Anja Rützels Kolumne

Anja Rützels Kolumne: Genitalhörige Reality-Wutbrumme

Nico Legat testet im Trash-TV seine Treue, Paris Hilton trauert um ihren Hund und Helene Fischer hat Orientierungsprobleme.

Ist das Lachen mittlerweile vergangen: Paris Hilton trauert derzeit um ihren Hund.
Ist das Lachen mittlerweile vergangen: Paris Hilton trauert derzeit um ihren Hund.dpa

Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?

Nico Legat, der Sohn von Thorsten Legat, Ex-Fußballer und Reality-Wutbrumme. Der 24-jährige Nico testet gerade beim Fummelformat „Temptation Island“ mit Freundin Sarah seine Treue und liefert dabei eine durch und durch peinliche, erbärmlich genitalhörige Vorstellung – ein neuer Tiefpunkt in dieser Versuchungs-Versuchsanordnung, bei der seit einigen Staffeln die Messlatte ohnehin so niedrig hängt, dass auch ein gelenkiger Hamster beim Limbo-Tanz allmählich Probleme bekommt. Nico also begattete dort in der kamerafreien, aber mit Mikrofonen bestens ausgestatteten Dusche mehrfach eine der sogenannten Verführerinnen und gab sich hinterher bei der Konfrontation mit seiner eigentlichen Freundin obendrein noch extra arschig. Vater Legat zeigte sich in seiner Reaktion auf diese Geschmacklosigkeit ungewohnt softig: „Er ist noch jung, die Endorphine spielen da in dem Alter noch ein bisschen verrückt.“ Eine durch und durch schäbige Gemeinschaftsleistung.

Paris Hilton musste vergangene Woche den Tod eines ihrer Chihuahuas betrauern. Haben Sie das Leben der dahingegangenen Hündin verfolgt?

Nicht speziell, man verliert bei Paris’ Kleinhundrudel ja schnell ein bisschen den Überblick. Aber ich kann allen Leserinnen und Lesern, die jetzt spontan mit der Hotelerbin trauern, immerhin berichten, dass die Hündin mit dem schönen Namen Harajuku Bitch 23 Jahre alt wurde, für Hunde ein wirklich biblisches Alter. Und ich war selbst natürlich auch sofort gerührt, als ich den Nachruf las, den Paris Hilton für ihr „kleines Bündel Liebe“ auf Instagram veröffentlichte: „Sie war nicht nur ein Haustier, sie war Familie und eine treue Begleiterin in jedem Moment.“ Das glaube ich sofort. Und auch, dass Harajuku Bitch im Hause Hilton ein wahrhaft „ikonisches“ Leben geführt habe. Auch Guido-Maria Kretschmer musste sich vergangene Woche übrigens von einem seiner Barsois, der Hündin Aimée, verabschieden. Barsois sind langhaarige, große und langnasige Windhunde, optisch also so ziemlich das Gegenmodell zu einem Chihuahua, aber bei der Trauer um sie sind dann ja ohnehin alle Hunde gleich. Ach, ach.

Anja Rützel und Hund Juri
Anja Rützel und Hund JuriPrivat

Tom Hanks bekam von der Harvard University die Ehrendoktorwürde verliehen. Haben Sie sich seine Festrede angehört?

Ja, denn ich habe neben einigem anderen Klimbim auch mal ein Weilchen Rhetorik studiert und bin immer sehr interessiert daran, wie prominente Menschen so etwas meistern. Tom Hanks hat seine Rede während der Abschlussfeier der diesjährigen Absolventen der Elite-Uni so klassisch und solide aufgebaut, dass auch die großen Reden-Lehrmeister der Antike sicher wohlwollend genickt hätten: Er spielte seine eigene Bedeutung ein bisschen herunter, um sich sympathisch zu machen, und sagte, er wisse persönlich nicht viel über Latein, Enzyme oder Weltpolitik, aber er habe im Leben viele andere Dinge gelernt. Er hielt sein Publikum bei Laune, indem er auch Weisheiten von unerwarteten Instanzen wie Marlon Brando und Vergleiche mit Superhelden einbaute. Und er gab seinem zentralen Appell eine Stoßrichtung, der man nun wirklich nicht widersprechen kann: Es sei wichtig, für die Wahrheit zu kämpfen, weil sie eben nichts beliebig Formbares sei, das man einfach der eigenen Meinung anpassen könne. Und forderte seine Zuhörer und Zuhörerinnen auf, sich für „Freiheit für alle“ einzusetzen.

Was macht eigentlich Helene Fischer?

Sie ist immer noch auf Tour und hatte dabei vergangene Woche mit ein paar kleineren Ruckeligkeiten zu kämpfen. So war sie bei ihrem Konzert in Oberhausen kurzzeitig der Meinung, sich in Düsseldorf zu befinden. In Bremen kletterten zwei unbefugte Besucherinnen während des Konzerts auf die Bühne. Und sie musste sich mit Kritik für ihren Lidl-Werbespot herumschlagen, weil zahlreiche Menschen nur mäßiges Verständnis dafür hatten, dass ein Supermarkt einerseits die Preise anhebt und andererseits viel Geld für Werbepromis ausgibt. Es war eben eine dieser Wochen, Helene, wir kennen sie alle.

Die Fragen stellte Christian Seidl.


Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.