Ukraine-Krieg

London und Berlin: Weißes Haus entscheidet über F-16-Lieferung an Ukraine

Ob die Ukraine F-16-Kampfjets erhält, muss Deutschland und Großbritannien zufolge die USA entscheiden. Der Kanzler sieht Deutschland in der Frage nicht unter Zugzwang.

Deutschland und Großbritannien sehen die Entscheidung über die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine bei den USA..
Deutschland und Großbritannien sehen die Entscheidung über die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine bei den USA..Nicolas Economou/Imago

Deutschland und Großbritannien sehen die Entscheidung über die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine bei den USA. „Es liegt beim Weißen Haus zu entscheiden, ob es diese Technologie freigeben will“, sagte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace bei einem Besuch in Berlin. Großbritannien habe „keine F-16“. Deshalb könne die Rolle seines Landes „nur begrenzt“ sein und sich auf Ausbildung, Koordinierung und Logistik beziehen.

Die Ukraine fordert schon lange die Lieferung westlicher Kampfjets und hat eine Präferenz für die in den USA hergestellte F-16 geäußert. Großbritannien und die Niederlande hatten sich nach Angaben eines britischen Regierungssprechers vom Dienstag am Rande des Europaratsgipfels in Island auf eine „internationale Koalition“ verständigt, um der Ukraine Kampfflugzeuge zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zu Großbritannien verfügen die Niederlande über F-16-Kampfflugzeuge.

Pistorius: Deutschland kann „keine aktive Rolle“ in Kampfjet-Allianz spielen

Deutschland könne „keine aktive Rolle“ in einer Kampfjet-Allianz spielen, betonte seinerseits Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wallace. Denn es habe „weder die Ausbildungskapazitäten (...) noch die Flugzeuge“. Auch er sagte: „Am Ende hängt es, soweit ich weiß, ohnehin am Weißen Haus.“ Dieses müsse entscheiden, ob F-16-Kampfjets an die Ukraine geliefert würden.

Deutsche Tornados oder Eurofighter seien für den Einsatz in der Ukraine jedenfalls nicht geeignet, bekräftigte Pistorius. Deutschland habe bei der Unterstützung der Ukraine andere Kernkompetenzen: „Wir sind die Experten für Panzer und Luftverteidigung“, sagte der Minister. „In diesen Bereichen sind wir führend in der Unterstützung der Ukraine. Und das bleibt auch so.“

Auch nach Ansicht von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht Deutschland bei der Frage der Lieferung von Kampfjets an die Ukraine nicht unter Zugzwang. Scholz sagte nach dem Gipfeltreffen des Europarats in Reykjavik am Mittwoch: „Im Hinblick auf uns sind keine Anforderungen da.“ Auf die Frage, ob Deutschland sich an einer geplanten internationalen „Kampfjet-Koalition“ beteiligen werde, antwortete der Kanzler: „Die Frage ist nicht so aktuell, wie sie gestellt wird.“

Ampel-Politiker halten logistische Unterstützung für sinnvoll

Politikerinnen und Politiker der Ampel-Koalition halten im Fall der Lieferung westlicher Kampfjets an die Ukraine logistische Unterstützung aus Deutschland für sinnvoll. FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, Deutschland könne militärische Flughäfen für die Ausbildung an F-16-Kampfjets zur Verfügung stellen, die durch Piloten aus anderen Ländern durchgeführt wird. Möglicherweise könne „auch die Logistik für die Wartung der Maschinen gestellt werden“, fügte Strack-Zimmermann hinzu. Sie lobte die Überlegungen mehrerer Staaten für Kampfjet-Lieferungen an Kiew: „Was die Ukraine jetzt neben ‚air defence‘ und Artillerie braucht, ist ein Kampfjet, der russische Flugzeuge bekämpfen kann, die in den ukrainischen Luftraum eindringen. Dafür ist die F-16 gemacht.“

Der Vorsitzende des Europaausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), begrüßte die Pläne ebenfalls. „Wir sollten prüfen, ob Deutschland hierzu einen logistischen Beitrag leisten kann“, sagte er den Funke-Zeitungen. Sowohl Hofreiter als auch Strack-Zimmermann betonten, dass die im Besitz der Bundeswehr befindlichen Kampfflugzeuge - Eurofighter und Tornados - nicht für eine Lieferung an die Ukraine in Frage kämen.

Michael Müller lehnt Lieferung westlicher Kampfjets an Ukraine ab

Der SPD-Außenpolitiker Michael Müller lehnte die Lieferung westlicher Kampfjets an die Ukraine grundsätzlich ab. „Ich sehe das sehr kritisch“, sagte er in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“. Die Jets seien „noch mal ganz andere Offensivwaffen“. Er glaube, „die Frage der Kampfjets sehen viele sehr kritisch, denn wir müssen auch besonnen bleiben und sehen, dass wir weitere Eskalationsspiralen vermeiden“, sagte Müller.

Zur Frage des Wiederaufbaus der Ukraine sagte Scholz, die „ganze Weltgemeinschaft“ müsse bei der Behebung der durch den Krieg verursachten Schäden helfen. Die Herausforderungen hätten „Marshallplan-Dimensionen“, sagte der Bundeskanzler mit Verweis auf das Wiederaufbauprogramm der USA für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Es werde „kreative Lösungen geben müssen, die noch nicht alle erdacht sind“.

Scholz äußerte Zweifel daran, ob die von Kiews westlichen Verbündeten eingefrorenen russischen Vermögen für die Schadensbehebung in der Ukraine verwendet werden können. Die rechtlichen Möglichkeiten ließen diesbezüglich „nicht viele Handlungswege“ offen. Gleichzeitig erklärte der Kanzler: „Russland muss die Schäden, die es angerichtet hat, bezahlen.“ Dazu diene das beim Europaratsgipfel in Reykjavik beschlossene Schadensregister zur Dokumentation russischer Verbrechen und Zerstörungen in der Ukraine.