteuerten aber etwas zu engen Strickjacken aus mittelmäßigem Kaschmir oder Merino, die Lindner gerne trägt. Liegen Loro Piana oder Brunello Cucinelli noch im Politiker-Budget?

Schon oft wurde außerdem darüber geschrieben, der Politiker würde zu teure Uhren tragen (meist eine Rolex Milgauss für rund 15.000 Euro) und diese manchmal, etwa wenn Fotografen anwesend sind, unter dem Tisch verstecken. Der Deutsche sieht eine solche „Verschwendungssucht“ eben nicht gerne, vor allem nicht bei Staatsdienern. Doch wer genau hinschaut, der erkennt in der Auswahl der teuren aber sehr gewöhnlichen Statussymbole keinen lebensbejahenden Maximalismus – sondern letztlich auch nur eine schwäbische Lebensart.
Der kleine Sparer lässt grüßen, denn eine Rolex verliert eigentlich nie an Wert. Genau wie der wirklich sehr schöne schwarze Porsche 911 von 1982, den Christian Lindner fährt, und der sich jederzeit mit Gewinn wieder veräußern lässt. Vor allem wenn er, wie bei Lindner, eigentlich nie gefahren und laut eigener Aussage jeden Samstag von Hand in der eigenen Einfahrt gewaschen wird. In einem Stern-Interview sagt der Minister: „Das ist eine Art Fetisch von mir.“ Jesko zu Dohna
SIE: Sonnenverwöhntes Pferdemädchen im Rollkragenpulli
„Hallo und ganz herzlich willkommen“, flötet Franca Lehfeldt zu Beginn einer jeden Sendung – und fast glaubt der Zuschauer, versehentlich ins US-Fernsehen gezappt zu haben. Die „Chefreporterin Politik“ des Welt-Fernsehsenders ist so etwas wie die deutsche Entsprechung der klassischen Fox-News-Sprecherin: der Blazer oft von greller Farbe, die Augen von tiefschwarzem Kajal möglichst breit umrahmt, die karamellfarbenen Haare zu blitzlichtgewitterfesten Beachwaves geföhnt.
Selbst bei Live-Übertragungen zur Mittagszeit sieht die moderierende Journalistin immer aus, als sei schon später Abend. Seriöse Tagesoutfits? Bürotaugliche Looks? Etwas weniger Las Vegas, etwas mehr politisches Berlin? Kann die Lehfeldt einfach nicht.

Immerhin: Näher an einer Frauke Ludowig als an einer Caren Miosga, bringt Franca Lehfeldt (die ihre Emails laut einer Spiegel-Reportage passenderweise mit „xoxo Gossip Girl“ unterschreibt) ein bisschen Boulevard-Glamour in den drögen Nachrichtenbetrieb. Und eine ordentliche Portion Urlaubsfeeling noch dazu: Ganzjährig trägt Lefehldt einen konsequenten Fuerteventura-Teint; dazu Zähne so weiß wie Friesenporzellan – harter Politikjournalismus mit Sonnenbankflavour, sowas hatte man in Deutschland vorher nie gesehen, das muss man der Lehfeldt wirklich lassen.
Apropos Friesland: Auch die gebürtige Hamburgerin steht natürlich auf Sylt, „die Hamptons der Hamburger“, wie das schmale Nordsee-Eiland vor allem von jenen genannt wird, die bisher weder in den Hamptons noch auf Sylt gewesen sind. Franca Lehfeldt aber war da: auf Sylt, nicht nur, aber auch am vermeintlich schönsten Tag ihres Bunte-Gala-Bild-Lebens. Am 7. Juli des vergangenen Jahres ehelichte sie eben hier ihren Christian; es sollte trotz der fatalen Lebensentscheidung ein guter Tag für Franca Lehfeldt werden.
Modisch nämlich: Zur kirchlichen Hochzeit (dass sowohl Bräutigam als auch Braut zu diesem Zeitpunkt längst aus der Kirche ausgetreten waren, wurde nicht nur von Margot Käßmann hinlänglich diskutiert) trug Lehfeldt ein recht lockeres Neckholder-Hochzeitskleid mit ausgestelltem Rock des britischen Labels Halfpenny London; zum Standesamt wenige Tage zuvor ließ sie sich im Jumpsuit mit Drapierungen im Dekolleté-Bereich der Marke Safiyaa sehen. Gar kein schlechter Auftritt – wenn da nicht die metallisch glänzenden blauen Spitzschuhe gewesen wären.
Überhaupt will die geschickte Kombination von Kleid und Accessoire der Journalistin nicht immer gelingen. Beim Staatsbankett zum Beispiel, zu dem König Charles III. und Königin Camilla Anfang März ins Schloss Bellevue geladen waren, trug Lehfeldt ein eigentlich sehr schönes feuerrotes Abendkleid mit kurzer Schleppe und U-Boot-Kragen – entschied sich als Beiwerk aber ungeschickter Weise für eine crémefarbene „Knot“-Clutch von Bottega Veneta, dazu ein Strickjäckchen in Weiß.

Rot und Créme, Créme und Weiß? Da wollte farblich nichts so recht zusammenpassen. Trotzdem konnten Lehfeldt und Lindner an diesem Abend verfestigen, was ihnen ohnehin ein großes Image-Anliegen ist: Sich als Glamour-Paar des deutschen Politik-und-Medien-Sumpfs inszenieren. Aber Moment: Beachwaves und Bottega-Bags? Statementschuhe und Strahlelächeln? Das Gossip Girl des Springer-Verlags kann mehr als das!
Auf dem Cover ihres Buches „Alte WEISE Männer – Hommage an eine bedrohte Spezies“ – als Interview-Band möglicherweise gar nicht satirisch, sondern ernst gemeint – ist Franca Lehfeldt im schwarzen Rollkragenpulli zu sehen; auch in der Talkshow „3 nach 9“, in der sie zum Unmut vieler Zuschauerinnen und mancher Zuschauer ihre Liebe zum offenbar marginalisierten Silberfuchs abermals zum Ausdruck brachte, entschied sie sich für dasselbe Modell.
Wahrscheinlich war der beherzte Griff zum schwarzen Rolli, einer Art Intellektuellen-Uniform, wohlkalkuliert. So richtig authentisch wollte der Auftritt im dunklen Pulli, der in diesem Fall eher an TK Maxx als an Loro Piana denken ließ, ihr aber nicht gelingen. Glaubwürdiger ist da schon Lehfeldts Instagram-Account, auf dem sich die Journalistin als Pferdemädchen geriert.




