Er fliegt hunderte Kilometer weit und zerstört Bunker sowie andere gut gesicherte Anlagen wie Munitionsdepots oder Kommandoposten. Die Bundeswehr hat ab 2004 insgesamt 600 Marschflugkörper vom Typ Taurus KEPD-350 erhalten. Mehrere deutsche Verteidigungspolitikern fordern nun, auch dieses Waffensystem der Ukraine im Krieg gegen Russland zu liefern. Einem Spiegel-Bericht zufolge laufen dazu derzeit Gespräche zwischen der Bundesregierung und dem Taurus-Hersteller.
Der fünf Meter lange Marschflugkörper wird von Kampfflugzeugen aus gestartet und kann mit seinem Jetantrieb über 500 Kilometer weit fliegen. Er orientiert sich dabei anhand von Daten über die Geländebeschaffenheit und gleicht seinen Standort über Bild- und Infrarotsensoren sowie GPS-Navigationsdaten ab. Taurus kann dabei feindliches Radar mit hoher Geschwindigkeit in weniger als 50 Meter Höhe unterfliegen.
Lenkflugkörper Taurus KEPD-350: Reichweite von 500 Kilometern
Beim Aufschlag auf das Ziel sprengt eine erste Ladung eine Lücke in Wand oder Decke der Ziele. Nach Angaben der Bundeswehr können auch „stark gehärtete Zielstrukturen“ durchbrochen werden. Genannt werden in diesem Zusammenhang unter anderem Bunkeranlagen. Dort soll dann das 480 Kilogramm schwere Sprengkopfsystem Mephisto explodieren. Der Name steht als Abkürzung für Multi-Effect Penetrator High Sophisticated and Target Optimized.
Hergestellt wurde der Lenkflugkörper durch die Taurus Systems GmbH. Sie ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Deutschland-Tochter des europäischen Rüstungskonzerns MBDA und Saab Dynamics aus Schweden.
Keine Genehmigung westlicher Waffen bei ukrainischem Angriff auf Russland
Mit ihrer Reichweite von mehr als 500 Kilometern könnten die Marschflugkörper auch russisches Staatsgebiet erreichen. Die Ukraine sicherte allerdings bereits zu, westliche Waffen nicht für Angriffe auf russisches Gebiet einzusetzen.
Laut Spiegel will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Taurus-Lieferung dennoch erst genehmigen, wenn dies auch technisch nicht mehr möglich ist und der Hersteller das Waffensystem beschränken kann: Es soll ausgeschlossen werden, dass die Ukraine mit den weitreichenden Waffensystemen Angriffe auf russischem Territorium ausführen kann. Dabei gibt es mehrere denkbare Möglichkeiten: Das Waffensystem könnte so umprogrammiert werden, dass seine Reichweite eingeschränkt ist und es beispielsweise nur 300 Kilometer weit fliegen kann.
Fachpolitiker wie der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter gehen davon aus, dass eine solche Beschränkung der Reichweite technisch möglich wäre. Kiesewetter zufolge dürfte eine Umprogrammierung wenige Wochen dauern. Seiner Einschätzung nach widerspricht das jedoch der „Wirksamkeit“. „Sinn und Zweck des Marschflugkörpers ist gerade die Hochpräzision und Reichweite von 500 Kilometern“, sagte Kiesewetter der Nachrichtenagentur AFP.
Taurus: Gebietseinschränkung machbar, aber wohl wenig sinnvoll
Eine andere mögliche Einschränkung wäre eine Gebietseinschränkung – dass Taurus also die volle Reichweite ausschöpfen kann, aber nur, solange die Marschflugkörper nicht in russisches Gebiet kommen. Experten halten auch dies für machbar, zweifeln aber an der Sinnhaftigkeit. Fraglich ist bei beiden Varianten der Einschränkung auch, ob Ukrainer sie im Zweifel nicht eigenständig rückgängig machen könnten.




