Anja Rützels Kolumne

Die Woche auf dem Boulevard: „We had a moment“, wie König Charles sagen würde

Ein wichtiges Zeichen von Daniel Radcliffe, Gossipcontent von Kourtney Kardashian, und was macht eigentlich Helene Fischer: die Woche auf dem Boulevard.

Royales Berlin: König Charles III. und Gattin Camilla
Royales Berlin: König Charles III. und Gattin CamillaPA Wire

Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?

Endlich ist die Zeit reif für diesen Satz: Ich hatte keine Zeit, mich aufzuregen, weil ich so viel mit dem König beschäftigt war. So ein royaler Staatsbesuch ist ja schon zeitaufwändig, nicht nur für die direkt Beteiligten – alleine am Mittwoch habe ich sechs Stunden mit Herumsteherei vor dem Brandenburger Tor verbracht: für ein paar Minuten Charles und Camilla live. Aber ich will nicht klagen, denn zumindest habe ich dafür einen royalen Handschlag bekommen. Ich hatte mich als alte Adelsfüchsin zwischen einem putzigen Kind und einem Union-Jack-Schwenker hinter den Zuschauerabsperrungen positioniert, und wie erhofft blieb Charles bei den beiden genau so lange stehen, dass ich auch noch teleskopartig meinen Arm aus der zweiten Reihe nach vorne strecken konnte, damit König Charles III. sie schütteln konnte. We had a moment, wie er wahrscheinlich sagen würde.

Vergangene Woche haben viele Medien darüber berichtet, dass Harry-Potter-Schauspieler Daniel Radcliffe Vater wird. Die interessantere News war allerdings, dass er seine Prominenz nutzte, um ein Gespräch mit transsexuellen Jugendlichen zu moderieren.

Sein Engagement ist vor allem darum ein wichtiges Zeichen, weil Potter-Autorin J.K. Rowling immer noch mit Anti-transgender-Äußerungen auffällt. Radcliffe moderierte die Runde aus Trans- und nonbinären Jugendlichen für Trevor Project, eine Organisation, die eine Suizid-Telefonseelsorge für jugendliche LGBTQ betreibt. Am Freitag wurde eine Aufnahme davon auf YouTube veröffentlicht. „Wir hören dauernd, wie so viele Leute über Transjugendliche sprechen, so oft geht es in den Nachrichten um sie, aber sehr selten hören wir tatsächlich etwas von diesen Jugendlichen selbst“, sagte Radcliffe. „Wenn man über Transjugendliche sprechen will, könnte es aber doch ganz nützlich sein, ihnen auch tatsächlich zuzuhören.“

Für seine eigenen Kinder wünschte er sich vergangene Woche bei anderer Gelegenheit, dass sie, anders als er selbst, ohne öffentlichen Druck und ohne ewiges Rampenlicht aufwachsen können: „Es wäre traumhaft, wenn sie ein Filmset besuchen würden und dabei denken: ,Wow, ich wünschte, ich würde im Art Department arbeiten. Ich möchte Teil der Crew sein.‘ Filmsets sind tolle Orte. Sie können auch für Kinder großartig sein. Aber die Berühmtheit – das ist es, was man um jeden Preis vermeiden sollte.“

Anja Rützel und Hund Juri
Anja Rützel und Hund JuriPrivat

Auch Jennifer Aniston zeigte sich vergangene Woche in einem Interview reflektiert: Sie findet rückblickend, dass ihre Erfolgsserie „Friends“ erschreckend undivers besetzt wurde.

Schon vor ein paar Jahren hat ihre Serienkollegin Lisa Kudrow diesen Umstand in einem Interview mit The Times angesprochen – auf die Frage, wie „Friends“ aussehen würde, wenn es heutzutage produziert werden würde, sagte sie: „Nun, es gäbe keinen komplett weißen Cast, das ist sicher.“ Schauspielerinnen und Schauspieler mit nichtweißer Hautfarbe sind in der Sitcom tatsächlich nur in kleinen Neben- oder Gastrollen zu sehen. Das sei nicht absichtlich so geschehen, glaubt Aniston, in den Neunzigern habe es schlicht viel weniger Sensibilität für derlei Offensichtlichkeiten gegeben.

Kourtney Kardashian sorgte derweil für klassischen Gossipcontent: Sie postete auf Instagram ein leicht verstörendes Foto ihres Badezimmers, dessen Fußboden und Toilettendeckel mit Tellern voller Speisen übersät ist.

Ich habe auch länger über diesem Foto meditiert und mich vor allem gefragt, ob das rote Wasser in der Badewanne wohl stark verdünnter Ketchup ist. Als sich das Instagramvolk erwartungsgemäß über Kardashians unappetitlichen Serviervorschlag erregte, klärte sie schließlich auf, dass es sich dabei um die Kulisse eines Fotoshootings handele. Laaaaaangweilig!

Was macht eigentlich Helene Fischer?

Ich gehe stark davon aus, dass sie – wie ich – gerade ihre charlesbedingt plattgestandenen Füße kuriert. Garantiert hat sie auch angestanden: Von einem König kann in Sachen Inszenierung auch der ausgebuffteste Star etwas lernen.


Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.