Die Woche auf dem Boulevard

Anja Rützels Kolumne: Dünn dosierte Empathiefitzelchen

Kelly Clarkson offenbart fragwürdige Erziehungsmethoden, Emma Watson hat surfen gelernt und Helene Fischer ist einen Titel los: Das war die Woche auf dem Boulevard.

Klappt’s mit dem Klaps? Sängerin Kelly Clarkson hält Schläge auf den Po für eine gute Erziehungsmethode.
Klappt’s mit dem Klaps? Sängerin Kelly Clarkson hält Schläge auf den Po für eine gute Erziehungsmethode.AFP

Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?

Kelly Clarkson. Die Grammy-Preisträgerin, die mal „American Idol“ gewann, erzählte in einem Radio-Interview, dass sie ihre Tochter River Rose, 8, und ihren Sohn Remington Alexander, 7, gelegentlich mit Schlägen auf den Hintern bestrafe. Und sie erzählte das so leichthin und nonchalant, als sei diese düstere Erziehungsmaßnahme völlig normal – und dann garnierte sie ihre Worte auch noch mit dem reaktionären Hinweis, ihre Eltern hätten ihr selbst „auch den Hintern versohlt“, und sie sei „im Leben gut klargekommen“. Aus Fairnessgründen kündige sie außerdem ihre Hiebe vorher bei ihren Kindern an: „Ich warne sie und sage: ,Hallo, ich werde dir den Hintern versohlen, wenn du nicht sofort aufhörst.‘“ Mitunter bekäme sie Kritik zu hören, wenn sie diese körperliche Züchtigung in der Öffentlichkeit durchführe, aber das kümmere sie nicht weiter. Uff, sage ich bei so viel Ignoranz und Empathiefreiheit.

Die britische Schauspielerin Emma Watson berichtete vergangene Woche ebenfalls von fragwürdigen Erziehungsgepflogenheiten: Sie erzählte, dass ihr Vater ihr schon als Kind zum Mittagessen regelmäßig Alkohol serviert habe.

Das fand ich auch irritierend, allerdings soll es sich dabei um eher dünn dosierte Weinschorlen gehandelt haben. Demnächst will Watson zusammen mit ihrem Bruder Alex einen eigenen Gin auf den Markt bringen, der besonders nachhaltig produziert werden soll, nämlich aus „recycelten Weintrauben“, sagte sie jetzt der Financial Times. Ich werde ihn vermutlich mal probieren, weil mir Emma Watson sehr sympathisch ist. Mir gefällt, wie sie nach zehn Jahren Harry-Potter-Drehstress ihr Arbeitspensum inzwischen sehr gesund heruntergefahren hat und dass sie sich zwischendurch immer wieder mal von ihren Social-Media-Kanälen abmeldet. Mitte April berichtete sie auf Instagram nach einer längeren Pause, was sie derweil so beschäftigt habe: „Ich habe surfen gelernt (schlecht), ich bin geritten (das hat besser geklappt), ich habe viel Therapie gemacht.“ Das klingt doch erfreulich aufgeräumt.

Anja Rützel und Hund Juri
Anja Rützel und Hund JuriPrivat

David Beckham scheint dagegen nicht ganz in seiner Mitte zu sein. In einer neuen Netflix-Doku soll er auch über seine diversen Zwangsneurosen auspacken.

Ich habe ein paar vorab veröffentlichte Inhaltsschnipsel gelesen und bin jetzt tatsächlich gespannt. Beckham soll zum Beispiel nachts zwanghaft im Haus herumschleichen und sämtliche Kerzen säubern, erzählt er wohl in der Doku: Er schneidet das geschmolzene Kerzenwachs ab, stutzt die Dochte und putzt die Kerzenständer. Vor allem die Rußfitzelchen im Inneren der Kerzen würden ihn stören. Auch den Rest des Hauses putze er so ordentlich, „dass ich mir nicht sicher bin, ob meine Frau das wirklich zu schätzen weiß, um ehrlich zu sein“, sagte er der Filmcrew. Seine Frau Victoria, Space Girl a.D., soll in der Doku dem Team versichern, sie fände ihren Mann „einfach perfekt“, und die Familie wisse seine Mühen zu schätzen. „Glaubt das keine Sekunde“, soll Beckham dagegenhalten: „das ist purer Sarkasmus“.

Was macht eigentlich Helene Fischer?

Was sie gerade macht, entzieht sich leider wieder einmal meiner Kenntnis, aber für die nahe Zukunft kann ich zumindest einen Konjunktiv rapportieren: Fischer könnte bei Rock am Ring nämlich eine Einladung von dem Schauspieler und Musiker Jack Black wahrnehmen. Er habe einiges von ihr gehört und werde bei seinem Festivalauftritt auf sie warten. Das ist immerhin etwas, denn wie eine Webseite errechnet haben will, soll Fischer seit kurzem nicht mehr als erfolgreichste deutsche Sängerin gelten: Mit 55 Millionen weltweit verkauften Tonträgern und ähnlicher Abräumereien sei stattdessen die Gesangsveteranin Vicky Leandros rechtmäßige Trägerin dieses Titels. Dass sie nicht für Deutschland, sondern gleich zweimal für Luxemburg beim seinerzeitigen Grand Prix Eurovision de la Chanson antrat (und einmal gewann), muss man bei diesem Ranking einfach europäisch-elastisch sehen.

Die Fragen stellte Christian Seidl.


Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.