Abendgarderobe

Stilkritik: Die schlimmsten und schönsten Outfits beim Bundespresseball

Kostümfundus und Edelrobe, frühlingshafter Flatterfummel und schicker Hosenanzug: Stilistisch lagen die Gäste beim Bundespresseball in Berlin weit auseinander.

Unter dem Motto „Für die Pressefreiheit“ feierten auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r.), Außenministerin Annalena Baerbock (2.v.l.), Journalist Can Dündar (3.v.r), First Lady Elke Büdenbender (4.v.r), Baerbock-Gatte Daniel Holefleisch (l.) und Dilek Dündar (2.v.r.).
Unter dem Motto „Für die Pressefreiheit“ feierten auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r.), Außenministerin Annalena Baerbock (2.v.l.), Journalist Can Dündar (3.v.r), First Lady Elke Büdenbender (4.v.r), Baerbock-Gatte Daniel Holefleisch (l.) und Dilek Dündar (2.v.r.).Monika Skolimowska/dpa

Einmal im Jahr kommt es in Berlin zum großen Stelldichein der Promis und Politiker, auch bekannt als Bundespresseball. Da stößt dann die Schauspielerin mit der Bundesministerin an, auch die Partnerinnen und Partner bekommt man mal zu Gesicht; gemeinsam werden Austern und Champagner geschlürft. Dieses Jahr, zur 70. Ausgabe der Sause, kamen mehr als 2000 Gäste ins Hotel Adlon.

Der Bundespresseball gilt als wichtiges gesellschaftliches Ereignis der Hauptstadt, die Benimmregeln aber sind eher locker. Zwar gibt es einen Dresscode: „Damen erscheinen im langen Abendkleid, Herren im schwarzen Frack oder eleganten Smoking“, heißt es von den Veranstaltern. Doch die Vorschriften werden längst nicht von allen befolgt, und sie bewahren die schwofende Menge auch nicht vor outfittechnischen Ausfällen, wie unsere Tops und Flops zeigen.

Top: Goldstatus – Annalena Baerbocks Toga-Look

Dass unsere Außenministerin Annalena Baerbock eine Menge Geld für Stylisten und Visagisten ausgibt, ist ja seit einiger Zeit bekannt und sorgte auch schon für Aufregung. Doch man muss es sagen, wie es ist: Das Geld ist gut investiert, wie man am Bundespresseball sehen kann – Baerbock sticht mal wieder glänzend gestylt aus einer schlecht angezogenen Politikermasse heraus.

Glänzender Auftritt: Baerbocks Kleid passte auch prima zum mondänen Ambiente des Hotels Adlon.
Glänzender Auftritt: Baerbocks Kleid passte auch prima zum mondänen Ambiente des Hotels Adlon.Imago/Eventpress

Ihre gülden schimmernde Robe im Stile einer römischen Toga verdient den Titel der Abendgarderobe, zu Recht zog dieser Auftritt alle Augen und Kameraobjektive auf sich. Ein bisschen spätrömische Dekadenz, ein bisschen Glamour zur Schau zu tragen, so etwas trauen sich ja hierzulande nur wenige, und wenn doch, dann geht es meist daneben. Nicht so bei der Grünen-Politikerin, die zum bodenlangen Kleid spitze Funkel-Pumps, eine Clutch und Ohrringe kombinierte – da passte einfach alles, was man von den anderen Anwesenden, mit wenigen Ausnahmen, leider nicht behaupten konnte. 

Flop: Ästhetische Weichenstörung – Sigrid Nikuttas Lamettafummel

Sigrid Nikutta gilt als Anpackerin und Managerin, die die Mühen der Ebene nicht scheut. Das hat ihr als BVG-Chefin viele Sympathiepunkte eingebracht. Als Mitglied des Vorstands der Deutschen Bahn AG in Berlin verantwortet sie seit Januar 2020 das Ressort Güterverkehr, und ganz offenbar liegen ihre Prioritäten nicht auf vermeintlich glamourösen Abendveranstaltungen, wie sie beim Bundespresseball bewies. 

