Der Parteichef der CDU, Friedrich Merz, hat seine Forderungen nach raschen Entscheidungen der Regierung über Zurückweisungen von Flüchtlingen direkt an den deutschen Grenzen bekräftigt. Am Mittwoch stellte er der Ampelregierung ein Ultimatum. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Brandenburg an der Havel sagte Merz, wenn die Bundesregierung nicht bereit sei, eine verbindliche Erklärung zu geben, „dass der unkontrollierte Zuzug an den Grenzen gestoppt wird und diejenigen, die immer noch kommen, an den Grenzen in Deutschland zurückgewiesen werden“, dann würden weitere Gespräche mit der Bundesregierung keinen Sinn ergeben.
Am Donnerstag sprach der CDU-Parteichef zwar nicht von einem Ultimatum, sondern von einer „Bitte“ – wenn die Regierung aber in dieser Sache nicht zu raschen Entscheidungen in der Lage sei, dann gebe es aus Sicht der Union „keinen weiteren Beratungsbedarf mehr“.
Die Union wolle nur bei einer klaren Zusage zu den Zurückweisungen weiter an Gesprächen teilnehmen. Ob das rechtlich machbar sei, brauche nicht mehr geprüft werden, führte Merz nun in Brandenburg aus. „Die Prüfvermerke, dass das geht, liegen im Bundesinnenministerium und im Bundesjustizministerium.“ Diese Vermerke lägen bereits sei 2016 in beiden Ministerien vor, „dass Zurückweisungen an Grenzen in Deutschland zulässig sind“. „Da muss nichts mehr geprüft werden“, betonte Merz.
Merz fordert Führungskraft von Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz müsse nun Führungskraft beweisen und seine Richtlinienkompetenz gegenüber seiner Koalition nutzen, forderte Merz. „Dann haben wir nächste Woche Mittwoch eine Verabredung, dann können wir in den Deutschen Bundestag gehen und dann können wir bereits in der nächsten Woche die notwendigen Gesetze in erster Lesung beraten und verabschieden.“ Der Ampelkoalition hatte Merz am Dienstag vorgeworfen, bei diesem Thema zu blockieren.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte nach der ersten Gesprächsrunde in Berlin „einen harten Kurs gegen die irreguläre Migration“ angekündigt. Beschlüsse wurden nach Teilnehmerangaben bei dem Treffen nicht gefasst. „Jetzt geht es darum, bestimmte Punkte, die wir vertraulich besprochen haben, rechtlich zu prüfen und dann weiter zu beraten. Hierauf haben wir uns verständigt.“
Merz entgegnete bei seiner Wahlkampfrede am Abend, ob Zurückweisungen rechtlich machbar seien, brauche nicht mehr geprüft werden. „Die Prüfvermerke, dass das geht, liegen im Bundesinnenministerium und im Bundesjustizministerium.“
Merz hatte bereits am Dienstag nach dem Treffen zu Migration und innerer Sicherheit gesagt, dass die Union und die von CDU und CSU regierten Bundesländer nur in weitere Gespräche gehen wollten, wenn an den deutschen Grenzen zurückgewiesen werde. Bei dem Treffen dabei waren Vertreter der Ampelkoalition, der Länder sowie der Union.
Lars Klingbeil kritisiert Ultimaten
Dass die Union Zurückweisungen zur Bedingung für weitere Gespräche macht, war bei der SPD auf Kritik gestoßen. „Wir haben ein Sicherheitspaket in der Ampel jetzt auf den Weg gebracht, und jetzt gibt es Forderungen der Union, und wir prüfen, ob das zusammenpasst“, sagte Parteichef Lars Klingbeil im „Frühstart“ von RTL und n-tv. „Aber wir sollten diese Verhandlungen jetzt auch nicht von außen mit irgendwelchen Forderungen überlagern, mit Ultimaten überlagern.“
Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich äußerte deutliche Kritik am Vorgehen von CDU-Chef Friedrich Merz beim Thema Migration – besonders an dessen Ultimatum für Ergebnisse der weiteren Gespräche. „Ich bin etwas verwundert, dass unter Demokratinnen und Demokraten Ultimaten gestellt werden“, sagte Mützenich am Donnerstag zum Auftakt der Klausurtagung der SPD-Fraktion im brandenburgischen Groß Behnitz.
Niedersachsens SPD-Innenministerin Daniela Behrens, die an den Migrationsgesprächen in Berlin teilgenommen hatte, zeigte sich offen für Zurückweisungen – unter einer Bedingung: „Meine Meinung ist: Wenn es rechtlich möglich sein sollte – und das muss sehr gründlich geprüft werden – dann sollten wir es tun“, sagte sie dem Nachrichtenportal T-Online. „Ich denke, dahinter können sich die SPD-Länder versammeln.“
Die Grünen: Zurückweisungen an der Grenze nicht zulässig
Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Zurückweisungen von Asylsuchenden an der Grenze sind nach Europa-Recht nicht zulässig, da hier die Dublin-Verordnung anwendbar ist und im Rahmen des Asylverfahrens der zuständige Mitgliedstaat bestimmt werden muss. Das ist in der Regel nicht ganz einfach und es wäre auch praktisch unmöglich, dies an der Grenze durchzuführen.“
Der Parlamentarische Geschäftsführer von CDU/CSU, Thorsten Frei, hatte argumentiert, dass Zurückweisungen direkt an der Grenze mit geltendem Recht vereinbar seien. Nach den Dublin-Regeln ist normalerweise jenes Land für ein Asylverfahren zuständig, in dem ein Migrant in Europa angekommen ist.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums wies darauf hin, dass es bereits Zurückweisungen an deutschen Grenzen gibt. Seit Oktober letzten Jahres seien 30.000 Menschen zurückgewiesen worden. Seit Mitte Oktober 2023 gibt es Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz, bereits seit September 2015 an der deutsch-österreichischen Grenze. Zurückweisungen sind bisher möglich, falls jemand nicht Asyl beantragt oder wenn eine Einreisesperre gegen ihn oder sie vorliegt.
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