Keine Ruhe in der Causa Rammstein. Just vor dem letzten der drei Berliner Rammstein-Konzerte im Olympiastadion am Dienstagabend sorgt eine Recherche von NDR und Süddeutscher Zeitung für Aufsehen. Die beiden Medien hatten im Rechercheverbund Anfang Juni schon Stimmen von Frauen versammelt, die Anschuldigungen gegen den Rammstein-Sänger Till Lindemann erheben.
Diese Frauen berichten im Juni unter anderem, gezielt für Sex mit Till Lindemann im Rahmen von After-Show-Partys gecastet worden zu sein. Einige der Frauen behaupten zudem, dafür unter Betäubungsmittel (K.o.-Tropfen beziehungsweise Alkohol) gesetzt worden zu seien. Till Lindemann bestreitet diese Anschuldigungen. Die von ihm beauftragte Anwaltskanzlei ließ mitteilen, die Vorwürfe seien „ausnahmslos unwahr“. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt noch. Es gilt die Unschuldsvermutung. Im litauischen Vilnius, wo die Nordirin Shelby Lynn ähnlich gelagerte Vorwürfe geäußert hatte, hat die Staatsanwaltschaft nach Prüfung der Sachlage kein Verfahren eingeleitet. Die Begründung: „keine objektiven Tatsachenbeweise“.
Bei den neusten Rechercheergebnissen, die NDR und Süddeutsche Zeitung präsentieren, steht nun nicht Lindemann, sondern der Rammstein-Keyboarder Flake im Fokus. Eine Frau, die mit den Reportern sprach, berichtet von Ereignissen, die mehr als 20 Jahre zurückliegen sollen. Ihr wirklicher Name wird nicht genannt; in der Recherche erhält sie den Decknamen Jasmin Stevens. Sie berichtet davon, dass sie nach einer Autogrammstunde zu Lindemanns „Messer“-Buch Lindemann selbst und auch Flake in einer Bar in Prenzlauer Berg getroffen habe. Damals sei sie erst 17 Jahre alt gewesen, habe aber zunächst behauptet, 22 zu sein. Lindemann, so behauptet die Frau gegenüber den Reportern, habe sie gefragt, ob sie nicht noch mit in Flakes Landhaus in Brandenburg kommen wolle. Sie habe eingewilligt, da sie „absolut verknallt“ in Lindemann gewesen sei.
Weiterhin behauptet Jasmin Stevens gegenüber den Reportern, Flake und Lindemann hätten ihr viel Bier und Schnaps gegeben. Nachdem sie selbst sich stark berauscht in ein anderes Zimmer zum Schlafen gelegen habe, habe Flake sich neben sie gelegt. Sie sei nicht in der Verfassung gewesen, den Keyboarder davon abzuhalten. Sie habe den Sex nicht gewollt, habe aber auch nicht Nein gesagt.
Jasmin Stevens habe ihre Aussage laut dem Reporterteam zur Vorlage bei Gericht an Eides statt versichert. Bei einer Falschaussage droht in einem solchen Fall eine Gefängnisstrafe. Mehrere Vertraute, auch eine Therapeutin, haben ebenfalls an Eides statt ausgesagt, dass Stevens bereits in den Tagen und Jahren nach dem mutmaßlichen Übergriff davon berichtet habe.
Flake ließ die Vorwürfe über seine Anwälte zurückweisen. Nicht unerwähnt ließ Stevens gegenüber den Reportern von SZ und NDR, dass sie auch nach der von ihr beschriebenen Nacht im Landhaus von Flake Lindemann verehrt habe und eine kurze einvernehmliche Affäre mit ihm gehabt habe.
Das Reporterteam zitiert noch eine weitere Frau, deren Anschuldigungen ebenfalls den Keyboarder Flake betreffen: Sybille Herder (auch dies ein Deckname), damals 22 Jahre alt, berichtet, wie sie 1996 mit mehreren Rammstein-Mitgliedern (Lindemann, Flake und Schlagzeuger Christoph Schneider) in einen Hotel-Pool gestiegen sei. Man habe getrunken und gefeiert, schließlich habe sie das Bewusstsein verloren. Am nächsten Morgen sei sie nackt auf dem Fußboden aufgewacht und Flake habe neben ihr gelegen. Sie habe heftige Schmerzen im Unterleib gehabt. Was genau in der Nacht passierte, wisse sie nicht. Auch Herder habe laut Reporterteam zur Vorlage bei Gericht eine Aussage an Eides statt geleistet. Flake und Schneider ließen die Vorwürfe über ihre Anwälte zurückweisen.



