Die Woche auf dem Boulevard

Anja Rützels Kolumne: Schockierendes Sausackwesen

David Beckham ist unter die Imker gegangen, Lily Allen fürchtet die digitale Schamspeicherung und Helene Fischer wirbt für Lidl.

Es war einmal ein Partybiest: Lily Allen
Es war einmal ein Partybiest: Lily AllenEvan Agostini/dpa

Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?

David Beckham. Allerdings mehr neidisch als wütend: Ich las nämlich, dass er König Charles III. vergangene Woche bei einem Treffen ein Glas Honig aus eigener Herstellung schenkte. Als altes Promiprodukt-Shoppingopfer habe ich natürlich sofort gegoogelt, ob man das Beckham’sche Bienenprodukt auch als bürgerlicher Mensch erwerben kann, aber leider reichen die 200 Gläser, die die Bienchen im Garten der Beckhams pro Jahr zusammensammeln, nur für den erweiterten Freundeskreis. „DBee’z Sticky Stuff“ nennt Becks seinen Honig. Und mich rührt die Vorstellung wirklich sehr, wie er sich diesen Dadjoke-mäßigen Namen glucksend ausdachte. Er kam übrigens während des Corona-Lockdowns zur Imkerei, und ich muss sagen, dass ich diese Zeit deutlich unproduktiver verplempert habe. Zum Trost schmierte ich mir ein Brötchen mit Honig aus den privaten Bienenstöcken von Königin Camilla, den ich im Rahmen meines Krönungskaufrausches in London in meinem wirklich sehr schweren Souvenirkoffer nach Hause schleppte.

Die Sängerin Lily Allen, früher mal durchaus dem ausschweifenden Partyleben zugeneigt, äußerte sich vergangene Woche in einem Interview zu ihrer Vergangenheit: Sie sei besorgt, dass ihre beiden Töchter ihr deswegen böse sein könnten, wenn sie alt genug sind, davon zu erfahren.

Viel Zeit bleibt ihr wahrscheinlich nicht mehr, bis Ethel, elf Jahre, und Marnie, zehn Jahre, ins googlefähige Alter kommen und staunend erfahren werden, was Mama früher so getrieben hat. Das gehört zwangsläufig zu den Geißeln der digitalen Schamspeicherung, die prominente Menschen natürlich ganz anders heimsuchen als uns Normalbürger, die wir lediglich fürchten müssen, dass Myspace irgendwann ein retroseliges Comeback feiern und all die verdrängten Frisurensünden und von schräg oben geknipsten Empfindsamkeits-Schnütchenfotos wieder in die Gegenwart spülen könnte. Sie sei erstaunt, dass ihr all der Alkohol und die Drogen nicht das Leben gekostet hätten, sagte Lily Allen kürzlich in einem Interview, und tatsächlich waren ihre Töchter schon sieben beziehungsweise sechs Jahre alt, bis sie es vollends schaffte, davon loszukommen. Im selben Interview erzählt Allen aber auch von den schlimmen Dingen, die ihr in den Jahren zuvor passierten, ihrem Kind, das sie verlor, sexuellen Angriffen, die sie im Musikbusiness erlebte – wenn ihre Töchter ihre ganze Geschichte hören, werden sie ihre Mutter sicher nicht als grundlos außer Kontrolle geratenes Partybiest sehen.

Anja Rützel und Hund Juri
Anja Rützel und Hund JuriPrivat

Auch die Hollywoodlegende Jane Fonda, inzwischen 85 Jahre alt, erzählte vergangene Woche davon, während ihrer Arbeit am Filmset belästigt worden zu sein. Ein Regisseur habe verlangt, sie solle mit ihm Sex haben, damit er beurteilen könnte, ob ihr Orgasmus filmreif sei.

Die Geschichte ist so dreist und traurig, und man kann sich gleichzeitig gut vorstellen, dass solche Übergriffe in dieser Branche ganz bestimmt keine schockierende Ausnahme sind. Laut Jane Fonda passierte das Ganze am Set von „Joy House“. Sie war damals 27 Jahre alt, und der französische Regisseur René Clément habe ihr diese unglaubliche Forderung unterbreitet: Er wolle mal eben in der Praxis erproben, ob sie die für den Film geplante Sexszene auch zufriedenstellend abliefern würde. Das offenbart neben unglaublichem Sausackwesen auch eine wirklich sonderbare Vorstellung von Schauspielkunst. Fonda wand sich damals aus der Situation, indem sie vorgab, sein auf Französisch vorgebrachtes Ansinnen schlicht nicht verstanden zu haben.

Was macht eigentlich Helene Fischer?

Sie trat gerade zusammen mit Barbara Schöneberger und Max Giermann in einem Werbespot für die Discounterkette Lidl auf. Bei dieser Gelegenheit habe sich der Imitationskünstler Niermann direkt in sie verliebt, freilich auf rein professioneller Ebene, gab er anschließend zu Protokoll, weil sie so bescheiden und zurückhaltend gewesen sei. Ich warte weiter auf den Tag, an dem laute, mittelpunktsverliebte Frauen ebenfalls als verknallungswürdig gelten.

Die Fragen stellte Christian Seidl.


Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.