Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern?
In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie lieber meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.
Diesmal hat die Schauspielerin Lena Urzendowsky unsere Fragen beantwortet, die derzeit in der Amazon-Prime-Serie „Luden“ zu sehen ist und in diesem Sommer unter der Regie von Pınar Karabulut die Hauptrolle der Brynhild bei den Nibelungen-Festspielen übernimmt.
Mit ihren 23 Jahren kann die Berlinerin bereits auf eine beeindruckende Karriere verweisen. Sie wechselt gekonnt zwischen Kino- und Serienauftritten, spielte in der international gefeierten Serie „Dark“ und gehört zum Ensemble der Netflix-Produktion „How to Sell Drugs Online (Fast)“, in der sie die Hackerin Kira spielt. Für ihre Rolle im Film „Das weiße Kaninchen“, in dem sie ein jugendliches Opfer von Cyber-Grooming spielt, erhielt sie 2017 den Grimme-Preis. Privat lebt Urzendowsky, die sich für die politischen Ziele der Fridays-for-Future-Bewegung einsetzt, in einer WG in Wedding.
1. Frau Urzendowsky, seit wann sind Sie schon in der Stadt?
Ich bin eine waschechte Berlinerin. Born and raised, wie man so schön sagt. Geboren bin ich in Friedrichshain, aber den Großteil meiner Kindheit habe ich in Steglitz und Schöneberg verbracht.
2. Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?
Ich liebe den Kreuzberg. Ich sitze vor allem abends gerne ganz oben und schaue auf die Stadt und höre mit halbem Ohr die Musik und die Gesprächsfetzten der Menschen um mich herum. Wenn es zu voll ist, ist der Gleisdreieck-Park auch nicht weit und im Bergmannkiez um die Ecke kann man wundervoll flanieren.
3. Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?
Ich spaziere gerne um den Schlachtensee, da war ich als Kind oft. Mittlerweile fahre ich aber auch sehr gerne aufs Tempelhofer Feld.
4. Welche Ecken der Stadt meiden Sie?
Also ich wohne im Wedding und fühle mich dort sehr wohl. Natürlich gibt es Ecken, an denen ich vor allem nachts etwas schneller gehe und unnötige Blickkontakte meide, aber grundsätzlich fühle ich mich sicher in Berlin.

2018 legte sie ein bilinguales deutsch-französisches Abitur ab. Gleich im Anschluss fanden die Dreharbeiten zu Leonie Krippendorffs Spielfilm „Kokon“ statt, in dem Urzendowsky in ihrer ersten Kinohauptrolle zu sehen war. Für ihre Darstellung der Fußpflegerin Evi im Film „Der große Rudolph“ über den Modemacher Rudolph Moshammer erhielt sie 2019 den Förderpreis des Deutschen Fernsehpreises und den Deutschen Schauspielpreis in der Kategorie Nachwuchs.
In diesem Herbst starten zwei Kinofilme mit Lena Urzendowsky. In „791 km“ ist sie an der Seite von Iris Berben und Joachim Król zu sehen, in „Franky Five Star“ spielt sie die titelgebende Franky, die ihre fünf Persönlichkeiten in den Griff bekommen muss. Vorher aber steht die 23-Jährige noch auf der Bühne der diesjährigen Nibelungen-Festspiele in Worms: Vom 7. bis 23. Juli wird „Brynhild“ uraufgeführt – mit Urzendowsky in der Hauptrolle.
5. Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?
Ich lebe aus Klimagründen vegan und liebe Hummus. Mein Tipp ist daher das Zula Hummus Café in Prenzlauer Berg. Perfekt, um mit Freunden essen zu gehen und danach noch ins Kino in der Kulturbrauerei gleich daneben.
6. Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?
Ich gehe nicht gerne shoppen, aber wenn ich in Schaufenster schauen möchte und durch Läden bummeln will, dann fahre ich zum Hackeschen Markt.
7. Der beste Stadtteil Berlins ist …
Naja, der Wedding natürlich. Ich liebe zwar Kreuzberg und auch in Prenzlauer Berg verbringe ich viel und gerne Zeit. Aber ich mag es, dass im Wedding noch nicht alles so schick ist. Dort fühle ich mich zu Hause, muss nicht fancy aussehen, die Parks und Cafés sind nicht ganz so voll und trotzdem bin ich mitten in der Stadt.
8. Das nervt mich am meisten an der Stadt:
Die Gentrifizierung. An ihr zeigen sich alle Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft greifbar und alltäglich. Die reichsten Firmen und Privatpersonen sitzen oder wohnen zentral und gut angebunden. Das wäre in einer Gesellschaft gerecht, in der auch diejenigen gut verdienen, die wichtige und anspruchsvolle Arbeit machen, die nicht auf Wirtschaftswachstum ausgerichtet ist, zum Beispiel soziale Berufe. Aber so ist der Wohlstand in unserer Gesellschaft überhaupt nicht verteilt. Diese ungerechte Verteilung täglich im Stadtbild gespiegelt zu sehen, nervt mich nicht nur, es macht mich traurig.
9. Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?
An erster Stelle der Wohnungsmarkt. Mehr Radwege brauchen wir auch, damit weniger Autos das Klima verpesten. Ich finde, in Anbetracht des Klimawandels sind die Interessen und Freiheiten von Fahrradfahrer:innen und Autofahrer:innen nicht gleich viel wert. In Berlin das Auto zu benutzen, nimmt unsolidarisch viel Platz ein, verschmutzt die Lebensumgebung aller und ist vor allen Dingen für den Großteil der Menschen wirklich alles andere als alternativlos.
Ich würde mir wünschen, dass die Politik in Zeiten von Luftverschmutzung und Hitzerekorden ein Zeichen setzt und denjenigen Verkehrsteilnehmern Vorteile und Vorrang verschafft, die einen massentauglichen, nachhaltigen und gesunden Lebensstil pflegen.
10. Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?
Also ich kann mir wirklich keine Stadt vorstellen, in der ich lieber wohnen würde als in Berlin. Ich liebe es, dass es so viele verschiedene Viertel gibt und dass sie alle mit Parks verbunden sind. Jeder Stadtteil hat sein eigenes Zentrum und seinen Charme. Da ich selbst Berlinerin bin, stört mich die sogenannte Berliner Schnauze auch nicht im geringsten, ich habe ja selbst eine.




