Berlin-Bei den Silvester-Krawallen sind nach Angaben der Berliner Feuerwehr in mindestens 20 Fällen gezielt Barrikaden errichtet und Einsatzkräfte angegriffen worden. Das sei der bisherige Stand nach Gesprächen mit Feuerwehrleuten aus der Nacht, sagte Feuerwehrsprecher Thomas Kirstein am Freitag. Selbst erfahrene Feuerwehrleute hätten von einer Aggressivität und Gewalt berichtet, wie sie sie noch nie erlebt hätten. „Wir haben eine ganz neue Intensität der Angriffe erleben müssen“, so Kirstein. Die Einsatzkräfte seien in Hinterhalte gelockt worden. Davon seien auch Ehrenamtliche der Freiwilligen Feuerwehr betroffen gewesen.
Bei den Einsätzen der Feuerwehr seien 15 Retter verletzt worden. An dieser bereits am Neujahrstag genannten Zahl habe sich nichts geändert, erklärte Kirstein. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey sowie Innensenatorin Iris Spranger (alle SPD) besuchten am Freitag die Feuerwache Neukölln und sprachen mit betroffenen Einsatzkräften.
Faeser kündigt Konsequenzen aus Silvesternacht an
Faeser kündigte schnelle und entschiedene Reaktionen an. Für einen der wichtigsten Punkte halte sie, dass die jugendlichen Straftäter sofort eine schnelle juristische Reaktion spürten und merkten, dass der Staat handlungsfähig sei. Auch wolle sie eine Verschärfung des Waffenrechts erreichen, etwa im Umgang mit den bisher erlaubnisfreien Schreckschusswaffen. Zudem sprach sich Faeser für eine verbesserte Sozialarbeit in Kitas und Schulen aus.
Nach dem Willen der Union sollen die Angriffe auf Einsatzkräfte in mehreren deutschen Großstädten auch ein parlamentarisches Nachspiel haben. Der Bundestag müsse sich in einer der ersten Sitzungswochen im neuen Jahr damit befassen, forderte der erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei (CDU), in der Düsseldorfer Rheinischen Post.
Faeser nannte es eine „widerliche Art von Kriminalität“ Jugendlicher, wenn etwa Feuerwehrleute in einen Hinterhalt gelockt wurden. Das Phänomen mangelnden Respekts gegenüber Einsatzkräften sei nicht neu: „Wir brauchen wieder mehr Respekt für das, was geleistet wird.“ Zur Debatte über gescheiterte Integrationsbiografien sagte Faeser, es müsse schon angesprochen werden, „um wen handelt es sich da?“ Es wäre nicht richtig, den Migrationshintergrund von Tätern zu verschweigen. Falsch wäre aber auch, dies für politische Diskussionen zu missbrauchen.
Giffey: „Grenzen von Respektlosigkeit und Brutalität überschritten“
Giffey sieht die „Grenzen von Respektlosigkeit und Brutalität überschritten“. Wenn gestandene Feuerwehrleute und Polizeikräfte sagten, so etwas in dieser Form noch nicht erlebt zu haben, sei „das Ende der Geduld“ erreicht. Die Berliner Regierungschefin sprach von einem „Werteverfall“, der nicht nur in der Silvesternacht sichtbar geworden sei. Bund und Länder müssten jetzt gemeinsam über Konsequenzen beraten, es brauche ein Set an Maßnahmen bis hin zu Aufstockungen der Einsatzkräfte bei Polizei und Feuerwehr: „So ein Silvester darf es nicht noch einmal geben.“
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kündigte an, Auswertungen von Straftaten „sehr zügig“ an die Staatsanwaltschaft zu geben. Laut Landesbranddirektor Karsten Homrighausen hat sich die Zahl der erfassten Angriffe auf Feuerwehrkräfte inzwischen auf über 50 erhöht. Es gebe 15 Verletzte, eine Person sei im Krankenhaus. Homrighausen verlangte in Richtung der Politik: „So etwas darf sich nicht wiederholen.“
Jarasch: Strafen müssen sofort auf die Taten folgen
Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch betonte im Zusammenhang mit den Angriffen in der Silvesternacht, dass ihrer Ansicht nach vor allem im Jugendstrafrecht Strafen schnell auf die jeweiligen Taten folgen müssen. Für den Umgang mit Jugendgewalt seien klare Grenzen und Perspektiven wichtig. „Zu den klaren Grenzen gehört nicht die Debatte über Strafmaße, die wir jetzt schon wieder haben, sondern dass die Strafen sofort auf die Tat folgen“, sagte die Verkehrssenatorin am Freitag dem RBB-Inforadio. Dazu gehöre aber auch, dass „die Gerichte entsprechend ausgestattet sind“.
Jarasch betonte zudem, dass aus ihrer Sicht der Migrationshintergrund vieler Tatverdächtiger für die Problemlösung keinen Unterschied mache. „Die Täter haben zu zwei Drittel Migrationshintergrund, das entspricht ungefähr auch insgesamt der Jugend in Berlin“, sagte die Grünen-Politikerin. „Diese Jugendlichen, die nächste Berliner Generation, hat überwiegend Migrationshintergrund. Daran sollten sich alle mal gewöhnen.“








