Wenige Tage vor dem geplanten Abschalten der letzten drei Atomkraftwerke hat CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die Bundesregierung aufgefordert, diese Entscheidung zu korrigieren. „Wir sollten die Tür für die Weiternutzung der Kernenergie offen lassen“, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Es gebe jetzt noch die Möglichkeit, für die drei Meiler Neckarwestheim 2, Isar 2 und Emsland neue Brennstäbe zu bestellen, um sie dann im kommenden Winter bei hohem Energiebedarf wieder ans Netz gehen zu lassen.
„Deswegen fordere ich die Bundesregierung auf, die notwendige Entscheidung zur Brennstoffbeschaffung zu treffen, damit wir im nächsten Winter keine Blackouts erleben“, sagte Dobrindt. Im gerade zu Ende gegangenen Winter hätten nur das relativ milde Wetter und der stark wehende Wind mögliche Blackouts verhindert. „Dieser Winter gibt ein vollkommen trügerisches Gefühl vermeintlicher Sicherheit. Eine Garantie für die nächsten Winter gibt es nicht.“
Das Abschalten der Kernkraftwerke zum 15. April sei und bleibe ein Fehler, der sich bitter rächen könne. „Übrigens nicht nur aus energiepolitischer, auch aus klimapolitischer Sicht bleibt diese Entscheidung falsch.“
Die letzten drei deutschen Atomkraftwerke hätten eigentlich schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise beschloss die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr jedoch, die drei Meiler über den Winter weiterlaufen zu lassen. Am 15. April sollen sie nun aber endgültig heruntergefahren werden.
FDP: Atomkraftwerke sollten bis 2024 betriebsbereit bleiben
Deutschland sollte sich nach Ansicht der FDP die Möglichkeit eines Weiterbetriebs der verbliebenen Atomkraftwerke offenhalten. Die FDP-Fraktion im Bundestag spreche sich dafür aus, dass die Meiler nach ihrer Abschaltung Mitte April noch mindestens ein Jahr in einem betriebsbereiten Zustand bleiben sollten, um sie wieder hochfahren zu können, berichtete die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf ein Grundsatzpapier der Liberalen zur Energiepolitik.
„Wir sind überzeugt, dass die Reihenfolge des Ausstiegs aus den bestehenden Kern- und Kohlekraftwerken in Deutschland mit Blick auf das Klima die falsche ist“, heißt es demnach in dem Papier. Zwar werde der Atomstrom laut dem Bundeswirtschaftsministerium nicht mehr für die Versorgungssicherheit gebraucht, doch Notsituationen seien nicht immer absehbar. „Daher sollten die Kernkraftwerke bis zur vollständigen Substitution des russischen Erdgases durch andere Quellen - voraussichtlich im Frühjahr 2024 - reaktivierbar bleiben.
Grüne: Atomstrom ist Milliardengrab
Die Grünen bekräftigte indes ihre ablehnende Haltung zur Atomkraft und verwiesen auf eine neue Studie der TU Berlin und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). „Atomstrom ist ein Milliardengrab und nur hochsubventioniert und durch planwirtschaftliche Eingriffe überhaupt rentabel zu betreiben“, erklärte der Grünen-Abgeordnete Harald Ebner.
„Die Kosten für Störfall-Risiken, jahrzehntelangen Rückbau und Endlagerung schultert zum Großteil die Gesellschaft. Auch Laufzeitverlängerungen würden den Staat in Milliardenhöhe belasten, weil dann die Betreiber Kostenrisiken und Aufwand für den Weiterbetrieb in Rechnung stellen“, fügte der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit hinzu.
Die Studie der TU Berlin und des DIW im Auftrag der Grünen-Fraktion befasst sich mit den ökonomischen Aspekten der Atomkraft. „Seit Beginn des Atomzeitalters war Atomkraft die teuerste Möglichkeit zur Erzeugung von Strom - und heute sind die erneuerbaren Energien wie Wind und PV um ein Vielfaches günstiger“, heißt es in dem Kurzgutachten. „Tatsächlich entbehren Forderungen nach dem Weiterbetrieb der Kernkraftwerke in Deutschland oder gar des Neubaus jeglicher ökonomischen Grundlage.“