Nachher noch zum Pilates: Sigrid Nikutta im ärmellosen Lurex-Top neben Franziska Giffey, die sich irgendwie in der Tageszeit vertan hat.
Nachher noch zum Pilates: Sigrid Nikutta im ärmellosen Lurex-Top neben Franziska Giffey, die sich irgendwie in der Tageszeit vertan hat.Franziska Giffey/Instagram

Silber ist grundsätzlich eine festliche Farbe und kann ein Ballkleid zum Hingucker machen, aber offenbar hatte Nikuttas Stylistin frei, oder die Schneiderin wurde nicht rechtzeitig fertig. Also ging Nikutta ärmellos, sie kann es sich leisten. Elegant sieht das aber nicht aus, denn was an den Armen fehlt, hängt irgendwie planlos am Ausschnitt herum, an der einen Stelle zu wenig Stoff, an der anderen zu viel. Weiter unten wurde auch gespart, der wenig originelle schwarze Rock ist zu kurz und verleiht dem ganzen Ensemble einen zu sportiven Charakter. Aber schlussendlich muss ja auch getanzt werden, die Frau hat vielleicht einfach nur mitgedacht und sich auf schweißtreibende Runden auf dem Parkett vorbereitet. 

Top: Klassischer Schick – Elke Büdenbender im Einteiler

Hatten wir kürzlich noch am Outfit von Deutschlands First Lady Elke Büdenbender herumgemäkelt – zum Deutschland-Besuch von König Charles trug sie ein Sommerhütchen, als wäre sie gerade auf dem Weg zum Wannsee –, so gibt es am Auftritt der 61-Jährigen beim Bundespresseball stilistisch rein gar nichts auszusetzen. Büdenbender verstieß zwar streng genommen gegen den Dresscode, denn ein langes Abendkleid ist ihr Outfit nun mal nicht.

Hält jedem Walzer stand: der Einteiler von Elke Büdenbender.
Hält jedem Walzer stand: der Einteiler von Elke Büdenbender.Imago

Doch muss man ihr dies sofort verzeihen, schließlich ist der oben eng und unten weit geschnittene dunkelblaue Einteiler sehr elegant und zudem bestens geeignet für den schwungvollen Walzer, den Büdenbender und ihr Mann, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, um Punkt 21.54 Uhr aufs Parkett legten. Auch die Details überzeugen: der schmale, farblich perfekt passende Gürtel, die Hosenlänge, die hellen Schuhe, die sie dazu kombinierte, da stimmte alles. 

Flop: Das Kleid zur Lipton-Tee-Reklame – Franziska Giffey

Da ist einiges schiefgegangen bei der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey. Zwar sind die pfauenhaften Farben ihres Kleides ganz hübsch, aber was unten zu sommerlich flattert und schwingt, hätte oben etwas mehr Stoff vertragen können. Zudem ist Giffeys Kleid nicht wirklich vorteilhaft, es betont ungünstig und wirkt im Ganzen planlos, was noch durch die durchsichtigen Ärmelchen betont wird.

Alles in allem sieht Franziska Giffey in dem Kleid mit dem Plissee-Rock zu sommerlich aus, zu wenig nach einer Ballveranstaltung und zu sehr nach einer Gartenparty. Aber was soll’s? So kann sie das Kleid mehrmals tragen, und wenn es dann doch noch kühler wird, kann sie immer noch eines von ihren vielen Bolero-Jäckchen drüberziehen und sich einen schönen Beutel Lipton-Tee aufbrühen lassen. Das nennt man mitgedacht, was könnte einer SPD-Politikerin besser zu Gesicht stehen als bürgernahe Sparsamkeit? Wir sind hier ja nicht bei Hofe.

Irgendwas zwischen Gartenparty und Abiball: Franziska Giffey wollte es allen recht machen in ihrem Kleid. 
Irgendwas zwischen Gartenparty und Abiball: Franziska Giffey wollte es allen recht machen in ihrem Kleid. Annette Riedl/dpa

Top: Signalfarbe Rot – Sawsan Chebli verbreitet Rihanna-Vibes

Man muss Sawsan Chebli allein schon dafür dankbar sein, dass sie Farbe ins vom männersmokingbedingten Einheitsschwarz dominierte Ballgeschehen brachte. Während für die meisten Damen an diesem Abend das schreckliche Türkis schon das Höchste der Gefühle war, griff die SPD-Politikerin zu knalligem Rot, was natürlich parteipolitisch gesehen passt, aber ihr abgesehen davon auch einfach sehr gut steht. 

Sawsan Chebli in parteipolitisch passendem Rot.
Sawsan Chebli in parteipolitisch passendem Rot.Imago/Eventpress

Stilsicher kombinierte die 44-Jährige ihr Outfit, das ein wenig an Rihannas Red-Beauty-Look beim Super Bowl erinnerte, mit glänzendem Schmuck und Goldtönen an Tasche und Schuhwerk. Müßig zu ergänzen, dass auch das Make-up und die manikürten Füße stimmten. Hier hat sich jemand Gedanken gemacht und Zeit investiert in seine Garderobenwahl. Zwar lässt sich über den Netzeinsatz am Oberteil der Robe trefflich streiten, aber da das Kleid insgesamt schön fließt und die Treppen-Volants ein hübsches, gleichzeitig nicht überfrachtendes Detail darstellen, ist diese Petitesse nicht der Rede wert.

Flop: Aus der Zeitmaschine gefallen – Annette Marberth-Kubicki

Nirgendwo steht geschrieben, dass man ein Abendkleid nur ein einziges Mal tragen darf, wie es ja immer noch bei Hochzeitskleidern die Regel ist. Nein, man kauft einfach eine Robe, und wenn man sie nicht mehr so oft benötigt, wird sie eingemottet und dann viele Jahre später wieder auf dem Parkett präsentiert. So wohl geschehen beim Abendkleid von Annette Marberth-Kubicki, Ehefrau von Wolfgang Kubicki, des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP.

Eine osteuropäische Jugendherberge vermisst einen Duschvorhang: Annette Marberth-Kubicki und Ehemann Wolfgang Kubicki.
Eine osteuropäische Jugendherberge vermisst einen Duschvorhang: Annette Marberth-Kubicki und Ehemann Wolfgang Kubicki.Imago/Eventpress

Die hatte passend zum 70. Bundespresseball gleich ein Kleid aus den 70ern rausgekramt, dessen seidiger Glanz unschön an schwitzigen Polyester erinnert, ein Material, das ja in jenem Jahrzehnt bei der Oberbekleidung frenetisch zum Einsatz kam und zu allerlei unschönen Hautirritationen führte. 

Das Schlimmste an der immerhin ordentlich geschnittenen und gut sitzenden Robe ist aber nicht das Material, sondern die Farbe. Sie rangiert in ihrer türkisen Meeresbrisenfrische irgendwo zwischen Badesalz, Abba-Kostümfundus und dem Duschvorhang einer osteuropäischen Jugendherberge. Schlimm.

Top-Flop: Marie-Agnes Strack-Zimmermann tankt auf

Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Ehemann Horst: Einmal super, bitte!
Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Ehemann Horst: Einmal super, bitte!dpa/Annette Riedl

Oh, was ist denn da passiert in der Styling-Küche? Die Vorständin der FDP-Bundestagsfraktion, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, ansonsten ein leuchtendes Beispiel an zwar etwas exzentrischem, aber gutem Geschmack, hat hier ein wenig daneben gegriffen.

Der signal-farbene Zweireiher mit der Marlene-Dietrich-Hose ist nicht wirklich vorteilhaft und wird auch nicht besser durch die Sneaker, die Strack-Zimmermann dazu trägt. Das Ganze hat irgendwie Tankwart-Vibes. Die ebenfalls neonfarbene Clutch dazu ist dann wieder ein Statement und Zusatzpunkte gibt es für die Tatsache, dass die Frau sich Gedanken über ihr Outfit gemacht hat und nicht in irgendeiner Steglitzer Boutique für Abendmode in ein Kleid gefallen ist. 


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